Veto gegen EU-Gespräche mit Nordmazedonien

Der bulgarische Ministerpräsident Kiril Petkov (R) begrüßt den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (L) bei ihrem Treffen in Sofia. Foto: epa/Vassil Donev
Der bulgarische Ministerpräsident Kiril Petkov (R) begrüßt den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (L) bei ihrem Treffen in Sofia. Foto: epa/Vassil Donev

SOFIA/SKOPJE: Seit fast zwei Jahrzehnten warten die Staaten des Westbalkans auf einen EU-Beitritt. Inzwischen tut sich da aber kaum noch etwas. Der Kanzler ist innerhalb von zwei Tagen in fünf Länder der Region gereist, um neuen Schwung in die Sache zu bringen.

Bundeskanzler Olaf Scholz dringt auf eine sofortige Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien, das seit fast 20 Jahren auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union wartet. Bei einem Doppelbesuch in den Hauptstädten Skopje und Sofia versuchte er am Samstag, die Beitritts-Blockade durch das EU-Mitglied Bulgarien aufzuweichen. «Die vor zwei Jahren fest zugesagten Beitrittsverhandlungen müssen jetzt beginnen. Ich werde mich jedenfalls dafür stark machen», sagte der SPD-Politiker. «Mein Wunsch: Es soll jetzt klappen.»

Nordmazedonien und Bulgarien waren die letzten beiden Stationen einer zweitägigen Balkan-Reise des Kanzlers, bei der es um die EU-Perspektive für insgesamt sechs Länder der Region ging: Neben Nordmazedonien wollen auch Montenegro, Albanien, Serbien, das Kosovo und Bosnien-Herzegowina Mitglied werden. Allen wurde das bereits 2003 in Aussicht gestellt. Seitdem gab es zwar Fortschritte, inzwischen ist der Prozess aber ins Stocken geraten.

Scholz will nun für eine neue Dynamik sorgen und den sogenannten Berlin-Prozess mit den Anwärtern auf einen EU-Beitritt wieder in Gang bringen. «Alle haben mich dazu aufgefordert. Wir werden dieser Forderung entsprechen», sagte er. Der Kanzler sieht nach dem russischen Angriffs auf die Ukraine auch eine neue Bereitschaft bei vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten, «dass sie diesen Weg des westlichen Balkans in die Europäische Union aktiver unterstützen als das viele Jahre lang der Fall war».

Der nordmazedonische Regierungschef Dimitar Kovacevski machte nach seinem Treffen mit Scholz deutlich, dass sein Land vom EU-Gipfel im Juni eine Bestätigung für den Beginn der Beitrittsverhandlungen erhalten wolle. «Wir erwarten uns einen Schritt, den wir verdient haben.» Nordmazedonien habe große Anstrengungen unternommen und Verwaltung und Justiz reformiert. Auch Scholz erkannte an, dass die Bürger und die Regierung des Landes «sehr hart gearbeitet» hätten, um den Weg für Beitrittsverhandlungen frei zu machen. Nun sollte für diese Anstrengungen die Ernte anstehen.

Nordmazedonien ist seit 17 Jahren EU-Beitrittskandidat. Im Juli 2020 gab die EU-Kommission im Prinzip grünes Licht für konkrete Verhandlungen. Diese werden aber von Bulgarien wegen eines Streits um Geschichtsschreibung und Rechte der bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien blockiert.

Der bulgarische Regierungschef Kiril Petkow beharrte beim Treffen mit Scholz auf Vorbedingungen seines Landes für EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien. Dafür müsse die EU unter anderem garantieren, dass die in Nordmazedonien lebenden Bulgaren in die Verfassung aufgenommen werden, damit ihre Rechte eingehalten würden.

Scholz sagte zum Abschluss der Reise, es gebe viele Probleme auch zwischen den Ländern in der Region. «Die sind bekannt. Aber es sind keine unüberwindbaren Probleme.» Man habe «als Europäische Union hier auch eine Verpflichtung, die Glaubwürdigkeit unserer eigenen Versprechungen umzusetzen und zu realisieren», betonte der Kanzler.

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