Corona-Überblick: Meldungen am Donnerstag

Foto: Freepik
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Polnischer Sejm billigt Abschaffung der Disziplinarkammer

WARSCHAU: Der polnische Sejm hat ein Gesetz zur Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer für Richter gebilligt. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Freigabe von milliardenschweren Corona-Hilfen durch die EU-Kommission getan. In zweiter Lesung stimmten am Donnerstag nach Angaben der Agentur PAP 231 Abgeordnete für den Entwurf, dagegen waren 208. Es gab 13 Enthaltungen. Das Gesetz geht nach der Verabschiedung im Sejm nun an die zweite Parlamentskammer, den Senat.

Präsident Andrzej Duda hatte den Entwurf im Februar vorgelegt. Die Gesetzesnovelle sieht vor, die Disziplinarkammer am Obersten Gerichtshof abzuschaffen. Die dort gegenwärtig tätigen Höchstrichter können in eine andere Kammer wechseln oder in den Ruhestand gehen.

Anstelle der umstrittenen Disziplinarkammer soll eine neue «Kammer für berufliche Verantwortung» eingerichtet werden. Für deren Besetzung sollen unter allen Richtern des Obersten Gerichts mit Ausnahme des Gerichtspräsidenten 33 Personen ausgelost werden. Der Staatspräsident wird aus ihnen jeweils elf Richter für eine Amtszeit von fünf Jahren auswählen.

Der Entwurf sieht auch die Einführung einer Prüfung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Richter vor. Die EU hat Corona-Hilfen für Polen blockiert und will sie nur freigeben, wenn wichtige Teile der Justizreform der nationalkonservativen PiS-Regierung rückgängig gemacht werden. Dazu gehört auch die Abschaffung der Disziplinarkammer.


Blinken: China ist langfristig größte internationale Herausforderung

WASHINGTON: Trotz der akuten Krise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sieht die US-Regierung China auf lange Sicht als größte Herausforderung für die internationale Ordnung. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Donnerstag bei einer Rede in Washington: «Auch wenn der Krieg von Präsident (Wladimir) Putin weitergeht, werden wir uns weiterhin auf die größte langfristige Herausforderung für die internationale Ordnung konzentrieren - und die geht von der Volksrepublik China aus». China sei das einzige Land, «das sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, und zunehmend auch die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht, um dies zu tun».

Blinken äußerte sich in einer Grundsatzrede zur China-Politik der US-Regierung. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hat von Anfang an einen harten Ton gegenüber Peking angeschlagen und China eine herausgehobene Stellung in ihrer Außenpolitik eingeräumt - als größter Konkurrent der Vereinigten Staaten. Die USA und China sind die beiden größten Volkswirtschaften der Welt.

Der US-Chefdiplomat betonte am Donnerstag erneut, China spiele eine wesentliche Rolle in der Weltwirtschaft und bei der Lösung globaler Herausforderungen wie der Klimakrise oder der Corona-Pandemie. Die USA und müssten miteinander auskommen. «Deshalb ist dies eine der komplexesten und folgenreichsten Beziehungen, die wir heute in der Welt haben.»

Blinken beteuerte: «Wir sind nicht auf einen Konflikt oder einen neuen Kalten Krieg aus. Im Gegenteil, wir sind entschlossen, beides zu vermeiden.» Die USA wollten mit China kooperieren, wo immer dies möglich sei - und streiten, wo immer dies nötig sei. Er betonte: «Wir haben tiefgreifende Differenzen mit der Kommunistischen Partei Chinas und mit der chinesischen Regierung. Aber diese Unterschiede bestehen zwischen Regierungen und Systemen, nicht zwischen unseren Völkern.»


Anstieg der Corona-Zahlen in Südafrika - Insgesamt Rückgang

ADDIS ABEBA: Überproportionaler Anstieg bei der Zahl der Corona-Infektionen in Südafrika, aber ein Rückgang bei der Zahl der Neuinfektionen auf dem Kontinent - das ist die Bilanz der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC zur aktuellen Corona-Lage in Afrika. Seit Beginn der Pandemie wurden auf dem Kontinent nachweislich knapp 11,6 Millionen Fälle nachgewiesen. Innerhalb einer Woche seien fast 47.000 neue Infektionen gemeldet worden, sagte Ahmded Ogwell, Direktor der CDC, am Donnerstag in Addis Abeba. Das sei ein Rückgang um 21 Prozent im Vergleich zur Vorwoche.

