Menschenrechtler mit Nobelpreis geehrt

​«Champions des Friedens» 

Audienz für die Preisträger des Friedensnobelpreises 2022 im Königlichen Palast in Oslo. Foto: epa/Lise Åserud
Audienz für die Preisträger des Friedensnobelpreises 2022 im Königlichen Palast in Oslo. Foto: epa/Lise Åserud

OSLO: Für ihren Einsatz in Belarus, Russland und der Ukraine werden Menschenrechtler mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt. Die Verleihung fällt dieses Jahr auf einen passenden Gedenktag. Der russische Preisträger widersetzt sich einem Wunsch der Behörden.

Menschenrechtler aus Belarus, Russland und der Ukraine sind in Oslo mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Passenderweise am Tag der Menschenrechte wurden die inzwischen aufgelöste Organisation Memorial aus Moskau, das Zentrum für bürgerliche Freiheiten (CCL) aus Kiew und der inhaftierte belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki am Samstag mit dem weltweit wichtigsten politischen Preis geehrt. Die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, nannte sie «Champions des Friedens».

Die CCL-Vorsitzende Olexandra Matwijtschuk und Memorial-Chef Jan Ratschinski konnten die Medaillen und Diplome im Rathaus von Oslo persönlich im Namen ihrer Organisationen entgegennehmen. Bjaljazki, der seit anderthalb Jahren in Minsk im Gefängnis sitzt, wurde von seiner Frau Natalja Pintschuk vertreten. Die Preisträger waren bereits Anfang Oktober bekanntgegeben worden. Ihre Auszeichnung gilt auch als Zeichen gegen das Vorgehen der Präsidenten aus Russland und Belarus, Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko.

Pintschuk sagte: «Ales und wir alle erkennen, wie wichtig und riskant es ist, die Mission von Menschenrechtsverteidigern zu erfüllen, besonders in der tragischen Zeit der russischen Aggression gegen die Ukraine.» Tausende Belarussen würden unterdrückt und zu Unrecht eingesperrt, Hunderttausende in die Flucht getrieben, nur weil sie in einem demokratischen Staat leben wollten. Reiss-Andersen sagte in Richtung Bjaljazki: «Ales, du bist nicht allein. Wir stehen dir bei.»

Die Ukrainerin Matwijtschuk betonte, dass Frieden, Fortschritt und Menschenrechte untrennbar miteinander verbunden seien. Ein Staat, der Journalisten töte, Aktivisten einsperre und friedliche Demonstrationen auflöse, sei eine Bedrohung für den Frieden in der ganzen Welt. Zur Lage in ihrer Heimat sagte sie: «Die Menschen in der Ukraine wollen Frieden mehr als alles andere auf der Welt. Aber Frieden kann nicht erreicht werden, indem ein angegriffenes Land seine Waffen niederlegt. Das wäre nicht Frieden, sondern Besatzung.»

Der Russe Ratschinski sagte, die Auszeichnung habe große symbolische Bedeutung für Memorial. «Sie unterstreicht, dass staatliche Grenzen die Zivilgesellschaft nicht trennen können und sollten.» Mit Blick auf den russischen Einmarsch in die Ukraine fragte er aber auch, ob Memorial den Preis wirklich verdiene. Seine Organisation habe zwar eine Menge versucht und mehr als ein bisschen erreicht. «Aber hat unsere Arbeit die Katastrophe vom 24. Februar verhindert?»

In einem Interview der BBC berichtete Ratschinski davon, dass Memorial von russischer Behördenseite aus geraten worden sei, den Preis wegen der Mitausgezeichneten abzulehnen. Natürlich habe man diesem Ratschlag keine Beachtung geschenkt.

Die Nobelpreise gehen auf Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Überreicht werden sie an dessen Todestag, dem 10. Dezember. In Stockholm wurden die elf weiteren diesjährigen Preisträger geehrt, darunter die französische Schriftstellerin Annie Ernaux in Literatur und der in Leipzig arbeitende schwedische Evolutionsforscher Svante Pääbo in Medizin. Der Preis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert.

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