Brasilien droht Rückzug aus WHO an

BRASÍLIA: Nach dem Rückzug der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) droht nun auch Brasilien mit diesem Schritt. «Die USA sind schon ausgetreten. Entweder die WHO arbeitet ohne ideologische Voreingenommenheit oder wir sind auch draußen», sagte der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro dem Sender CNN Brasil am Freitagabend (Ortszeit). «Wir brauchen keine Leute von außerhalb, die uns Tipps bei der Gesundheit hier geben.»

Ende Mai hatten die USA sich aus der WHO zurückgezogen. Während die Vereinigten Staaten allerdings einer der größten Geldgeber der UN-Sonderorganisation gewesen waren, hatte Brasilien einem Bericht der Zeitung «Folha de S. Paulo» zufolge bereits 2019 aufgehört, Beiträge zu zahlen. Demnach stehen von dem größten Land in Lateinamerika Zahlungen von 33 Millionen US-Dollar aus.

Bolsonaro, der auch als «Tropen-Trump» bezeichnet wird, verwies auf die Kontroverse, die die WHO mit ihren Tests mit Hydroxychloroquin bei der Covid-19-Behandlung verursacht habe. «Wofür braucht man diese WHO? Die WHO hat vor einigen Tagen empfohlen, die Studien zu Hydroxychloroquin nicht fortzusetzen, und jetzt nimmt sie sie wieder auf», sagte der rechte Präsident. Wie Trump verspricht er sich von dem umstrittenen Malariamittel Hilfe gegen die grassierende Coronavirus-Pandemie.

Brasilien entwickelt sich immer mehr zum neuen Zentrum der Pandemie. Die Zahl der gemeldeten Corona-Infizierten ist auf über 646.000 gestiegen. Mehr als 35.000 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Virus bislang gestorben.


Die Finanzen der Weltgesundheitsorganisation

GENF: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt ihr Budget immer für zwei Jahre fest. Die Pflichtbeiträge müssen je zur Hälfte in US-Dollar und in Schweizer Franken gezahlt werden. Sie richten sich nach der Größe des Landes und der Wirtschaftsleistung.

Die Pflichtbeiträge machen allerdings nur rund 20 Prozent des Budgets aus. Der Rest sind freiwillige, meist zweckgebundene Beiträge, etwa für das Programm zur Ausrottung von Polio oder für Impfkampagnen, sowie Spenden von außerhalb. Im Mai 2019 haben die Mitglieder für die Periode 2020 bis 2021 ein Budget von insgesamt 5,8 Milliarden Dollar verabschiedet.

Bei Pflicht- und freiwilligen Beiträgen zusammen waren die USA 2018 bis 2019 nach WHO-Angaben der größte Geldgeber mit 651 Millionen Dollar. Sie finanzierten rund 15 Prozent des Gesamthaushalts. Dahinter folgte die Bill-and-Melinda-Gates-Stiftung mit 520 Millionen Dollar oder gut 12 Prozent.

Deutschland trug mit 229 Millionen Dollar gut fünf Prozent zum Budget bei und war fünftgrößter Geber, hinter den USA, der Gates-Stiftung, der Impfallianz GAVI und Großbritannien. Der chinesische Beitrag lag bei knapp 87 Millionen Dollar.

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