Dänen wählen Parlament - Neue Konstellationen?

Dänemarks Ministerpräsidentin und Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Mette Frederiksen (L) gibt ihre Stimme in einem Wahllokal während der Parlamentswahlen in Vaerloese ab. Foto: epa/Liselotte Sabroe
Dänemarks Ministerpräsidentin und Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Mette Frederiksen (L) gibt ihre Stimme in einem Wahllokal während der Parlamentswahlen in Vaerloese ab. Foto: epa/Liselotte Sabroe

KOPENHAGEN: Bleibt Mette Frederiksen Ministerpräsidentin - und wenn ja: Wer verschafft der Sozialdemokratin im Parlament eine Mehrheit? Selten war der Ausgang einer Parlamentswahl in Dänemark so ungewiss.

Die Zeit der klar voneinander getrennten politischen Lager könnte in Dänemark bald ein Ende haben. Bei der Parlamentswahl am Dienstag wurde für möglich gehalten, dass sich eine für das skandinavische Land ungewöhnliche Regierungszusammenarbeit über die Parteiblöcke hinweg anbahnen könnte. Von mehr als vier Millionen Wahlberechtigten galten ungewöhnlich viele bis zuletzt als noch nicht entschieden. Noch am Abend wurde mit ersten Prognosen gerechnet, mit einem vorläufigen Endergebnis dann in der Nacht.

Die Lager im nördlichsten deutschen Nachbarland waren bislang im Wesentlichen in zwei Blöcke unterteilt: ein rotes Mitte-Links-Bündnis unter Führung der Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sowie ein blaues Mitte-Rechts-Bündnis, das von der liberal-konservativen Partei Venstre geführt wird. Der frühere Venstre-Chef Lars Løkke Rasmussen - Ministerpräsident von 2009 bis 2011 sowie 2015 bis 2019 - hat jedoch eine neue Partei in der politischen Mitte gegründet: die Moderaten. Dies dürfte die Politik nun kräftig aufwirbeln.

Umfragen sagten den Moderaten ein starkes Debüt mit mehr als acht und teils sogar über elf Prozent der Stimmen voraus. Dann kämen weder der favorisierte rote noch der blaue Block ohne Løkke auf eine Mehrheit. Er selbst blieb am Dienstag vorsichtig: «Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, dass nicht sicher ist, dass die Meinungsumfragen stimmen. Ich glaube, es wird eng.»

Auch Frederiksen rechnete mit einem knappen Rennen. Sie bekräftigte, angesichts der aktuellen Krisen eine breite Zusammenarbeit in der politischen Mitte anzustreben. In einer letzten TV-Debatte am Montagabend hatte sie beteuert, dass dies gelte, falls ihr rotes Lager erneut auf eine Mehrheit kommt.

Løkke warnte jedoch, dass Frederiksen diesen Plan fallen lassen könnte. Er hatte die Idee einer blockübergreifenden Kooperation schon vor der Wahl 2019 ins Spiel gebracht, war dann aber an Frederiksen gescheitert. Deren Sozialdemokraten wurden nicht nur stärkste Kraft, sondern bildeten auch eine Minderheitsregierung, die meist auf die Unterstützung der linksgerichteten Parteien setzte, etwa in der strikten Einwanderungspolitik, aber auch auf Stimmen von rechts.

Für eine Mehrheit im Parlament von Kopenhagen sind 90 von 179 Sitzen notwendig. Jeweils zwei Sitze sind für Repräsentanten der Färöer-Inseln und Grönlands bestimmt, die zwar weitgehend autonom sind, offiziell aber zum Königreich Dänemark gehören. Drei dieser nordatlantischen Mandate dürften an Rot gehen, das vierte an Blau.

Die führenden Politiker des Mitte-Rechts-Bündnisses haben der Idee einer Zusammenarbeit in der politischen Mitte eine Absage erteilt. Venstre-Spitzenkandidat Jakob Ellemann-Jensen hofft auf eine Mehrheit seines aus sechs liberalen, konservativen und rechtspopulistischen Parteien bestehenden Blocks. Gerne sähe er auch Løkke - seinen Vorgänger als Venstre-Chef - in diesem Bündnis.

Der Wahlkampf war von Inlandsthemen, dem Kampf gegen die Inflation und die hohen Energiepreise geprägt. Sowohl Frederiksen als auch Ellemann-Jensen buhlten um Løkkes Gunst. Während die Regierungschefin dem 58-Jährigen eine Strukturreform im Gesundheitswesen in Aussicht stellte, bat ihn Ellemann-Jensen, «nach Hause» in den blauen Block zu kommen. Letztlich könnte Løkke die Schlüsselrolle des «kongemager» zufallen - des Königsmachers.

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