Zahl der Infizierten in China steigt sprunghaft

Mobilfunk-Messe MWC in Barcelona abgesagt - Formel-1-Rennen in China verschoben - RKI hält Pandemie für möglich

Foto: epa/Wang Yanbing
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PEKING (dpa) - Zuletzt war die Zahl neuer Erkrankungen etwas zurückgegangen. Doch plötzlich gibt es in der Statistik einen kräftigen Anstieg. Wie zuverlässig sind die offiziellen Angaben?

Die Zahl neu nachgewiesener Todesopfer durch das Coronavirus hat sich in China in der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei im Vergleich zum Vortag mehr als verdoppelt. Die Zahl der neu nachgewiesenen Infektionen verzehnfachte sich dort sogar fast. Wie das chinesische Staatsfernsehen am Donnerstag berichtete, wurden in Hubei 242 neue Todesopfer registriert, womit die Gesamtzahl der Toten in der Provinz seit Ausbruch der Krankheit bei 1310 liegt.

Die Zahl der nachgewiesenen Infektion stieg um 14 840 auf nun 48 208 bekannte Fälle. Am Vortag waren in Hubei noch 97 Todesopfer und 1638 neue Infektionen gemeldet worden. Landesweit lagen am Donnerstag zunächst keine neuen Angaben über die Verbreitung des Virus vor. Allein durch die neuen Infektionen in Hubei, wo die Lungenkrankheit in der Stadt Wuhan ursprünglich ausgebrochen war, ist die Gesamtzahl der Infektionen auf dem chinesischen Festland aber auf über 59 000 gestiegen.

Wie die Gesundheitskommission der Provinz Hubei mitteilte, seien die Diagnoseergebnisse nach einer Untersuchung «überarbeitet» worden. Patienten seien gemäß der neuen Klassifikation hinzugefügt worden. Demnach würden seit Donnerstag auch Fälle «klinischer Diagnosen» in die Zahl der bestätigten Diagnosen aufgenommen. Was das genau bedeutet und wie damit der sprunghafte Anstieg in der Statistik zu erklären ist, war zunächst unklar.

Generell vermuten Experten eine sehr hohe Dunkelziffer. So sind die Möglichkeiten begrenzt, auf das neue Virus zu testen. Ferner erscheint das sich wandelnde Berichterstattungssystem Chinas mit unterschiedlichen Definitionen der einzelnen Fälle besonders für lokale Stellen kompliziert. Die täglich berichteten Zahlen repräsentieren laut Experten somit eher die Fähigkeiten, Fälle zu identifizieren und zu melden, als das wirkliche Ausmaß der Epidemie.

Weltweit sind außerhalb des chinesischen Festlands mittlerweile mehr als 500 Infektionen bestätigt, davon 16 in Deutschland. Vierzehn Fälle stehen in Zusammenhang mit dem bayerischen Autozulieferer Webasto. Eine chinesische Mitarbeiterin hatte den Erreger bei einer Dienstreise eingeschleppt. Die beiden jüngsten Fälle in Bayern waren am Dienstagabend bekannt geworden.

Es handelt sich um einen 49-jährigen Webasto-Mitarbeiter und ein Familienmitglied eines anderen Mitarbeiters. Webasto öffnete nach zweiwöchiger Schließung am Mittwoch wieder seine Firmenzentrale. Zudem war das Virus bei zwei Passagieren eines Rückholfluges der Bundeswehr von Wuhan nach Frankfurt/Main festgestellt worden.

RKI hält Pandemie für möglich

Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) könnte der Erreger, der auch Sars-CoV-2 genannt wird, international in größerem Ausmaß um sich greifen. «Die globale Entwicklung legt nahe, dass es zu einer weltweiten Ausbreitung des Virus im Sinne einer Pandemie kommen kann», heißt es in einem RKI-Bericht. Davon seien Länder mit geringen Ressourcen im Gesundheitssystem besonders stark betroffen. «Aber auch in Ländern wie Deutschland könnte dies zu einer hohen Belastung der medizinischen Versorgung führen», hieß es.

Die Experten schreiben auch, dass ein Aufeinandertreffen mit einem Infizierten für Menschen in Deutschland derzeit sehr unwahrscheinlich sei. Die Einschätzung könne sich aber jederzeit ändern.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will die Suche nach einem Impfstoff und wirksamen Medikamenten beschleunigen. Darauf hätten sich die 400 Fachleute geeinigt, die seit Dienstag in Genf tagten, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwochabend in Genf. Es gebe vier mögliche Kandidaten für einen Impfstoff, von denen sich hoffentlich zwei als vielversprechend herausstellen, sagte die Chefwissenschaftlerin der WHO, Soumya Swaminathan. Schon in drei bis vier Monaten könnten erste Impfstoff-Tests an Menschen beginnen. Ein zertifizierter Impfstoff für weitreichenden Einsatz stehe aber wahrscheinlich erst in 18 Monaten zur Verfügung.

