TAIPEH: Ungeachtet der Proteste aus Peking hat Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen am Donnerstag in Taipeh den tschechischen Senatspräsidenten Milos Vystrcil empfangen. Der Besuch des Spitzenpolitikers mit einer rund 90-köpfigen Delegation hat zu einer schweren Verstimmung zwischen China und Tschechien geführt.
In Peking sprach Außenamtssprecherin Hua Chunying von einer «offenen Provokation». Die Visite ändere nichts daran, dass Taiwan «ein unabtrennbarer Teil des chinesischen Territoriums» sei, wiederholte die Sprecherin die Position der kommunistischen Führung. Diese nimmt auch Anstoß an der Bezeichnung «Präsidentin» für Tsai Ing-wen.
Tschechiens Senatspräsident wies vor Journalisten die chinesische Kritik zurück, wonach er eine «rote Linie» überschritten und gegen die Ein-China-Politik verstoßen habe. Tschechien und andere europäische Länder hätten ihre eigene Einstellung dazu, betonte Vystrcil.
Mit seiner Ein-China-Doktrin versucht Peking, Taiwan international zu isolieren und seinen diplomatischen Partnern offizielle Beziehungen zu der demokratischen Inselrepublik zu untersagen. Auch Deutschland hat in Taipeh nur eine inoffizielle Vertretung und keine Botschaft.
Taiwans Außenminister Joseph Wu sagte bei der Pressebegegnung, sein Land wolle den Status quo wahren. «Und der Status quo ist, dass Taiwan nicht zu China gehört. Taiwan wird von seinem eigenen Volk regiert.»
Der Streit um den Status Taiwans geht auf den Bürgerkrieg in China zurück, als die Truppen der nationalchinesischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen Maos Kommunisten nach Taiwan flüchteten. In Peking wurde 1949 die kommunistische Volksrepublik gegründet, während Taiwan seither als «Republik China» regiert wurde und sich zu einer freiheitlichen Demokratie entwickelte.
Aus Verärgerung über den ranghohen Besuch aus Tschechien hatte Chinas Außenministerium am Montag den Botschafter in Peking einbestellt, während in Prag der chinesische Botschafter vorgeladen wurde, um die chinesischen Warnungen formell zurückzuweisen.