Botschafts-Krimi: Assange kein «Diplomat»

Foto: epa/Facundo Arrizabalaga
Foto: epa/Facundo Arrizabalaga

LONDON/QUITO (dpa) - Sein Lebensraum ist nur ein paar Quadratmeter groß, gefangen in einer Botschaft in London. Nun startet Ecuador eine Offensive, um das für alle Seiten zur großen Belastung gewordene Asyl von Julian Assange zu beenden. Eine Option: Er wird Diplomat. Doch London stellt sich quer.

Seit fünfeinhalb Jahren sitzt Wikileaks-Gründer Julian Assange auf der Flucht vor der Justiz in Ecuadors Botschaft in London fest - nun hat sich die Option, mit einem Diplomatenpass Großbritannien verlassen zu können, zerschlagen. Eine entsprechende Bitte der Regierung Ecuadors um einen Diplomatenstatus für den 46-jährigen Australier lehnte das britische Außenministerium ab. Mit einem solchen Status hätte er bei Verlassen der Botschaft einer Festnahme entgehen und zum Londoner Flughafen fahren können.

«Ecuador weiß, dass der Weg zur Lösung der Angelegenheit ist, dass Julian Assange die Botschaft verlässt und sich der Justiz stellt», teilte am Donnerstag ein Sprecher des Außenministeriums mit. Daher sei ein Ersuchen des südamerikanischen Landes zurückgewiesen worden. Die USA machen Assange für die Veröffentlichung von geheimen US-Dokumenten aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak über die Plattform WikiLeaks verantwortlich.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass er einen ecuadorianischen Pass bekommen hat. Er wird als Julian Paul Assange mit der Nummer 1729926483 im Zivilregister des südamerikanischen Landes geführt. Unter dem linken Präsidenten Rafael Correa wollte man mit dem Asyl für den wegen seiner Veröffentlichungen umstrittenen Assange unterstreichen, dass man eine Politik der «Verteidigung von Menschenrechten» verfolgt und politisch Verfolgten Schutz gewähre. Die einen halten Assange für einen Aufklärer, die anderen für einen Selbstdarsteller, der mit Wikileaks sogar das Leben von Menschen aufs Spiel gesetzt hat.

Correas Nachfolger Lenín Moreno würde den Zustand gerne beenden - das Asyl und dessen Kosten führen immer wieder zu innenpolitischem Streit. Der Australier lebt seit Juni 2012 im selbstgewählten Exil. Er fürchtet, nach Verlassen der Botschaft festgenommen und letztlich an die USA ausgeliefert zu werden.

Im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 veröffentlichte Wikileaks zudem von Hackern gestohlene E-Mails der Demokratischen Partei und schadete damit der gegen Donald Trump unterlegenen Hillary Clinton. Zeitweise wurde Assange in der Zeit in der Botschaft der Internetzugang gekappt.

Zunächst hatte er in der Botschaft Schutz gesucht, um einer Auslieferung nach Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Die schwedische Justiz stellte ihre Ermittlungen im Mai 2017 ein. Die britischen Behörden erklärten jedoch, dass sie ihn wegen eines leichteren Vergehens im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen brisanter Dokumente trotzdem festnehmen würden.

Assange veröffentlichte bei Twitter ein Foto, auf dem er das Trikot der Nationalmannschaft des südamerikanischen Landes trägt. Die ecuadorianische Regierung stellte bislang nicht klar, ob Assange mit der Registrierung auch die Staatsangehörigkeit des Landes erhalten hat. «Die Regierung wird sich nicht zu Gerüchten oder aus dem Zusammenhang gerissenen Gerüchten zu dem Fall äußern», hieß es in einer Mitteilung. Die Anfangsziffer 17 in Assanges Ausweisnummer wird eigentlich an Ecuadorianer vergeben, die in der Hauptstadtprovinz Pichincha geboren wurden. Die Ausweisnummern von Ausländern, die mindestens seit fünf Jahren im Land leben, beginnen mit 30.

Zuvor hatte die ecuadorianische Regierung mitgeteilt, sie strebe ein Vermittlungsverfahren an, um das Asyl zu beenden. Außenministerin María Fernanda Espinosa betonte in Quito, man stehe in «ständigem Kontakt» mit der britischen Regierung. «Wir haben ein enormes Interesse, eine endgültige Lösung für den Fall Assange zu erreichen», sagte Espinosa. Eine Person oder ein Drittland könnte vermitteln - die harte Haltung Londons macht auch diese Option unwahrscheinlich.

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