Leiche im Amazonasgebiet identifiziert

Britischer Journalist ist tot

Beamte der Bundespolizei kommen mit sterblichen Überresten, vermutlich des Indigenen-Experten Bruno Pereira und des britischen Journalisten Dom Phillips, im Hangar der Bundespolizei an. Foto: Myke Sena/dpa
Beamte der Bundespolizei kommen mit sterblichen Überresten, vermutlich des Indigenen-Experten Bruno Pereira und des britischen Journalisten Dom Phillips, im Hangar der Bundespolizei an. Foto: Myke Sena/dpa

BRASÍLIA: Traurige Gewissheit nach Tagen des Bangens: Dom Phillips und Bruno Pereira sind im brasilianischen Hinterland ums Leben gekommen. Der Reporter und der Indigenen-Experte hatten über illegale Machenschaften berichtet. Das rückte sie offenbar ins Fadenkreuz.

Nach der tagelangen Suche nach einem vermissten britischen Journalisten und einem ebenfalls verschollenen Indigenen-Experten im brasilianischen Regenwald mehren sich die Hinweise auf eine Gewalttat: Die im Amazonasgebiet entdeckten sterblichen Überreste sind Dom Phillips und Bruno Pereira zugeordnet worden, wie die Bundespolizei am Samstag mitteilte.

Die Männer waren bei einer Reise in das Javari-Tal im Westen von Brasilien verschwunden. Beide seien erschossen worden, teilte die Bundespolizei nun mit. Phillips wurde demnach mit Jagdmunition in den Brust- und Bauchbereich getroffen, Pereira erhielt Schüsse in den Oberkörper und den Kopf.

Mittlerweile wurden drei Verdächtigte festgenommen. Einer räumte ein, an dem Mord an den beiden Männern beteiligt gewesen zu sein und führte die Polizei zu menschlichen Überresten. Die mutmaßlichen Mörder handelten nach ersten Ermittlungsergebnissen wahrscheinlich auf eigene Rechnung. «Die Ermittlungen deuten darauf hin, dass die Täter allein gehandelt haben und kein Auftraggeber oder kriminelle Organisation hinter der Tat stand», teilte die Bundespolizei mit.

«Die Bestätigung, dass Dom und Bruno ermordet wurden, lässt uns mit gebrochenen Herzen zurück», hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Familie von Phillips in Großbritannien. «Wir sind allen dankbar, die sich an der Suche beteiligt haben, vor allem den indigenen Gruppen, die ohne Pause nach Beweisen für den Angriff gesucht haben.»

Phillips lebte schon lange in Brasilien und war mit einer Brasilianerin verheiratet. Er schrieb als freier Journalist unter anderem für die britischen Zeitungen «The Guardian» und «The Financial Times» sowie für die US-Zeitungen «Washington Post» und «The New York Times».

Zuletzt recherchierte er für ein Buch über den Schutz des Amazonasgebiets, die starken wirtschaftlichen Interessen an dessen Ausbeutung und verschiedene Entwicklungsmodelle. Das Motiv für den mutmaßlichen Mord war zunächst unklar. Unter anderem prüfen die Ermittler, ob die Tat im Zusammenhang mit illegaler Fischerei oder Drogenhandel steht.

Die Indigenen-Vereinigung des Javari-Tals beklagte den «unschätzbaren Verlust» von «zwei Partnern». Es waren vor allem die Indigenen der Region, die die Suche nach den Vermissten von Anfang an vorangetrieben hatten. Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro hingegen hatte den Männern zunächst eine Mitschuld gegeben. Er sagte, dass Phillips «in der Region schlecht angesehen» gewesen sei und mehr «auf sich selbst» hätte achten müssen.

Phillips und Pereira waren nach Angaben einer regionalen Ureinwohner-Organisation nicht wie geplant am 5. Juni mit dem Boot in der Stadt Atalaia do Norte angekommen. Zuvor hatte Pereira bei der Polizei gemeldet, mehrmals bedroht worden zu sein. Er hatte illegale Machenschaften im Javari-Tal für die Behörden aufgezeichnet.

Sie hätten die Behörden mehrfach über die Aktivitäten von kriminellen Gruppen in der Region aufmerksam gemacht, teilte der Indigenen-Verband Apib mit. «Die Grausamkeit des Verbrechens zeigt, dass Pereira und Phillips einer mächtige Verbrecherorganisation in den Weg gekommen sind, die ihre Spuren um jeden Preis verwischen wollte», hieß es in einer Stellungnahme von Apib.

Die Region ist mit einer Fläche etwas größer als Österreich eines der größten indigenen Gebiete Brasiliens. Viele Indigene leben dort isoliert. Das Grenzgebiet zu Peru und Kolumbien ist durch illegale Goldsuche, Abholzung, Jagd und illegalen Fischfang sowie Drogenschmuggel besonders konfliktreich. Brasilien war der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge im Jahr 2020 das viertgefährlichste Land für Umweltschützer - 20 Naturschützer und Umweltaktivisten wurden dort getötet.

«Der Tod von Dom und Bruno ist eine tragische Erinnerung daran, wie tödlich der Kampf für Landrechte und indigene Gemeinschaften sein kann, insbesondere in Brasilien, das für Land- und Umweltschützer eines der gefährlichsten Länder der Welt ist», hieß es in einer Stellungnahme von Global Witness. «Sie haben sich heldenhaft für den Schutz des Amazonasgebiets und seiner Bewohner eingesetzt und die Lungen unseres Planeten geschützt. Die brasilianischen Behörden müssen den Tod der beiden untersuchen und ihren Familien Gerechtigkeit widerfahren lassen.»

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