Das Geisterhäuschen

Callolo und seine Herzallerliebste - Eine humorvolle Geschichte

Das Geisterhäuschen

Seit über sieben Jahren wohnen wir jetzt schon in unserem kleinen Häuschen und fühlen uns darin sehr wohl. Meine Herzallerliebste zündet jeden Morgen Räucherstäbchen an, die sie in eine am Hauseingang befestigte Vase steckt. Aber dann wurde sie krank, danach hatte sie einen Unfall, und als dann auch noch durch eine Missernte im Isaan ihr Gewinnanteil ausfiel, kam ihr plötzlich die Erleuchtung: "Callolo, wir brauchen ein Saan phra phuum."
"Ein was, bitte?"
"Ein Geisterhäuschen. Was meinst du, warum wir in letzter Zeit soviel Pech hatten?"
"Etwa wegen des nicht vorhandenen Zahnpabumm?"
"Callolo, mach jetzt bitte keine dummen Witze über eine sehr ernste Angelegenheit, sonst bist du vielleicht der Nächste, den der Groll der Geister trifft."
Das Ende einer längeren und für mich völlig unfruchtbaren Diskussion war: Wir kauften ein Geisterhäuschen. Es sah aus wie ein vergoldetes Vogelhaus, und drei Mönche, von meiner Herzallerliebsten eingeladen, kamen und bestimmten, wo es stehen musste. Sie wurden großzügig verpflegt und zogen mit einer noch großzügigeren Spende wieder ab.
"Dieses Geisterhäuschen", sagte meine Herzallerliebste, "ist nicht nur für den Erdgeist bestimmt, auf dessen Gelände wir jetzt wohnen. Auch verstorbene Familienmitglieder haben hier auf ihrer Reise ein Heim und vor allen die Oma. Du weißt ja, sie will immer für mich da sein, deshalb muss sie hier auch einen besonderen Platz haben."
Seitdem wird unser Geisterhäuschen gehegt und gepflegt, mit Obst und Getränken, mit Reis und allen möglichen Kostbarkeiten versorgt.


"Meinst du nicht, dass du damit ein wenig übertreibst?" fragte ich meine Herzallerliebste.
"Überhaupt nicht, Callolo", entgegnete sie, "diese Investitionen zahlen sich um ein Vielfaches aus."
Drei Tage später sagte sie zu mir: "Ich werde heute zehn Lose mit der Endnummer 66 kaufen."
"Warum?"
"Oma hat mir diese Zahl heute Nacht im Traum genannt."
Was soll ich noch sagen? Mein Schatz hat zehn Mal gewonnen. Ich mag dazu überhaupt nichts mehr sagen. Dieser ganze Aberglaube macht mich noch verrückt. In Deutschland habe ich auch schon im Lotto gewonnen, aber ohne Oma, ohne Träume und ohne Geisterhäuschen.


Ich glaube, die Thais spinnen. Aber das darf ich meiner Herzallerliebsten nicht sagen, sonst hängt der Haussegen wieder tagelang schief.
Stattdessen gingen wir heute Abend ganz groß aus. Als der Kellner mir die Rechnung geben wollte, sagte meine Herzallerliebste: "Irrtum, Nong, die Oma zahlt heute."
Da schaute er etwas ratlos, denn wie eine Oma sieht mein Schatz ja wirklich nicht aus.
Woher sollte er auch wissen, dass es die verstorbene Oma war, der meine Herzallerliebste ihren Gewinn verdankte.

Callolo und seine Herzallerliebste und Angekommen in der Wirklichkeit

Callolo und seine Herzallerliebste

In 130 heiteren Kurzgeschichten hat Autor Carolus in zwei Büchern sich mit unterschiedlichen Erfahrungen, die sich aus dem Zusammenleben zwischen Thais und Farangs ergeben, verfasst. Die humorvollen Geschichten behandeln das Eheleben zwischen Nai und Callolo. Im Leben der beiden wird viel Toleranz abverlangt. Dass es trotzdem immer wieder ein Happy End geben kann, beweist der Autor, im ersten Buch, in vielen unerwarteten Entwicklungen. Im zweiten Werk hat der Autor seine „rosarote Brille“ abgenommen und erzählt auf ehrliche und gewohnt charmante Weise über Probleme und Schwierigkeiten, die in seiner nicht mehr ganz taufrischen Beziehung zu Nai entstehen.

Die beiden Taschenbücher können Sie im FARANG-Onlineshop bestellen.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Volker Picard 20.09.21 18:28
Lieber Callolo,
Sie haben eine sehr gute Einstellung zu unserer neuen Heimat und ich hoffe, Sie werden immer sehr glücklich mit ihrer "Herzallerliebsten" sein. Ich finde es bewunderswert (und versuche es auch) diese Kultur zu verstehen und zu akzeptieren. Manchmal ist es nicht leicht, aber die deutsche Unkultur ist nun auch nicht gerade faszinierend. Für die Thailänder ist ihr Verhalten sehr gut nachzuvollziehen und ich bin davon überzeugt, es gibt viel mehr positive Erlebnisse, als bei Beziehungen, die nur ihre eigene Kultur erleben wollen.