Christina Stürmer wagt Experiment

Viele Beats plus Nostalgie

Christina Stürmer. Foto: epa/Peter Klaunzer
Christina Stürmer. Foto: epa/Peter Klaunzer

WIEN (dpa) - In ihrem neuen Album präsentiert sich Christina Stürmer poppiger denn je. Inhaltlich geht es ihr vor allem um Entschleunigung und Gedanken über das Leben. Das hat sich für die 36-Jährige in den vergangenen beiden Jahren stark verändert.

«Wo ist die Christina von früher?» Das fragten sich viele Leute, nachdem im August die neue Single «In ein paar Jahren» erschien. Und es gibt schlechte Nachrichten für Christina-Stürmer-Fans, die mit dem von Synthesizer, Keyboard und Drum-Beats geprägten Stil in der Single unzufrieden waren: Der Trend setzt sich in den anderen zwölf Songs des neuen Albums «Überall zu Hause» fort. Das soll laut Stürmer vor allem eins sein: musikalisch innovativ und weniger melancholisch. «Ich wollte einfach mal was Neues ausprobieren.»

Das neue Album ist also das Ergebnis dieses Experiments und «sicherlich poppiger als das alte Zeug von mir», erklärt die 36-Jährige. «Ich habe in den letzten Monaten viel One Republic und Imagine Dragons gehört und überlegt, ob man so was auch auf Deutsch machen kann.» Ob das bei den Fans gut ankommt, weiß sie noch nicht. «Aber man kann es eh nie allen Leuten recht machen.» Treu bleibt sie sich zumindest in einem Punkt: Wie bisher singt die gebürtige Linzerin in akzentfreiem Hochdeutsch.

Inhaltlich geht es im neuen Album trotz der modernen Aufmachung und dem inzwischen in nahezu allen Pop- und Schlager-Songs genutzten Beat-Teppich vor allem nostalgisch zu. In vielen Songs dominiert der Blick in die Vergangenheit, das Schwelgen in Erinnerungen. «Lass uns noch mal so tun, wir haben doch so viel gelacht, im August eine Schneeballschlacht», heißt es in einem Lied, anderswo dann: «Wir müssen nicht verändern, wer wir waren, wir lassen unsere besten Tage strahlen». Was aber ist der Grund für die überwiegend rückwärtsgewandten, etwas heimeligen und nicht wirklich anspruchsvollen Texte?

«Ich habe viel über die Vergangenheit nachgedacht. In den letzten Jahren hatte ich viel Stress, alles ging sehr schnell und ich habe die Zeit nicht wirklich genossen», erklärt Stürmer. Kritisch zeigt sie sich dabei gegenüber einer immer hektischeren Welt, in der soziale Medien den Takt angeben. «Wenn man durch Wien läuft, schaut dir kaum noch einer ins Gesicht, sondern nur noch auf sein Handy.»

Seit der Geburt ihrer Tochter vor zwei Jahren hat die Sängerin jedoch einen Gang zurückgeschaltet und neu über das Leben nachgedacht. In entsprechend kontemplativer und entspannter Atmosphäre ist auch das neue Album entstanden: Alle Lieder seien im familiären Umfeld bei Stürmer zuhause produziert worden, die Songwriter seien für die Zeit sogar bei ihr daheim eingezogen, ihr kleines Kind war bei den meisten Aufnahmen dabei.

Überhaupt ist ihre zweijährige Tochter zu einer wichtigen Inspirationsquelle für Stürmer geworden. Marina öffne ihr immer wieder die Augen und zeige, dass man die Welt gelassener und anders als in gewohnten Bahnen sehen könne. «Kinder gehen so leichtfüßig durch die Welt, sie kennen - anders als viele Erwachsene - kein schwarz-weiß, keine Hautfarben, keine Vorurteile.» Ein politischer Seitenhieb der Musikerin, deren Texte doch eigentlich so unpolitisch sind? «Jeder weiß, wo ich politisch stehe, was ich gut finde und was ich verabscheue. Aber ich will niemanden belehren», antwortet Stürmer - und lehnt sich schmunzelnd zurück.

Gelassenheit - die strahlt Stürmer nicht nur im neuen Album aus, sondern auch im persönlichen Gespräch. Die Zukunft sieht sie entspannt. Zunächst steht ab Frühjahr 2019 eine Tournee durch Deutschland und Österreich an, was danach kommt, weiß die 36-Jährige noch nicht. «Das ist noch so weit weg, ich lass das einfach mal auf mich zukommen. Ich habe auf jeden Fall noch was vor.»

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