Bolton sichert Israel und anderen Verbündeten US-Unterstützung zu

Foto: epa/Zurab Kurtsikidze
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JERUSALEM (dpa) - Der angekündigte Abzug der USA aus Syrien weckt Sorgen bei Verbündeten, vor allem den Kurden. Bei einem Israel-Besuch bemüht sich US-Sicherheitsberater Bolton sichtlich, die Alliierten zu beruhigen.

US-Sicherheitsberater John Bolton hat Israel und weiteren Verbündeten am Sonntag die fortwährende Unterstützung der Vereinigten Staaten auch nach einem US-Abzug aus Syrien zugesichert. Ein Abzug aus dem Nordosten Syriens solle so geschehen, «dass die (Terrormiliz) Islamischer Staat geschlagen ist und sich nicht wieder erholen und erneut eine Bedrohung werden kann», sagte Bolton nach einem Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Zuvor hatte Bolton betont, die USA wollten vor ihrem angekündigten Truppenabzug von der Türkei Garantien für die in Syrien kämpfenden Kurden verlangen. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates (NSC) in Washington bestätigte am Sonntag entsprechende Medienberichte.

Die US-Regierung ist unter anderem besorgt darüber, was mit ihren kurdischen Alliierten im Kampf gegen die IS-Terrormiliz geschehen wird, sollte die Türkei sich stärker in Syrien einbringen. Hier geht es vor allem um die Truppen der kurdischen Miliz YPG, die die Türkei als Zweig der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation ansieht.

«Wir denken nicht, dass die Türken Militäroperationen unternehmen sollten, die nicht voll mit den USA abgestimmt sind und denen die USA nicht zugestimmt haben», sagte Bolton. US-Präsident Donald Trump verlange ein entsprechendes Bekenntnis von seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan.

Die Türkei hatte kurz vor Ankündigung des US-Truppenabzugs noch eine Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz in Nordsyrien beginnen wollen. Die YPG beherrscht an der türkischen Grenze Gebiete. US-Außenminister Mike Pompeo sagte Ende der Woche, man wolle sicherstellen, «dass die Türken die Kurden nicht abschlachten». Pompeo will am Dienstag eine Reise durch acht arabische Länder im Nahen Osten antreten.

Der Sprecher des türkischen Präsidenten, Ibrahim Kalin, sagte auf Boltons und Pompeos Bemerkungen hin am Sonntag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, eine Terrorgruppe wie die YPG könne kein Alliierter der USA sein. Mit dem Kampf gegen die PKK und deren syrische Zweige verfolge die Türkei das Ziel, andere Kurden «aus der Tyrannei und Unterdrückung dieser Terrorgruppe zu befreien».

Bolton sagte bei seinem Israel-Besuch, man wolle «die Verteidigung Israels und unserer anderen Freunde in der Region absolut sicherstellen und sich auch um jene kümmern, die mit uns gegen IS und andere Terrorgruppen gekämpft haben». An der US-Unterstützung für Israels Recht auf Selbstverteidigung könne kein Zweifel bestehen, betonte Bolton.

Netanjahu dankte Bolton und kündigte an, er wolle am Montag mit ihm die 1967 eroberten Golanhöhen besuchen - falls das Wetter dies erlaube. Bei einem Besuch des Plateaus werde Bolton «vollkommen verstehen, warum wir die Golanhöhen niemals verlassen werden und warum es so wichtig ist, dass andere Länder dies anerkennen», sagte Netanjahu.

Der Abzug der 2000 US-Soldaten könnte nun deutlich langsamer vorangehen, als Trump dies vor Weihnachten in Aussicht gestellt hatte. «Zeitpläne entstehen aus der Erfüllung von Bedingungen und aus der Schaffung von Umständen, die wir sehen wollen», sagte Bolton. Er deutete auch an, dass die US-Präsenz im Süden Syrien länger erhalten werden könnte als die im Norden des Bürgerkriegslandes.

Die Türkei müsste nach Ansicht von US-Beamten erheblich von den USA unterstützt werden, um die Hauptverantwortung im Kampf gegen den IS in Syrien übernehmen zu können. Das «Wall Street Journal» berichtete am Wochenende unter Berufung auf namentlich nicht genannte hohe Regierungsquellen, die Türkei habe um Hilfe unter anderem für Luftangriffe, Transporte und Logistik gebeten. «Die türkischen Anfragen sind so umfangreich, dass, wenn voll erfüllt, das US-Militär seine Einbindung in Syrien vertiefen würde, statt sie zu reduzieren», heißt es in dem Bericht.

