Corona global: Wie ein Virus die Welt verändert

ADDIS ABEBA: Wo bereitet das Coronavirus gerade die größten Probleme? Wo beginnt die Rückkehr zur Normalität? Und welche Folgen zieht das Virus im Alltag der Menschen nach sich? Diesen Fragen sind Korrespondenten der dpa in aller Welt nachgegangen - von Addis Abeba über Paris bis Moskau.

Künftig dürften die afrikanischen Länder mehr Corona-Infektionen melden. Nach einer Initiative der panafrikanischen Gesundheitsbehörde sollen in den kommenden Monaten zehn Millionen Tests durchgeführt werden. Auch eine Vielzahl an Gesundheitsmitarbeitern und Sozialarbeiter soll für den Kampf gegen das Virus ausgebildet werden. Denn: Experten schätzen die Dunkelziffer nicht erfasster Fälle hoch ein.

AFRIKA - Initiative soll Testen auf Corona beschleunigen

Die panafrikanische Gesundheitsbehörde Africa CDC stellt den Kampf gegen Corona auf eine neue Basis. Eine mit Industriepartnern und staatlichen Institutionen gegründete Initiative, Partnership to Accelerate Covid-19 Testing (PACT) genannt, soll nationale Anstrengungen der afrikanischen Länder koordinieren und bestehende Kapazitäten ausbauen. «Das ändert völlig die bisherige Dynamik», sagte John Nkengasong, der Leiter des zur Afrikanischen Union (AU) gehörenden Africa CDC, am Donnerstag. So sollen 100.000 Gesundheitsmitarbeiter ausgebildet werden und eine Million Sozialarbeiter zum Einsatz kommen.

Die Institution stützt sich dabei unter anderem auf Erfahrungen aus dem Kampf gegen HIV/Aids. Bisher gibt es auf dem Kontinent nach Angaben von Nkengasong im Schnitt 5400 Corona-Nachweise pro Tag. In den kommenden Monaten seien 10 Millionen Tests geplant. «Unsere Fähigkeit zum Testen beschleunigt sich sehr schnell.»

Damit dürften demnächst auch die Fallzahlen steigen. In Afrika sind mit derzeit etwa 158.000 bestätigten Nachweisen sowie rund 4500 Toten in Zusammenhang mit Covid-19 in 54 Ländern vergleichsweise wenig Infektionen bekannt, die Dunkelziffer nicht erfasster Fälle dürfte Experten zufolge hoch sein.

BRASILIEN - Mehr Corona-Tote als in Italien

In Brasilien sind 1473 weitere Patienten im Zusammenhang mit dem Coronavirus innerhalb eines Tages gestorben. Damit wurde am dritten Tag hintereinander ein Negativ-Rekord bei der Zahl der Corona-Toten registriert. Die Zahl der Corona-Opfer stieg in dem größten Land Lateinamerikas auf 34.021, wie das Gesundheitsministerium in Brasilien am Donnerstagabend (Ortszeit) mitteilte.

Der John-Hopkins-Universität in den USA zufolge überholte Brasilien Italien und rückte auf den dritten Platz der Länder mit den meisten Corona-Toten - nach den USA und Großbritannien. Nachweislich mit dem Virus infiziert haben sich in Brasilien bislang 614.941 Menschen. Die tatsächliche Zahl dürfte weit höher liegen, auch weil das Land sehr wenig testet, im öffentlichen Gesundheitssystem etwa nur schwere Fälle.

PERU - Sauerstoff-Produktion soll erhöht werden

In Peru, dem am zweitstärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Land Südamerikas, will die Regierung die Sauerstoff-Produktion erhöhen. «Wir betrachten Sauerstoff als ein Element nationalen Interesses», sagte Verteidigungsminister Walter Martos am Donnerstag. Die Regierung prüfe nun, wie die Herstellung von Sauerstoff für medizinische Zwecke erhöht werden könne. Zudem würden Gelder für den Import von Sauerstoff bereitgestellt.

Zuletzt hatte die deutsche Bundesregierung Peru 30 Beatmungsgeräte zur Behandlung schwerer Covid-19-Fälle gespendet. Knapp 1000 Patienten werden derzeit in peruanischen Krankenhäusern künstlich beatmet. Peru liegt mit 178.914 nachweislich Infizierten auf dem Kontinent an zweiter Stelle nach Brasilien. 4894 Patienten sind im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben.

FRANKREICH - Wissenschaftsratschef schließt zweite Ausgangssperre aus

Der Chef des Beratergremiums der französischen Regierung schließt erneute strenge Ausgangsbeschränkungen beim Wiederaufflammen der Covid-19-Epidemie im ganzen Land aus. «Beim ersten Mal hatten wir keine Wahl, aber der Preis, den wir zahlen müssen, ist zu hoch. Die Bevölkerung würde es sicher nicht akzeptieren, die wirtschaftlichen Folgen wären erheblich, und auch aus gesundheitlicher Sicht ist dies nicht wünschenswert», sagte Jean-François Delfraissy, der Leiter des wissenschaftlichen Rates, der Zeitung «Le Parisien» am Freitag. Man brauche stattdessen einen Präventionsplan für den Fall, dass sich die Situation im Herbst wieder verschlechtert.

Dabei schaut der Experte auch auf Deutschland. Anders als zu Beginn der Epidemie verfüge Frankreich nun über ausreichend Mittel, um große Ausbrüche zu verhindern. «Das ist das, was wir im Februar nicht getan haben, seien wir ehrlich! Das war die Strategie Deutschlands. Wir hätten die gleiche Entwicklung der Epidemie haben können», so Delfraissy. Es habe vor allem an Tests gefehlt - Deutschland habe von Anfang an deutlich mehr getestet. «Jetzt haben wir aufgeholt und sind endlich auf gleicher Höhe wie sie!» Delfraissy fordert nun von der Regierung, die Zeit zu nutzen, vorausschauend zu handeln und nicht wie Anfang März unzureichend vorbereitet zu sein.

