Corona global: Wie ein Virus die Welt verändert

Hauptbahnhof Berlin, menschenleer während der Corona-Krise. Foto: Pixbay/Rebecca Holm
Hauptbahnhof Berlin, menschenleer während der Corona-Krise. Foto: Pixbay/Rebecca Holm

MOSKAU: Wo bereitet das Coronavirus gerade die größten Probleme? Wo beginnt die Rückkehr zur Normalität? Und welche Folgen zieht das Virus im Alltag der Menschen nach sich? Diesen Fragen sind Korrespondenten der dpa in aller Welt nachgegangen - von Moskau bis New York.

Corona-Hilfen der etwas anderen Art gibt es in der islamisch geprägten russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus. Dort können mittellose muslimische Männer bei der in der Pandemie schwieriger gewordenen Brautwerbung jetzt auf öffentliche Hilfe hoffen. Die stark vom Virus betroffene Metropole New York kehrt indes langsam zur Normalität zurück. Und in Dänemark ist ein Ende der Geisterspiele im Fußball in Sicht.

RUSSLAND - Hilfe für «Brautkauf» in Corona-Zeiten

Für den traditionellen «Brautkauf» sind auf Anweisung des autoritären tschetschenischen Republikchefs Ramsan Kadyrow mehr als zehn Millionen Rubel (rund 130 000 Euro) freigegeben worden. Damit werde der «Kauf» von 207 Frauen ermöglicht, wie die geistliche Führung der Muslime in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny mitteilte. Geholfen werde Männern, die infolge der Corona-Pandemie kein Geld mehr hätten, um zu heiraten. Demnach erhalte jeder Bräutigam 50 000 Rubel, um eine Frau bei ihren Eltern abzulösen. Ihre Tradition sehen die Muslime als Form der Wertschätzung für die Frau - Vorwürfe, Frauen würden dadurch wie Ware mit einem Preisschild versehen, weisen sie zurück.

Wegen der Corona-Pandemie gab es nicht nur Kontaktbeschränkungen, sondern über Wochen auch staatlich verordneten Zwangsurlaub. Millionen Menschen in ganz Russland mussten und müssen deshalb große Einkommensverluste hinnehmen. In Tschetschenien, das nach zwei Kriegen zu großen Teilen wieder aufgebaut ist, galten über Wochen Hochzeitsverbote. Jetzt sind sie unter der Bedingung, nur im engsten Familienkreis zu feiern, wieder erlaubt. Zu Hochzeiten in Tschetschenien werden normalerweise Hunderte Gäste eingeladen.

Wer nun als «bedürftiger» Bräutigam Hilfe beim Werben um eine Frau braucht, kann sich bei der geistlichen Führung der Muslime in der Republik melden, wie sie bei Instagram mitteilte. Das Muftiat legt fest, wer auf die Liste kommt. Nach Darstellung der Online-Plattform der Zeitung «Kawkaski Usel» ist fehlendes Geld einer der Gründe für den von Menschenrechtlern kritisierten und im Kaukasus noch verbreiteten Brautraub. Dabei werden oft auch minderjährige Mädchen aus armen Familien entführt und bisweilen gegen ihren Willen verheiratet.

USA - Langsam zurück zur Normalität in New York

Wochenlang stand die US-Metropole in den Schlagzeilen als Epizentrum der Corona-Krise, jetzt ist New York auf dem Weg zurück zur Normalität. Am Montag haben erste Lockerungen der bisher geltenden Vorsichtsmaßnahmen begonnen - exakt 100 Tage, nachdem am 1. März der erste Fall in der Stadt bestätigt worden war. Unter anderem dürfen nun die Arbeiten auf rund 32.000 Baustellen und in den Fabriken wieder aufgenommen werden. Einzelhändler können telefonisch oder online erfasste Bestellungen an der Ladentür ihren Kunden übergeben. Bürgermeister Bill de Blasio erinnerte aber daran, dass die Menschen weiter Abstand halten, Hände waschen und Masken tragen sollten.

