Copilot brachte Maschine absichtlich zum Absturz

Entsetzliche Erkenntnis: Der Copilot brachte die Germanwings-Maschine offensichtlich mit Vorsatz zum Absturz. Warum ist unklar. Passagiere ahnten erst wenige Sekunden vor dem Aufprall etwas. Foto: epa/Guillaume Ruoppolo
Entsetzliche Erkenntnis: Der Copilot brachte die Germanwings-Maschine offensichtlich mit Vorsatz zum Absturz. Warum ist unklar. Passagiere ahnten erst wenige Sekunden vor dem Aufprall etwas. Foto: epa/Guillaume Ruoppolo

MARSEILLE: Der Copilot der verunglückten Germanwings-Maschine hat den Airbus mit 150 Menschen an Bord offensichtlich mit Absicht in die Katastrophe gesteuert.

«Es sieht so aus, als ob der Copilot das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht und so zerstört hat», sagte Staatsanwalt Brice Robin am Donnerstag in Marseille. Der 28-Jährige sei zu dem Zeitpunkt allein im Cockpit gewesen, der eigentliche Pilot sei aus der Kabine ausgesperrt gewesen. Schreie von Passagieren seien auf dem Stimmenrekorder erst in den letzten Sekunden vor dem Aufprall zu hören. Sie seien offensichtlich bis dahin ahnungslos gewesen.

Hinweise auf einen Terrorakt gebe es nicht. Die Motive des 28-Jährigen aus dem rheinland-pfälzischen Montabaur sind unklar. Die Staatsanwälte erwägten nun Ermittlungen wegen eines Tötungsdeliktes. Rettungskräfte bargen erste Opfer des Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen. Vielerorts in Deutschland versammelten sich Menschen zu einer Schweigeminute für die 150 Insassen, von denen 72 Deutsche waren.

Der Pilot hatte nach Erkenntnissen der Ermittler das Cockpit verlassen, um auf die Toilette zu gehen, und das Kommando seinem Kollegen übergeben. Als er zurück ans Steuer wollte, habe er die automatisch verriegelte Kabinentür nicht mehr öffnen können, schilderte der Staatsanwalt. Die plausibelste Deutung gehe dahin, dass der Copilot vorsätzlich verhindert habe, dass die Tür geöffnet werde. Auf Ansprache des Towers habe der Mann nicht reagiert. Ein Notruf sei nicht abgesetzt worden.

Der Name des Copiloten wurde in einer Pressekonferenz mit Andreas Lubitz angegeben. Laut Robin war er nicht als Terrorist erfasst. Bekannt war bereits, dass der Mann seit 2013 bei Germanwings beschäftigt war und aus Montabaur in der Nähe von Koblenz stammte.

Der Stimmenrekorder habe bis zuletzt schweres Atmen aus dem Cockpit aufgezeichnet, gesagt habe der Copilot nichts mehr, erklärte der Staatsanwalt. In den letzten Minuten, bevor der A320 mit 150 Menschen an Bord an einer Felswand zerschellt sei, hätten der ausgesperrte Kapitän und die Crew von außen gegen die Cockpit-Tür gehämmert. «Die Schreie der Passagiere hören wir erst in den letzten Sekunden auf dem Band», sagten die Ermittler. In den ersten 20 Minuten nach dem Start haben sich Pilot und Copilot demnach ganz normal unterhalten.

Der zweite Flugschreiber sei noch nicht gefunden, sagte Robin. Zuvor hatte er die aus Düsseldorf und Barcelona angereisten Hinterbliebenen der Todesopfer informiert. Die Bergung und Identifizierung der Opfer könne mehrere Wochen dauern.

Kurz vor Beginn der Pressekonferenz in Marseille hatte bereits ein Düsseldorfer Staatsanwalt Medienberichte bestätigt, wonach einer der Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt war. Die «New York Times» und die französische Nachrichtenagentur AFP hatten unter Berufung auf Ermittler berichtet, dass einer der Piloten seinen Platz verlassen und danach versucht habe, die verschlossene Tür einzutreten.

Der Airbus mit der Flugnummer 4U9525 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf, als er über Südfrankreich minutenlang an Flughöhe verlor und am Bergmassiv Les Trois Evêchés zerschellte.

Hinterbliebene der Opfer landeten am Donnerstag auf dem südfranzösischen Flughafen Marseille-Provence. Die rund 50 Angehörigen waren am Donnerstagmorgen vom Flughafen Düsseldorf gestartet, um in die Nähe des Absturzortes zu gelangen. Mit an Bord des Airbus A321 reist auch ein Betreuer-Team, bestehend aus Seelsorgern, Ärzten und Psychologen. Außerdem ist ein zweiter Sonderflug mit einer Germanwings-Maschine für Angehörige der Crew am Donnerstagvormittag ab Düsseldorf geplant. Auch aus Barcelona wurde am Vormittag ein Flieger mit Angehörigen spanischer Opfer erwartet.

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