Trump hatte vor Weihnachten den Abzug der US-Truppen aus Syrien angeordnet. Per Twitter gab Trump an, dass Erdogan versichert habe, die Türkei könne die Überbleibsel des IS in Syrien «auslöschen». In dem «Wall Street Journal»-Bericht heißt es, im US-Verteidigungsministerium sei man skeptisch, ob die Türkei die Rolle der USA angemessen ersetzen könne. Bolton wird am Dienstag in der Türkei erwartet.

Am frühen Sonntagmorgen twitterte Bolton eine Warnung an die Adresse der syrischen Regierung, die Gespräche über den US-Abzug nicht als Einladung für den erneuten Einsatz von Chemiewaffen zu verstehen: «Auf jeden Gebrauch wird es eine schnelle, starke Antwort geben.»

Im Rahmen der Reisediplomatie vor dem Abzug der US-Truppen aus Syrien steht auch ein weiteres Treffen zwischen dem türkischen Präsidenten Erdogan und Kreml-Chef Wladimir Putin an. Das meldeten türkische und russische Medien am Sonntag. Der staatlichen türkischen Agentur Anadolu zufolge soll das Treffen noch im Januar stattfinden. Die Türkei unterstützt in Syrien oppositionelle Rebellen, Russland zusammen mit dem Iran die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad.

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Rudolf Lippert 08.01.19 18:27
@Heinz Jörg
die aktuelle Politik Israels, auch die Unfähigkeit die Probleme der Region zu lösen, ist eine andere Sache. Da bin ich auch sehr israelkritisch. Zum wirklichen Landraub mit kriegerischen Mitteln fiel mir ein gutes Beispiel ein, nämlich Finnland. Im Herbst 1939 lud Stalin Regierungsmitglieder Finnlands zu sich ein und präsentierte eine neue Landkarte. Er sagte er sei der Meinung, dass der bisherige Grenzverlauf viel zu nahe an Leningrad/Sankt Petersburg verlief und forderte grosse Gebietsabtretungen Finnlands, sowohl dort in Karelien als auch Petsamo und Salla. Die Finnen lehnten ab und Stalin griff Finnland d e s w e g e n militärisch an. Nach längeren und blutigen Schlachten wurden die 3 Gebiete 1940 bis 1947 in die SU einverleibt. Das war Landraub mit kriegerischen Mitteln. Übrigens wurde das ganze von der Weltöffentlichkeit "vergessen", kaum jemand weiss etwas davon. Ein "vergessener" Krieg um Land. Mal "Winterkrieg" googeln.
Rudolf Lippert 08.01.19 10:50
@Heinz Jörg
Nochmal: Es war kein Landraub mit kriegerischen Mitteln. Nachdem Israel bereits 1948 und 1956 mit massiven militärischen Mitteln von seinen Nachbarn angegriffen wurde, geschah es wieder im Juni 1967, wieder mit dem klaren Ziel Israel zu vernichten. Allein Ägypten fuhr mit 1.000 Panzern und 100.000 Soldaten an der Grenze auf. Aus israelischer Sicht hat sich glücklicherweise die israelische Armee durchsetzen können und sogar den Gaza Streifen, die Sinai Halbinsel, die Golan Höhen, das Westjordanland und Ostjerusalem besetzen können. Nach drei erlebten Angriffskriegen hat Israel die Gebiete besetzt gehalten um aufgrund seiner geopraphisch extrem verletzlichen Lage besser gefeit zu sein. Auf die UNO konnte Israel schon bei seiner Gründung nicht zählen, daher rief David Ben Gurion am 14.5.1948 den Staat Israel aus. Aus meiner Sicht tut Israel gut daran die besetzten Gebiete weiter einzubehalten. Ich sehe da keinen "Landraub mit kriegerischen Mitteln".
Rudolf Lippert 07.01.19 22:14
@Heinz Jörg: Landraub mit kriegerischen Mitteln
Ihr Beitrag zeichnet sich durch mangelnde Geschichtskenntnis aus.