Es ist der erste vorsichtige Schritt aus der Krise: Restaurants dürfen weiter nur Essen zum Abholen anbieten, Museen und Broadway-Theater bleiben geschlossen, und Schulen und Universitäten haben das Studienjahr ohne Präsenzunterricht beendet.

In den vergangenen Monaten war New York so schlimm wie kaum eine andere Stadt der Welt von der Krise betroffen. Bisher wurden in der 8,4-Millionen-Einwohner-Metropole rund 204 000 Corona-Erkrankungen bestätigt. Fast 17.200 Tote wurden positiv auf Covid-19 getestet, die Stadt geht von zusätzlich rund 4700 möglicherweise infizierten Toten aus. In den USA ist die Krise noch nicht überwunden: Fall- und Todeszahlen verharren auf hohem Niveau und steigen vielerorts sogar.

DÄNEMARK - Fußball mit Tausenden Fans im Stadion bald wieder möglich?

Auch in Dänemark kicken die Clubs der ersten Liga, der Superliga, vor leeren Rängen. Doch damit könnte jetzt Schluss sein: Die dänische Regierung kündigte am Montag an, dass bei Sportveranstaltungen mit gewissen Sitzplatzkapazitäten nun bis zu 500 Zuschauer dabei sein können. Und das ist noch nicht alles: Einige Superliga-Begegnungen sollen versuchsweise mit mehr als 500 Fans stattfinden - sofern die Gesundheitsbehörden grünes Licht dafür geben, wie das für den Sport zuständige dänische Kulturministerium einschränkte.

Der FC Kopenhagen hat bereits am Samstag ein Modell vorgestellt, wie dieser Versuch gelingen könnte: Der Spitzenclub will sein Stadion in 21 Abschnitte mit je 500 Zuschauern einteilen. Dies würde insgesamt 10.500 Fans die Möglichkeit geben, bei Ligaspielen auf den Rängen dabei zu sein. Das würde zwar noch kein volles Haus bedeuten, aber mehr als einem Viertel der Stadionauslastung in Kopenhagen gleichen.

INDIEN - Gericht weist Bundesstaaten an, Wanderarbeiter heimzubringen

Das höchste Gericht Indiens hat die Bundesstaaten angewiesen, gestrandete Wanderarbeiter innerhalb der nächsten 15 Tage in ihre Heimatdörfer zu bringen. Außerdem sollen sie und Indiens Bundesregierung Beschäftigungsprogramme schaffen und den Wanderarbeitern bei der Jobvermittlung helfen, wie die auf Recht spezialisierte Nachrichtenseite Live Law am Dienstag schrieb.

Seit Wochen sind Millionen Wanderarbeiter auf den Straßen unterwegs in ihre Heimat, viele von ihnen zu Fuß, weil Züge und Busse zunächst nicht fuhren. Wegen des Ende März kurzfristig angekündeten Lockdowns hatten viele Wanderarbeiter ihre Jobs in den großen Städten verloren und waren in ihrer Existenz bedroht. Auf dem Weg in die Heimat starben etliche von ihnen - bei Verkehrsunfällen, wegen der Hitze oder weil sie kein Essen und Trinken mehr hatten. Nach Einschätzung von Oppositionspolitikern wollen noch immer Millionen Menschen aus den Städten zurück. Eine Rückführung könnte demnach Monate dauern.

Auch wegen der Wanderarbeiter war die Infektionskurve in Indien trotz strikter Regeln nicht abgeflacht. Inzwischen lockert Indien die Maßnahmen zunehmend - obwohl die Corona-Neuinfektionen gerade besonders schnell steigen. Nach Zahlen der Johns-Hopkins-Universität in den USA ist Indien inzwischen das Land mit den fünftmeisten Fällen.

ÖSTERREICH - Altenheime öffnen Türen für Besuch

In Österreich können die Alten- und Pflegeheime wieder ganz für Besucher öffnen. Es sei an der Zeit, vom Schutzgedanken wieder zu einem Miteinander zu kommen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Dienstag in Wien. Hygieneregeln sollten aber weiterhin gelten. In sechs von neun österreichischen Bundesländern seien zuletzt gar keine Neuinfektionen gemeldet worden, sagte Anschober.

