BANGKOK: Weltweit stellt SARS-CoV-2 die Reisebranche auf den Kopf. Besonders hart trifft das ungebändigte Coronavirus die Fluggesellschaften, die unter gestrichenen Verbindungen sowie weniger Passagieren und Fracht leiden. Thai Airways International (THAI) trifft es ins Mark. Bereits vor dem Ausbruch der Pandemie schrieb die thailändische Staatsairline rote Zahlen. Mit einer deutlichen Verkleinerung ihrer Flotte will THAI ihre Immunkräfte gegen den Virus stärken und sich gesundschrumpfen.
Die Symptome ähneln denen anderer viruserkrankter Airlines: Durch die Intensivierung der Schutzmaßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 in zahlreichen Ländern Asiens und Europas sah sich THAI dazu gezwungen, neben ihren Europaverbindungen (London, Frankfurt, München, Zürich, Paris, Brüssel, Kopenhagen, Oslo, Moskau und Stockholm) auch alle Regionalverbindungen (Hongkong, Taipeh, Tokio, Osaka, Nagoya, Seoul, Phnom Penh, Vientiane, Ho Chi Minh, Hanoi, Yangon, Singapur, Jakarta, Denpasar, Kunming, Xiamen, Chengdu, Peking, Shanghai, Guangzhou, Karatschi, Kathmandu, Lahore, Dhaka, Islamabad und Colombo) bis zum 31. Mai 2020 auszusetzen. Bis auf Weiteres gestrichen wurden auch alle Australienflüge der Airline (Brisbane, Sydney, Melbourne und Perth). Mit drastischen Folgen: Von 82 THAI-Maschinen bleiben 69 am Boden.
Rekordverlust bereits vor Coronakrise
Bereits im Oktober letzten Jahres lief es bei Thailands staatlicher Fluggesellschaft nicht gut: Für das erste Halbjahr 2019 flog sie einen Verlust von mehr als 6 Milliarden Baht ein, der sich bis zum Jahresende auf 12,2 Milliarden Baht verdoppelte. Die Airline führte den Rekordverlust auf mehrere Negativfaktoren zurück, darunter die Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums, der Handelskrieg zwischen den USA und China, Naturkatastrophen, die Aufwertung des Baht sowie der harte Preiskampf zwischen den Fluggesellschaften. Auch die Bereitstellung von 2,689 Milliarden Baht als Reservefonds für Mitarbeiter, die in den Vorruhestand gingen, wirkten sich negativ auf das Geschäftsergebnis aus. Der THAI-Aufsichtsrat legte daraufhin die Anschaffungspläne von 38 neuen Mittel- und Langstreckenfliegern auf Eis.
Maschinen verkaufen und zurückleasen
Mit Spannung werden im Hinblick auf die desaströse finanzielle Lage der Airline die zwei vom Vorstand angekündigten Ausrichtungspläne erwartet. Beim ersten handelt es sich um einen Notfallplan. Er setzt den Fokus auf den Umgang mit der Krise und eine dauerhafte Verkleinerung der THAI-Flotte. Als Alternative werden sogenannte „Sale-and-Lease-Back“-Transaktionen in Betracht gezogen, im Rahmen derer Flugzeuge an Leasinganbieter verkauft werden, welche die Flieger danach an dieselbe Fluggesellschaft vermieten. Für THAI hätte diese Option den Vorteil, dass die Airline ihre Maschinen lückenlos im Dienst behalten und gleichzeitig an dringend benötigte finanzielle Mittel kommen könnte.
Der zweite Plan beinhaltet die zukünftige strategische Ausrichtung der THAI. Um die hohen Kosten der Staatsairline zu senken ist eine Reduzierung der verschiedenen Flugzeugtypen im Gespräch, zudem sollen alte Maschinen um neue, sparsamere ersetzt werden. Genaue Angaben zur Vereinfachung der Flotte wurden bisher keine bekanntgegeben.
Allzulange Zeit darf sich die THAI-Führung bei ihrer Entscheidungsfindung jedoch nicht lassen. Da vermutet wird, dass die COVID-19-Krise bis Oktober dieses Jahres nachlassen wird, müssen dem Kunden spätestens dann neue Produkte und Dienstleistungen angeboten werden.
Zwischenzeitlich meldete sich auch Thailands stellvertretender Premierminister Thaworn Senniam zu Wort. Er versprach, dass die Regierung einen Zusammenbruch von Thai Airways nicht zulassen werde und bereits ihre Unterstützung zugesichert hätte. Der Vizepremier reagierte damit auf Gerüchte über bevorstehende Massenentlassungen, die in der Coronavirus-Krise entflammten. Die staatliche Fluggesellschaft beschäftigt derzeit 20.000 Mitarbeiter. Um direkte Hilfe vom Staat zu erhalten, muss die THAI-Führung dem Finanzministerium jedoch erst einen Sanierungsplan vorlegen. Die Zeit läuft.