Corona-Rekordanstieg in Tschechien - Maskenpflicht in Innenräumen

Tägliches Leben inmitten des Coronavirus in Prag. Foto: epa/Martin Divisek
Tägliches Leben inmitten des Coronavirus in Prag. Foto: epa/Martin Divisek

PRAG: Eigentlich waren in Tschechien keine landesweiten Restriktionen mehr vorgesehen. Doch nun nötigt ein deutlicher Anstieg bei den Corona-Neuinfektionen die Regierung von Ministerpräsident Babis zum Handeln.

In Tschechien breitet sich das Coronavirus weiter rasant aus. Die Bundesregierung sprach am Mittwochabend eine Reisewarnung für die am stärksten betroffene Hauptstadt Prag aus und erklärte sie zum Risikogebiet. Reiserückkehrer aus Risikogebieten müssen sich in Quarantäne begeben und testen lassen. Die Warnung ermöglicht es Reisenden, Buchungen kostenlos zu stornieren.

Bei der Zahl der täglichen Neuinfektionen wurde in Tschechien ein neuer Rekordwert erreicht. Am Dienstag kamen 1164 Fälle hinzu, wie das Gesundheitsministerium in Prag am Mittwoch bekanntgab. Der bisherige Höchstwert innerhalb von 24 Stunden hatte bei knapp 800 gelegen. Die Gesamtzahl der aktiv Infizierten stieg damit auf rund 9300. Es wurden bisher insgesamt 441 Todesfälle mit einer Covid-19-Erkrankung in Verbindung gebracht. Tschechien hat nur knapp 10,7 Millionen Einwohner.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte den jüngsten Anstieg bereits am Vortag als «besorgniserregend» bezeichnet. Der tschechische Gesundheitsminister Adam Vojtech gab nun bekannt, dass vom Donnerstag an landesweit eine Maskenpflicht in allen Innenräumen außerhalb der eigenen Wohnung gelte. Betroffen davon sind auch Büros, nicht aber Klassenzimmer. Ausgenommen sind unter anderem Kinder unter zwei Jahren. Bereits zuvor musste in öffentlichen Verkehrsmitteln ein Mundschutz getragen werden.

«Wir rufen alle Bürger zu maximaler Verantwortung und der Einhaltung grundlegender Hygieneregeln auf», teilte der 33 Jahre alte Minister der populistischen Partei ANO mit. In den sozialen Netzwerken stieß die Ankündigung Vojtechs überwiegend auf Kritik. Dem tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis wurde vorgehalten, dass er erst im Juni erklärt habe, es werde künftig keine flächendeckenden Maßnahmen mehr geben. Eine Corona-Ampel sollte regional begrenzte Verschärfungen ermöglichen.

Die Regierung in Prag hatte Mitte März als eine der ersten eine Maskenpflicht eingeführt und die Grenzen geschlossen, die Maßnahmen aber später wieder zurückgefahren. Nun sagte Regierungschef Babis, der sein Land zu Beginn der Pandemie als einen Musterschüler präsentiert hatte, man stehe vor einem «schweren Herbst».

Beobachter gehen davon aus, dass der jüngste Anstieg auch mit dem Ende der Sommerferien und der Rückkehr zahlreicher Urlauber zusammenhängen dürfte. Zu den beliebtesten Reiseländern der Tschechen zählt traditionell Kroatien, wo die Corona-Zahlen zuletzt ebenfalls gestiegen waren.

Mit der Einstufung Prags als Risikogebiet muss die Tourismusbranche der Moldau-Metropole einen neuerlichen Schlag verkraften. Vor dem Rathaus der Stadt demonstrierten am Mittwochnachmittag mehrere Hundert Fremdenführer, die über existenzbedrohende Verdienstausfälle klagten. Sie hielten Schilder mit dem Notsignal «SOS» hoch. «Wir brauchen einen Rettungsring», forderte eine Sprecherin ihrer Berufsvertretung und forderte staatliche Hilfen.

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