Ein deutlicher Anstieg sei dagegen in Südafrika festgestellt worden, wo 38.000 Neuinfektionen gemeldet wurden. Auch in den Nachbarstaaten Namibia und Simbabwe sowie in Marokko und Tunesien sei ein Anstieg der Infektionszahlen verzeichnet worden. Die Zahl der Tests habe mit 1,9 Millionen in der vergangenen Woche ebenfalls deutlich höher gelegen. Positive Testergebnisse habe es in der vergangenen Woche überdurchschnittlich oft zudem in Namibia und Eswatini gegeben, hieß es. In Afrika leben rund 1,4 Milliarden Menschen. Viele Infektionen dürften unerkannt bleiben: Seit Pandemiebeginn wurden der CDC zufolge 108 Millionen Tests in den Ländern Afrikas vorgenommen.

Rückläufig ist laut der Gesundheitsbehörde die Zahl der Menschen, die mit oder an dem Virus gestorben sind - seit Pandemiebeginn rund 253.000. In der vergangenen Woche seien 288 Menschen gestorben - ein Rückgang um zehn Prozent im Vergleich zur Vorwoche, sagte Ogwell.


Johnson verliert Unterstützung weiterer Abgeordneter

LONDON: Nach der Veröffentlichung des Berichts über verbotene Lockdown-Partys während der Corona-Pandemie haben weitere konservative Abgeordnete dem britischen Premierminister Boris Johnson das Vertrauen entzogen. Johnsons Behauptung, er habe von den Feiern im Regierungssitz Downing Street nichts mitbekommen, sei «einfach nicht glaubhaft», erklärte der Abgeordnete John Baron. Auch der Abgeordnete David Simmonds forderte den konservativen Regierungschef zum Rücktritt auf. Zuvor hatte bereits der Abgeordnete Julian Sturdy Johnson seine Unterstützung entzogen.

Die Zahl der parteiinternen Gegner stieg damit auf 18. Noch scheint Johnson verhältnismäßig sicher: Um eine Misstrauensabstimmung in der Fraktion seiner eigenen Tory-Partei auszulösen, müssen ihm 54 konservative Abgeordnete das Vertrauen entziehen. Johnson hatte sich nach der Veröffentlichung des vollständigen Berichts am Mittwoch entschuldigt. Einen Rücktritt schloss er aus.

Johnson war von der Polizei zuvor schon wegen der Teilnahme an einer Feier zu seinem Geburtstag mit einer Strafe belegt worden. Er muss sich jedoch noch einer parlamentarischen Untersuchung zu der Frage stellen, ob er das Parlament belogen hat. Er hatte lange abgestritten, dass es illegale Feiern gab. Insgesamt wurden in der «Partygate»-Affäre wegen verschiedener Treffen 127 Strafbefehle verteilt. In dem Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray werden der Regierung deshalb schwere Vorwürfe gemacht. Die Treffen hätten «nicht zugelassen werden dürfen», heißt es dort.


Ukraine-Krieg und Corona in China bremsen Nvidia

SANTA CLARA: Das Geschäft des Chip-Spezialisten Nvidia wird von den Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und der Corona-Lockdowns in China gebremst. Im laufenden Quartal werden diese beiden Faktoren den Umsatz voraussichtlich um 500 Millionen Dollar drücken, wie Nvidia nach US-Börsenschluss am Mittwoch mitteilte. Die Umsatzprognose von rund 8,1 Milliarden Dollar (7,6 Mrd Euro) lag unter den Erwartungen der Analysten. Die Aktie gab im nachbörslichen Handel zeitweise um rund sieben Prozent nach.

