China kritisiert westliche Haltung zu Hongkong-Protesten

Foto: epa/Jerome Favre
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HONGKONG (dpa) - Die Ausschreitungen in Hongkong sollen für die beteiligten Protestler nach dem Willen der Regierungschefin ein Nachspiel haben. Peking sieht «Extremisten» am Werk und findet harte Worte für den Westen.

Die gewaltsame Auflösung von Protesten im Hongkonger Regierungsviertel hat zu einem Schlagabtausch zwischen China und westlichen Regierungen geführt. Großbritannien rief Peking auf, die Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie nicht zum «Vorwand für Unterdrückung» zu nehmen. China wies dies zurück und erklärte, andere Länder würden die Menschenrechte als «falschen Schleier» für die Einmischung in die Angelegenheiten Hongkongs nutzen.

Am Montag hatten Hunderttausende in Hongkong friedlich gegen die Regierung und ein Gesetz für Auslieferungen an China demonstriert. Dabei hatten Hunderte das Parlament besetzt, Innenwände mit Parolen besprüht und Teile der Einrichtung zerstört. Die Polizei räumte das Areal in der Nacht; am Dienstag begangen die Aufräumarbeiten.

Regierungschefin Carrie Lam drohte den Randalierern am Dienstag Konsequenzen an. «Ich bin sehr empört und verzweifelt», sagte sie. Der extreme Einsatz von Gewalt und der Vandalismus hätte viele Menschen traurig gemacht und schockiert. Die Regierung werde «das gesetzeswidrige Verhalten bis zum Ende verfolgen».

Pekings Verbindungsbüros in Hongkong erklärte, «Extremisten» hätten das Parlament «auf äußerst gewalttätige Weise angegriffen». Ein solches Untergraben der Rechtsstaatlichkeit dürfe nicht toleriert werden.

Die britische Regierung erklärte sich «sehr besorgt» über die Gewalt «auf allen Seiten während der Proteste». Die Behörden müssten die Furcht der Menschen Ernst nehmen, dass ihre Grundfreiheiten angegriffen würden, sagte ein Regierungssprecher in London. Das chinesische Außenministerium wandte sich «energisch» gegen Erklärungen aus Europa und den USA zu den Hongkonger Vorkommnissen. «Wenn große Demonstrationen in ihrem Land stattfinden, zögert die Polizei nicht, gepanzerte Fahrzeuge, Hochdruck-Wasserkanonen, Schlagstöcke, Tränengas und Gummikugeln einzusetzen», hieß es. «Warum sind Sie so tolerant zu gewalttätigen Kriminellen in Hongkong?»

In den vergangenen Wochen hatte die Stadt wegen eines umstrittenen Gesetzes die größten Proteste seit drei Jahrzehnten erlebt. Bis zu zwei Millionen Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Politik der Regierungschefin Lam zu protestieren. Ihr Auslieferungsgesetz würde es Hongkong erlauben, von China beschuldigte Personen an die Volksrepublik auszuliefern. Kritiker warnen, Chinas Justiz sei nicht unabhängig und diene der politischen Verfolgung.

Lam hatte das Auslieferungsgesetz auf Eis gelegt. Die Demonstranten wollen aber, dass das Gesetz ganz zurückgenommen wird, inhaftierte Mitglieder der Protestbewegung freikommen und Polizisten bestraft werden, die gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen waren.

Lam bekräftigte am Dienstag, dass der Gesetzesentwurf bis 2020 ablaufen werde. «Das Gesetz wird auslaufen oder es wird sterben», sagte Lam. Sie gestand zu, dass der große Protestmarsch am Dienstag «friedlich und im Allgemeinen ordentlich» abgelaufen sei.

Am 1. Juli 1997 hatte Großbritannien seine Kronkolonie Hongkong an China zurückgegeben. Eigentlich stehen den Hongkongern laut Rückgabevertrag bis 2047 mehr Freiheiten zu als den Chinesen in der Volksrepublik. Doch immer mehr Hongkonger haben den Eindruck, dass Peking schon jetzt ihre Rechte beschneidet.

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TheO Swisshai 04.07.19 04:00
@David Hermann / KP
Sie wenden sich in Ihrem Kommentar direkt an die Pekinger KP. Ich glaube, Ihre Kritik resp. Meinung interessiert dort absolut niemanden. Vielleicht wollen Sie ja auch nur auf China- und Kommunismus- Experte machen, da braucht es allerdings mehr dazu als das, etwas was nicht schon jeder weiss.
Hans-Dieter Volkmann 04.07.19 03:28
David Hermann. 03.07.19 21:00
Jeder Staat der eigene Gesetze hat und danach Recht spricht nennt sich Rechtsstaat. Das hat nichts mit internationalem Rechtsempfinden zu tun. Auch die Staatsform DEMOKRATIE hat erhebliche Schwächen. Deutliches Zeichen dafür ist das manche Beschlüsse jahrelang bis zur Durchsetzung brauchen. Nach dem Motto: Viele Köche verderben den Brei.