Frankreich wurde von der Covid-19-Pandemie besonders hart getroffen. Bisher starben mehr als 29.000 Menschen infolge einer Infektion. Die Regierung hatte Mitte März eine strenge Ausgangssperre verhängt, seit dem 11. Mai wird diese schrittweise gelockert. Seit Freitag dürfen Bewohner von Altenheimen wieder mehr als zwei Angehörige gleichzeitig empfangen, jedoch nur im Freien. In geschlossenen Räumen blieb die Besuchergrenze auf zwei Personen beschränkt. Auch der Besuch von Kindern bei den Senioren ist mit Schutzmaske wieder erlaubt.

IRAN - Gesundheitsministerium bestreitet, dass es zweite Welle gibt

Das iranische Gesundheitsministerium hat Medienberichte über eine zweite Infektionswelle im Land dementiert. «Es gibt keine neue Welle», twittere Ministeriumssprecher Kianush Dschahanpur am Freitag. «Wir führen derzeit nur mehr Diagnosetests vor und dementsprechend haben wir auch mehr Infektionsfälle registriert.»

Die Zahl der erfassten Corona-Infektionen im Iran war in den vergangenen Tagen wieder gestiegen und erreichte am Donnerstag mit 3574 Neuinfektionen einen neuen Höchststand seit Ausbruch des Virus. Daher war in den Medien auch die Rede von einer zweiten Infektionswelle. An dem Virus gestorben sind seit Ende Februar 8134 Iraner, 167 156 Infektionen wurden registriert, wie es am Freitag aus dem Gesundheitsministerium hieß.

Präsident Hassan Ruhani hatte wegen der gestiegenen Zahlen am Mittwoch mit einer Rücknahme der Lockerungen der Corona-Beschränkungen gedroht. Gesundheitsexperten sehen die Lockerungen der vergangenen Wochen als Hauptgrund für den Zuwachs. Fast alle Branchen haben Ende Mai die Arbeit wieder aufgenommen.

PAKISTAN - Influencer sollen im Kampf gegen Corona helfen

Pakistan setzt in der Coronakrise auf die Hilfe von Influencern. TikTok, Instagram oder Twitter - Promis, die in den sozialen Netzwerken aktiv sind und über eine hohe Reichweite verfügen, sollen bei der Aufklärung im Kampf gegen Covid-19 helfen. Dafür traf der Gouverneur der Zentralprovinz Punjab, Chaudhry Sarwar, am Donnerstag Influencer. Die Infektionszahlen stiegen im Land rapide an, nachdem die Behörden vor rund einem Monat fast alle Beschränkungen aufgehoben hatten. Im Land sind derzeit mehr als 89.000 Infektionen bekannt.

Nach einem Anstieg der Infektionen wurden in Pakistan auch wieder Beschränkungen im öffentlichen Leben durchgesetzt. Viele Märkte und Einkaufszentren wurden im Punjab durch die Polizei geschlossen. Die Eigentümer hätten die Maskenpflicht nicht durchgesetzt. Diese war vor wenigen Tagen durch die Zentralregierung und regionalen Verwaltungen eingeführt worden, nachdem die Krankenhäuser in den Großstädten mit Patienten überfüllt waren. Pakistan sei noch mindestens einen Monat vom Höhepunkt der Pandemie entfernt, sagte der Chef der Katastrophenhilfe.

RUSSLAND - Parodie über erlaubte Spaziergänge in Moskau wird zum Hit

Nur drei Mal in der Woche dürfen die Menschen in der russischen Hauptstadt Moskau wegen der Corona-Epidemie offiziell spazieren gehen: an einem Tag am Wochenende und an zwei Wochentagen. Eine Parodie darauf ist im Internet zu einem Hit geworden. Schauspieler Maxim Galkin - der oft im Staatsfernsehen auftritt - ahmt dabei abwechselnd Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin und Kremlchef Wladimir Putin nach und macht sich über die Spaziergänge nach Zeitplan lustig. Der richtet sich nach jeweiligen Hausnummern.

Im Kreml und in der Stadtverwaltung kam das fünf Minuten lange Video offenbar nicht so gut an. Das russische Portal «The Bell» schrieb kürzlich, dass auf mehreren Online-Portalen Berichte über diese Parodie verschwanden - nach entsprechenden Anrufen aus der Verwaltung von Putin und Sobjanin. Mehr als sechs Millionen Mal wurde das Video allein bei Instagram aufgerufen.

In einer Szene macht Galkin den Bürgermeister nach und lässt ihn erläutern, wann wer in Moskau auf die Straße darf: «Zunächst werden die Bewohner von Häusern, deren Fenster gleichzeitig nach Nordwesten und Südosten ausgerichtet sind, spazieren gehen können. Und dann natürlich diejenigen, deren Häuser parallel zum Äquator liegen.»

Der Komiker Galkin hatte über den Kremlchef einmal gemeint, Putin sei kein Name, sondern ein Posten. Daraufhin konterte der Kremlchef in einem Interview mit der Staatsagentur Tass: «Eine Person, die keinen einzigen Posten hat, kann nach Belieben scherzen.» Galkins Witze seien aber in der Bevölkerung gefragt.

Schauspieler Jewgeni Mironow nahm hinterher Sobjanin in Schutz, der auch nur seinen Job mache. Dafür erntete Mironow dann viel Spott.

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