BRASÍLIA/HIROSHIMA: In der brasilianischen Delegation beim G7-Gipfel soll es Medienberichten zufolge Verstimmungen geben im Zusammenhang mit dem Überraschungsbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wisse noch nicht, ob er der Bitte Selenskyjs nach einem bilateralen Treffen in Hiroshima nachkomme, berichtete das brasilianische Nachrichtenportal «G1» am Samstag (Ortszeit) unter Berufung auf Quellen aus dem Außenministerium.
Hintergrund ist demnach, dass die Delegation irritiert ist wegen des empfundenen Drucks auf Brasilien und Indien, eine Position anzunehmen, die eher der ukrainischen Sicht auf den russischen Angriffskrieg entspricht.
Auch die Finanznachrichtenagentur Bloomberg meldete unter Berufung auf brasilianische Beamte, Selenskyjs Besuch habe die Delegation entnervt und diese fühle sich nun unter Druck, ein persönliches Treffen mit Lula zu akzeptieren. Lula sei in dieser Frage noch unentschlossen.
Selenskyj war am Samstag als Überraschungsgast im japanischen Hiroshima eingetroffen und hatte am Rande des G7-Gipfels mehrere Staats- und Regierungschefs getroffen, darunter auch den indischen Regierungschef Narendra Modi.
Indien und Brasilien sind als Partnerländer beim Treffen der führenden demokratischen Industriestaaten dabei. Brasilien übernimmt am 1. Dezember von Indien die G20-Präsidentschaft und damit für ein Jahr eine internationale Schlüsselrolle.
Bei einer Videoschalte mit Selenskyj im März hatte der Linkspolitiker Lula erneut für seine Idee für eine internationale Vermittlungsinitiative zur Beilegung des Ukraine-Krieges. Nach umstrittenen Äußerungen zur Rolle der USA und der EU im Ukraine-Krieg bemühte sich Lula zuletzt um eine Schadensbegrenzung. So kritisierte er zum Abschluss eines Staatsbesuchs in Portugal Russlands Angriff auf die Ukraine. Trotzdem forderte Lula, der sich mit China als Vermittler ins Spiel bringen möchte, keinen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine.