Dänemark bekämpft Corona-Varianten

Briten erlassen Einreiseverbot

Dänemarks Verfahren zur Nerzkeulung. Foto: epa/Mads Claus Rasmussen
Dänemarks Verfahren zur Nerzkeulung. Foto: epa/Mads Claus Rasmussen

KOPENHAGEN/LONDON/GENF: Dänemark ist Weltmarktführer bei der Zucht von Nerzen. Nun werden alle Tiere getötet - um einer Ausbreitung potenziell gefährlicher Corona-Varianten vorzubeugen. Auch Großbritannien reagiert.

In Dänemark sind nach dem Auftreten von Nerz-Corona-Varianten bereits 1,9 Millionen der etwa 15 Millionen Nerze in Zuchtanlagen getötet worden. Das teilte Dänemarks Polizei am Sonntag mit. Um die Ausbreitung der mutierten Erreger in der Bevölkerung einzudämmen, schlossen von Samstag an zudem in sieben norddänischen Kommunen mit insgesamt 280.000 Einwohnern alle Lokale.

Großbritannien reagierte auf den Nachweis mutierter, von Nerzen auf den Menschen übertragener Covid-19-Erreger mit Einreiseverboten. Sie gelten für alle Dänen, die keinen ständigen Wohnsitz im Vereinigten Königreich haben. Auch Einreisen von Ausländern über Dänemark sind seit Samstag untersagt, wie Verkehrsminister Grant Shapps mitteilte. «Es wird keine Ausnahme von dieser Quarantäne-Politik geben», betonte seine Sprecherin. Wer britischer Staatsbürger ist und aus Dänemark kommt, darf zwar ins Land, muss aber für zwei Wochen in Selbstisolation. Das gilt auch für Menschen mit ständigem Wohnsitz in Großbritannien.

Rund 200 der 214 bekanntgewordenen Infektionen mit Nerz-Virus-Varianten waren in der Region Nordjütland erfasst worden, wo es besonders viele Nerzfarmen gibt. Dänemark ist bei der Zucht Weltmarktführer. Von Montag an wird in sieben Kommunen dort vorsorglich der öffentliche Nahverkehr eingestellt, ältere Schüler sowie Studenten sollen Fernunterricht erhalten. Zudem schließen Sporthallen, Schwimmbäder und Fitnessstudios.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte mit, dass bisher aus sechs Ländern mit Sars-CoV-2 infizierte Nerze gemeldet wurden. Betroffen seien neben Dänemark auch die Niederlande, Italien, Spanien, Schweden und die USA. Für Deutschland hat das Geschehen zunächst keine Relevanz: Hierzulande gebe es keine Nerzfarmen, deren Haltung als Pelztiere sei verboten, hatte das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems bei Greifswald erklärt. «Besondere Schutzmaßnahmen sind daher momentan nicht angezeigt.»

In Dänemark wurden bei Nerzen aufgetretene Varianten des Coronavirus seit Juni bei mindestens 214 Menschen nachgewiesen. Der von den Dänen als besorgniserregend eingestufte Cluster-5-Virustyp wurde bisher bei zwölf Personen gefunden. Ob und wie viele weitere Menschen betroffen sind, sei derzeit noch unklar, sagte Tyra Grove Krause vom dänischen Gesundheitsinstitut SSI am Samstag. Der jüngste bekannte Nachweis stammt demnach aus dem September. Aber selbst wenn diese Variante nicht mehr kursiere, bestehe bei der Haltung von Nerzen weiter die Gefahr, dass potenziell gefährlichere Mutationen entstehen. «Daher habe ich keinen Zweifel daran, dass es die richtige Entscheidung war, die gesamte Nerzpopulation in Dänemark zu keulen.»

In einer ersten Stellungnahme sah die WHO keine Hinweise auf erhöhte Risiken bei der Cluster-5-Variante des Virus. Vorläufige Ergebnisse weisen demnach darauf hin, dass zur Abwehr gebildete Antikörper bei ihr etwas weniger gut wirken könnten. Befürchtet wird laut Angaben aus Dänemark auch, dass die derzeit entwickelten Impfstoffe vor dieser Variante schlechter schützen könnten.

Das Coronavirus wird hauptsächlich über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Aber auch Tiere zumindest einiger Arten können sich beim Kontakt mit infizierten Personen anstecken. Nachgewiesen ist das bisher für Nerze und Frettchen sowie nach WHO-Angaben auch für Hunde, Hauskatzen, Löwen und Tiger. Übertragungen zurück auf den Menschen werden zumindest für Hauskatze und Haushund derzeit weitgehend ausgeschlossen. Solche Wirtswechsel bergen die Gefahr, dass potenziell gefährlichere Varianten entstehen.

Für die Cluster-5-Variante in Dänemark lässt sich zum Risiko bisher keine gesicherte Aussage treffen. «Es ist zu früh dafür, voreilige Schlüsse zu ziehen, welche Folgen diese neue Mutation für die Übertragung, Schwere der Erkrankung, klinische Symptome, Immunantwort oder mögliche Impfstoff-Wirkung hat», hatte WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan erklärt. Es habe bereits zahlreiche Mutationen von Sars-CoV-2 gegeben. WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan sagte: «Die Belege, die wir haben, weisen nicht darauf hin, dass diese Variante sich in irgendeiner Form anders verhält.»

Dänemarks Außenminister Jeppe Kofod hatte am Freitag erklärt, dass man im Kampf gegen Corona lieber einen Schritt zu weit gehe als einen zu kurz. Das Ziel der Tötungsaktion bei den Nerzen in Dänemark sei, «eine nicht unerhebliche Virusquelle zu eliminieren und die Verbreitung aus den Haltungen heraus zu verhindern, insbesondere Übertragungen auf Menschen», hieß es vom Friedrich-Loeffler-Institut.

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