Bundesrat debattiert Klimaschutz und beschließt Grundsteuer-Reform

Ein Wohngebiet mit Einfamilienhäusern aus der Luft aufgenommen. Am Freitag will der Bundesrat die lange umstrittene Reform endgültig beschließen. Foto: Julian Stratenschulte/Dpa
Ein Wohngebiet mit Einfamilienhäusern aus der Luft aufgenommen. Am Freitag will der Bundesrat die lange umstrittene Reform endgültig beschließen. Foto: Julian Stratenschulte/Dpa

BERLIN (dpa) - Die Länderkammer hat einen neuen Präsidenten. In seiner Antrittsrede forderte Brandenburgs Regierungschef mehr Menschlichkeit und weniger Schimpfen. Dann ging es zur Sache - auch mit einem Grundsteuer- Beschluss, der viele Fragen offen lässt.

Eine emotionale Debatte und eine Entscheidung, die Millionen Hausbesitzer und Mieter betrifft: Bei der ersten Sitzung unter dem neuen Präsidenten, Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD), hat der Bundesrat viele Vorhaben aus dem Bundestag diskutiert. Mehrere Gesetze für mehr Klimaschutz drehten am Freitag ihre erste Runde in der Länderkammer. Es wurde deutlich, dass die Länder noch viel Bedarf für Veränderungen sehen. Beschlossen wurde die Reform der Grundsteuer. Eine Übersicht über die großen Themen:

GRUNDSTEUER: Ab 2025 wird die Grundsteuer nach einem neuen System berechnet. Jetzt können die Bundesländer entscheiden, ob sie dafür die vom Bund vorgeschlagene Methode nutzen oder eine eigene entwickeln. Ob Hausbesitzer und Mieter mehr zahlen müssen, ist weiter offen. Das letzte Wort über die Grundsteuer behalten die Kommunen, die mit ihren Hebesätzen großen Einfluss auf die Höhe haben.

KLIMASCHUTZ: Die Länder wollen das Klimapaket der Bundesregierung an vielen Stellen verändern. Das könnte am engen Zeitplan von Union und SPD rütteln. Vor allem die Grünen lehnen etwa den vorgeschlagenen CO2-Preis als zu niedrig ab - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde deshalb fast emotional. Die meisten Bausteine des Klimapakets kann der Bundesrat allerdings nur ausbremsen, nicht verhindern. Zustimmungspflichtig sind die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets, die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Förderung für eine klimafreundliche Sanierung von Wohnhäusern. Es ist davon auszugehen, dass Bund und Länder im Vermittlungsausschuss Kompromisse suchen müssen.

DIGITALE KRANKMELDUNG: Die Krankmeldung auf Papier wird durch eine digitale Bescheinigung für den Arbeitgeber ersetzt. Das ist Teil eines Gesetzespakets für weniger Bürokratie. Auch bei Hotelübernachtungen müssen Gäste künftig keine Meldescheine mehr auf Papier ausfüllen.

PAKETBOTEN: Rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft sollen Paketboten besser vor Ausbeutung geschützt werden. Der Bundesrat billigte ein Gesetz, mit dem sichergestellt werden soll, dass Sozialbeiträge korrekt gezahlt werden. Die Versandunternehmen sollen dafür haften, wenn Subunternehmer diese Beiträge nicht abführen. Das soll dazu führen, dass Paketboten sozial abgesichert werden, wenn dies noch nicht der Fall ist.

WOHNGELD: Ab Januar 2020 steigt das Wohngeld für Haushalte mit geringem Einkommen. Bedürftige Zwei-Personen-Haushalte, die derzeit im Schnitt 145 Euro Wohngeld im Monat bekommen, sollen künftig 190 Euro erhalten, also etwa 30 Prozent mehr. Zudem soll der Satz alle zwei Jahre an die Entwicklung von Mieten und Einkommen angepasst werden. Außerdem soll der Zuschuss mehr Menschen erreichen: Künftig sollen 660 000 Haushalte profitieren, darunter 180 000 Haushalte, die derzeit kein Wohngeld erhalten.

PFLEGE: Pflegekräfte sollen künftig besser bezahlt werden - vorzugsweise über eine Tarifvereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. So ein Tarifvertrag soll von der Bundesregierung dann für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Als zweiter Weg könnten höhere Pflegemindestlöhne festgelegt werden - nicht nur für Hilfskräfte wie bisher, sondern auch für Fachkräfte.

SED-OPFER: Opfer politischer Willkür in der DDR sollen einfacher Entschädigungen bekommen. Unter anderem wurden Antragsfristen aus den Rehabilitationsgesetzen gestrichen - so können Betroffene auch über 2019 hinaus Anträge stellen. Außerdem sollen sie ihre Ansprüche leichter durchsetzen können, zum Beispiel wenn sie als kleines Kind im DDR-Heim landeten und bis heute nicht genau nachweisen können warum.

NAHVERKEHR: Die Länder fordern mehr Geld vom Bund für regionalen Nahverkehr mit Bahnen und Bussen. Die geplante Erhöhung bis zum Jahr 2031 reiche nicht aus, das Angebot so attraktiv zu machen, dass mehr Bürger auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Länder von 2020 bis 2023 insgesamt 1,2 Milliarden Euro extra aus Berlin bekommen, um Bus- und Zuglinien zu bestellen.

HEBAMMEN: Wer Hebamme oder Entbindungshelfer werden will, muss dafür künftig ein duales Studium absolvieren. Das dauert zwischen sechs und acht Semester und wird mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen. Während des Studiums werden die angehenden Hebammen bezahlt. Die Praxisteile absolvieren sie in einem Krankenhaus oder bei einer freiberuflichen Hebamme. Bisher werden Hebammen an speziellen Schulen ausgebildet, das soll übergangsweise noch bis 2022 möglich sein.

JURA-STUDIUM: Die Regelstudienzeit für Juristen wird auf fünf Jahre erhöht. Damit dauert das Jurastudium offiziell genauso lange wie vergleichbare Masterstudiengänge. Jurastudenten bekommen dann auch länger Bafög als bisher. Derzeit beträgt die Regelstudienzeit für Rechtswissenschaften neun Semester. Tatsächlich studieren angehende Juristen inklusive Prüfung aber durchschnittlich 11,3 Semester.

ANTISEMITISCHE STRAFTATEN: Nach dem Anschlag von Halle setzen sich mehrere Bundesländer dafür ein, dass antisemitische Straftaten gezielter und härter geahndet werden. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) schlug vor, dass antisemitische Motive künftig bei allen Straftaten strafverschärfend wirken sollten. Der Antrag wird nun in den Ausschüssen des Bundesrats beraten.

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