Die österreichweit rund 900 Einrichtungen hatten mit Ausbruch der Pandemie den Zugang strikt geregelt und auch die Bewegungsfreiheit der Bewohner enorm eingeschränkt. Nach einer aktuellen Studie gab es in insgesamt 65 Heimen Infektionen mit dem Erreger. 222 Bewohner und Bewohnerinnen seien an der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben, das sei rund ein Drittel aller derartigen Todesfälle in Österreich.

FRANKREICH - Textilunternehmen bleiben auf unverkauften Masken sitzen

In Frankreich bleiben Textilunternehmen nach eigenen Angaben auf genähten Schutzmasken aus Stoff sitzen und fordern nun Unterstützung des Staats. Rund 400 Betriebe wurden dem Verband der Textilwirtschaft zufolge zu Beginn der Coronavirus-Pandemie von der Regierung dazu aufgerufen, wiederverwendbare Masken zu nähen - nun greifen die Französinnen und Franzosen demnach aber lieber zu Einwegmasken aus Asien. Millionen an unverkauften Stoffmasken lagerten deshalb in Kartons, sagte Verbandspräsident Yves Dubief der Nachrichtenplattform Franceinfo am Montag. Der Verband forderte die französische Regierung auf, die Masken als offizielle Reserve zu lagern und damit den Herstellern die Überproduktion abzunehmen.

Ein neu eingeführtes Label soll die französischen Stoffmasken für Verbraucher attraktiver machen. Das Gütesiegel zeige, dass die Maske in Frankreich unter strengen Umweltbedingungen hergestellt wurde, so der Verband. Die Regierung will, dass Unternehmen vermehrt auf farnzösische Masken setzen. Ziel sei es, große Käufer wie beispielsweise die Post davon zu überzeugen, von Einwegmasken zu waschbaren Textilmasken zu wechseln, sagte die Staatssekretärin im französischen Wirtschafts- und Finanzministerium, Agnès Pannier-Runacher, dem Radiosender RTL.

PAKISTAN - Zu wenig Krankenhausbetten, zu wenig Personal

Pakistans Krankenhäuser sind Wochen nach Lockerung der Corona-Beschränkungen zunehmend überfüllt. «Kliniken haben begonnen, Corona-Patienten abzuweisen, weil ihnen die Betten fehlen», sagte der Generalsekretär der pakistanischen Ärztevereinigung, Sajjd Qasier, am Dienstag. Zudem mangele es an gut ausgebildetem Personal.

Um die Coronakrise zu bewältigen, plane die Regierung weitere 1000 Intensivbetten für Coronapatienten. Diese sollen in den Metropolen bis Ende Juni geschaffen werden, hatte Planungsminister Asad Umar am Montag angekündigt. Unterdessen stieg die Zahl der bekannten Infektionen mit Sars-CoV-2 in dem Land mit rund 220 Millionen Einwohnern auf mehr als 108.000 an. Binnen 24 Stunden wurden mehr als 4600 Neuinfektionen registriert. 2172 Menschen starben in dem südasiatischen Land nachweislich an den Folgen einer Infektion.

SCHWEIZ - 60 Prozent Mietabschlag für coronageschädigte Betriebe

Geschäfte und Betriebe, die wegen der Corona-Pandemie schließen mussten, brauchen nach einem Schweizer Parlamentsbeschluss für die Zeit nur 40 Prozent Miete zahlen. Den Rest sollen Vermieter tragen. Für Härtefälle sollen 20 Millionen Franken (18,5 Millionen Euro) Steuergelder zur Verfügung gestellt werden. Die Vertreter der unterlegenen konservativen Parteien monierten, dass alle Mieter über einen Leisten geschlagen würden, auch große Konzerne und Luxusgeschäfte profitierten davon. Ein Vertreter des Mieterinnen- und Mieterverbandes sagte aber, damit werde einer Klageflut vorgebeugt.

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