Im Anfang Mai abgeschlossenen ersten Geschäftsquartal steigerte Nvidia den Umsatz im Jahresvergleich um 46 Prozent auf 8,3 Milliarden Dollar. Unterm Strich blieb ein Gewinn von 1,62 Milliarden Dollar - 15 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Im Geschäft mit Chips für Rechenzentren sprang der Umsatz im Jahresvergleich um 83 Prozent auf den Bestwert von 3,75 Milliarden Dollar hoch. Im Gaming-Bereich gab es ein Plus von 31 Prozent auf 3,62 Milliarden Dollar. Nvidia war ursprünglich vor allem mit Grafikkarten groß geworden. Da sich jedoch herausstellte, dass die Chip-Technologie auch bei Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz sehr effizient ist, taten sich für Nvidia große neue Geschäftsmöglichkeiten auf.


Behörde rät zu fünfter Corona-Impfung für Risikogruppe

PARIS: Die oberste französische Gesundheitsbehörde hat eine weitere Auffrischimpfung gegen das Coronavirus für Risikopatienten und Menschen über 65 Jahren im Herbst empfohlen. Eine entsprechende Impfkampagne solle vorbereitet werden, schrieb die Behörde am Mittwoch. Bei Risikopatienten solle auch das Umfeld eine Auffrischimpfung erhalten. Wer aus dieser Gruppe bisher alle Impfungen erhielt, könnte damit im Herbst bereits die fünfte Impfdosis gegen das Coronavirus bekommen.

Trotz der derzeit stabilen Corona-Lage geht die Behörde davon aus, dass das Virus periodisch wieder stärker im Umlauf sein wird. Am wahrscheinlichsten sei ein Szenario, in dem das Virus aktiv bleibe, aber wegen ausreichender Immunisierung weniger Einfluss habe. Man müsse aber auch für ein schlechteres Szenario gewappnet sein und dann eine groß angelegte Impfkampagne anbieten können.

Die Gesundheitsbehörde kann keine politischen Entscheidungen treffen. In der Regel folgt die Regierung aber ihren Empfehlungen.


Britische Opposition: Johnson vermeidet Verantwortung für «Partygate»

LONDON: In der «Partygate»-Affäre hat die Opposition dem britischen Premierminister Boris Johnson vorgeworfen, die Schuld für Regelbrüche in der Downing Street auf andere abzuschieben. «Seine volle Verantwortung besteht darin, dass er die Verantwortung an rangniedrigere Mitarbeiter abgetreten hat, die mit einer Geldstrafe belegt wurden und die für das, was unter seiner Regierung, unter seiner Führung vor sich ging, die Schuld auf sich genommen haben», sagte die Labour-Politikerin Lisa Nandy am Donnerstag der BBC. «Es tut ihm nicht leid, dass er es getan hat, es tut ihm leid, dass er erwischt wurde.»

Johnson hatte am Vortag angekündigt, er übernehme die volle Verantwortung für die Lockdown-Feiern im Regierungssitz. Zugleich distanzierte er sich von den Vorfällen. Die «Arbeitstreffen», als die er die Veranstaltungen eingeschätzt habe, seien erst aus dem Ruder gelaufen, nachdem er gegangen sei. Ein Untersuchungsbericht hatte festgestellt, dass bei den Partys massenweise Alkohol konsumiert wurde. Hohe Beamte hatten die Treffen geplant und vertuscht. Die Autorin des Berichts, die Spitzenbeamtin Sue Gray, wirft der Regierungsspitze schweres Fehlverhalten und Führungsversagen vor.

Landesweit fühlten sich Menschen, die sich stets an die Corona-Regeln hielten und sich nicht von sterbenden Verwandten verabschieden konnten, «zutiefst gedemütigt» durch Johnson, sagte Nandy. Das Vertrauen sei geschwunden. «Vertrauen ist der Kitt, der das politische System zusammenhält, und wenn dieses Vertrauen weg ist, bricht das ganze System zusammen», sagte die Politikerin. Deshalb seien die Folgen für die meisten Menschen im Land so verheerend.

Regierungsmitglieder verteidigten Johnson. Er habe sich entschuldigt, damit sei die Sache erledigt, betonten mehrere führende Politiker von Johnsons Konservativer Partei. Nun müsse man nach vorne blicken.

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