Bundeskartellamt mahnt Google-Konditionen zur Datenverarbeitung ab

BONN: Die deutschen Wettbewerbshüter haben den Umgang mit Nutzerdaten bei Google unter die Lupe genommen und fordern mehr Wahlmöglichkeiten für die Anwender. Ob das Bundeskartellamt dafür überhaupt zuständig ist, bleibt umstritten.

Der Google-Konzern Alphabet muss nach Einschätzung des Bundeskartellamtes seinen Nutzern mehr Wahlmöglichkeiten bei der Verarbeitung ihrer Daten einräumen. Man habe dem US-Konzern eine «ausführlich begründete Abmahnung» zukommen lassen, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Die bislang angebotenen Wahlmöglichkeiten seien «zu intransparent und pauschal».

Die Wettbewerbshüter stören sich konkret an der Art und Weise, wie der Konzern bei Diensten wie der Google-Suche, YouTube, Google Play, Google Maps und dem Google Assistant Daten für verschiedenste Zwecke erheben und dienstübergreifend verarbeiten kann. Google könne auch Daten über zahlreiche Webseiten und Apps von Drittanbietern sammeln. Dies betreffe auch Daten aus sogenannten Hintergrunddiensten von Google, etwa den Play Services, die teilweise regelmäßig Daten von Android-Geräten erheben.

Dabei hätten Nutzerinnen und Nutzer auf der Basis der aktuellen Konditionen keine ausreichende Wahl, ob und inwieweit sie mit dieser weitreichenden Verarbeitung einverstanden seien. Mit der Abmahnung räume man dem Unternehmen die Möglichkeit ein, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen. Das Bundeskartellamt rechnet noch im Januar mit einer Antwort von Google.

Unter Experten ist umstritten, ob das Kartellamt für diese Fragen überhaupt zuständig ist. Die Behörde räumte in ihrer Mitteilung ein, dass für bestimmte Dienste von Google künftig der europäische Digital Markets Act (DMA) anzuwenden sei, dessen Durchsetzung in die ausschließliche Zuständigkeit der EU-Kommission fällt. Damit wäre die deutsche Behörde außen vor. Das Kartellamt erklärte, man stehe dazu mit der Kommission im Austausch. Das EU-Gesetz über digitale Märkte (DMA) ist zum 1. November 2022 in Kraft getreten und gilt ab dem 2. Mai 2023.

Unklar ist auch, ob es sich bei dem Schreiben rechtlich gesehen überhaupt um eine Abmahnung handelt. Fachleute verweisen darauf, dass Google zunächst erst angehört werden müsse, bevor eine formelle Abmahnung ausgesprochen werden könne.

Behördenpräsident Andreas Mundt betonte, das Geschäftsmodell von Google baue grundlegend auf der Verarbeitung von Nutzerdaten auf. «Google hat hier einen strategischen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen aufgrund des etablierten Zugangs zu relevanten Daten aus einer sehr großen Zahl an verschiedenen Diensten. Google muss sich an den Anforderungen der neuen Wettbewerbsvorschriften für Digitalkonzerne messen lassen. Das Unternehmen muss den Nutzerinnen und Nutzern ausreichende Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Verarbeitung ihrer Daten einräumen.»

Das Kartellamt beruft sich bei seinem Vorgehen auf neue Vorschriften für Digitalkonzerne im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz), die helfen sollen, den Wettbewerb in der Internet-Wirtschaft zu sichern. Die Behörde kann danach eine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen leichter feststellen und eingreifen, um bestimmte Verhaltensweisen zu untersagen.

Das Abmahnschreiben ging an drei Adressaten: Neben der Konzernmutter Alphabet in Mountain View in Kalifornien erhielten auch die Google Ireland Ltd. in Dublin sowie die Google Germany GmbH in Hamburg einen Brief aus Bonn.

Google erklärte, Ziel des Unternehmens sei es stets, Produkte anzubieten, bei denen die Nutzer an erster Stelle stünden und die die Anforderungen der Aufsichtsbehörden erfüllten. «Unserer Verantwortung kommen wir unter anderem dadurch nach, dass wir unsere Dienste kontinuierlich anpassen. Wir werden uns weiterhin konstruktiv mit dem Bundeskartellamt austauschen und versuchen, die Bedenken auszuräumen.»

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