An der Lungenkrankheit mit dem neuen Namen Covid-19 waren in China innerhalb eines Tages 97 weitere Menschen gestorben, wie die Nationale Gesundheitskommission am Mittwoch mitteilte. Die Zahl der Ansteckungen stieg um 2015 Fälle. Auf dem chinesischen Festland sind jetzt insgesamt 1113 Tote zu beklagen. Bei mehr als 44 000 Menschen ist eine Infektion nachgewiesen.

Die Zahlen aus China sind allerdings wenig aussagekräftig. Generell wird von Experten eine sehr hohe Dunkelziffer vermutet. So sind die Möglichkeiten begrenzt, auf das neue Virus zu testen. Ferner erscheint das sich wandelnde Berichterstattungssystem Chinas mit unterschiedlichen Definitionen der einzelnen Fälle besonders für lokale Stellen kompliziert. Die täglich berichteten Zahlen repräsentieren laut Experten somit eher die Fähigkeiten, Fälle zu identifizieren und zu melden, als das wirkliche Ausmaß der Epidemie.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht «positive Veränderungen». «Die Ergebnisse sind von allen Seiten schwer erkämpfte Fortschritte», sagte der Präsident am Mittwoch nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Weltweit sind außerhalb des chinesischen Festlands mittlerweile mehr als 500 Infektionen bestätigt, davon 16 in Deutschland. Vierzehn Fälle stehen in Zusammenhang mit dem bayerischen Autozulieferer Webasto. Eine chinesische Mitarbeiterin hatte den Erreger bei einer Dienstreise eingeschleppt. Die beiden jüngsten Fälle in Bayern waren am Dienstagabend bekannt geworden. Es handelt sich um einen 49-jährigen Webasto-Mitarbeiter und ein Familienmitglied eines anderen Mitarbeiters. Webasto öffnete nach zweiwöchiger Schließung am Mittwoch wieder seine Firmenzentrale. Zudem war das Virus bei zwei Passagieren eines Rückholfluges der Bundeswehr von Wuhan nach Frankfurt/Main festgestellt worden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte eine stärkere finanzielle Beteiligung der Europäischen Union. Er wünsche sich eine Einigung auf Mittel aus dem EU-Haushalt zur Forschung im Kampf gegen das Virus.

Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes melden sich vermehrt Menschen asiatischer Herkunft, die von Ausgrenzungen wegen des neuen Coronavirus berichten. «Wir erleben gerade, dass Menschen pauschal wegen ihres Aussehens oder ihrer Herkunft ausgegrenzt und benachteiligt werden», hieß es. Insgesamt hätten sich in den vergangenen Tagen 19 Betroffene an die Behörde gewandt.

Formel-1-Rennen in China verschoben

Der Formel 1 Grand Prix in Shanghai soll nun zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr nachgeholt werden, «wenn die Situation sich verbessert», hieß es in einer FIA-Mitteilung. Die Chancen auf einen Nachholtermin erscheinen indes gering, da der Kalender mit 21 weiteren Rennen bis Ende November bereits sehr üppig gefüllt ist und kaum weiteren Raum bietet. Eine Rennabsage gab es zuletzt 2011.

Am 5. April soll erstmals in Vietnam auf einem Stadtkurs in Hanoi gefahren werden. Doch auch an der Premiere dieses Rennens gibt es inzwischen Zweifel wegen des Coronavirus. Hanoi liegt nur rund 150 Kilometer entfernt von der Grenze zu China.

Mobilfunk-Messe MWC abgesagt

Immer mehr große Unternehmen sagten wegen der Coronavirus-Gefahr ihre Teilnahme an der Mobilfunk-Messe MWC (Mobile World Congress) in Barcelona ab. Allein am Mittwoch teilten die Deutsche Telekom, der Netzausrüster Nokia und der Smartphone-Hersteller HMD Global mit, dass sie der Veranstaltung fernbleiben werden. Die Veranstalter sagten die Messe, die Ende Februar hätte stattfinden sollen, am Mittwochabend schließlich ab.

Unter Quarantäne stehende Kreuzfahrtschiffe

An Bord des unter Quarantäne stehenden Kreuzfahrtschiffes «Diamond Princess» im japanischen Yokohama ist bei weiteren 39 Menschen eine Ansteckung festgestellt worden, wie das japanische Gesundheitsministerium bekanntgab. Vier Personen zeigten ernste Symptome. Damit erhöht sich die Zahl der Infizierten auf 174. Die übrigen der rund 3600 Passagiere und Crew-Mitglieder sollen mindestens noch bis zum 19. Februar auf dem Schiff bleiben. Von den zehn deutschen Staatsangehörigen an Bord ist nach Angaben der deutschen Botschaft bisher keiner infiziert.

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