Friedrichs Anschieber Margis wechselt zum Rivalen

Bob-Beef  

Weltmeisterschaft, Zweierbob, Männer, 4. Durchgang, in der Olympia Bob Run St. Moritz – Celerina. Weltmeister Johannes Lochner (r) steht neben dem Zweitplatzierten Francesco Friedrich im Ziel. Foto: Robert Michael/dpa
Weltmeisterschaft, Zweierbob, Männer, 4. Durchgang, in der Olympia Bob Run St. Moritz – Celerina. Weltmeister Johannes Lochner (r) steht neben dem Zweitplatzierten Francesco Friedrich im Ziel. Foto: Robert Michael/dpa

ALTENBERG: Vor dem ersten Saisonrennen knistert es zwischen den Bob-Dauerrivalen Friedrich und Lochner. Es geht um die Abwerbung der Anschieber und um mögliche Insider-Infos.

Noch bevor das Donnern der Kufen in der anspruchsvollen Bahn in Altenberg beim Weltcupstart zu hören ist, knistert es mächtig im deutschen Bob-Team. Ausgerechnet die beiden Platzhirsche Francesco Friedrich und Johannes Lochner liefern sich einen Kampf um die erfahrensten Anschieber.

Wie vor dem Saisonstart an diesem Samstag im Zweierbob öffentlich wurde, wechselt Friedrichs langjähriger Stammanschieber Thorsten Margis ins Team von Lochner, um 2026 bei den Olympischen Winterspielen in Cortina D'Ampezzo und Mailand Gold im Viererbob zu gewinnen - gegen Friedrich.

«Thorsten hatte sich nach der Saison entschieden aufzuhören. Und dann hat er sich mit Hansi verbrüdert und fährt im kommenden Jahr mit Hansi», sagte ein sichtlich verbitterter Friedrich.

Topsprinter für Friedrich

Sportlich ist der Wechsel des 35 Jahre alten Margis auf den ersten Blick zu kompensieren, denn Friedrich hat in Simon Wulff ab sofort einen der besten deutschen Sprinter im Schlitten. Mit 10,06 Sekunden ist Wulff immerhin der viertschnellste deutsche 100-Meter-Sprinter - und geht mit Friedrich beim Heim-Weltcup in Altenberg an den Start. «Der wird richtig durchstarten», sagte Cheftrainer René Spies der Deutschen Presse-Agentur.

Doch in dem Wechsel des eigentlich schon zurückgetretenen viermaligen Olympiasiegers Margis steckt mehr Brisanz. «Er hat viel Knowhow. Er wusste schon am meisten, wo der Hase langläuft. Es ist schon sehr speziell, das muss man zugeben», sagte Friedrich. Immerhin war Margis eine absolute Vertrauensperson. Nun könnte das ansonsten immer abgeschirmte Wissen um Kufen und technische Extras ein Faktor für Konkurrent Lochner werden.

Margis hatte Spaß verloren

In der Vorsaison hatte Margis schon «den Spaß verloren. Es war eine toxische Stimmung im Team», sagte der beim SV Halle trainierende Anschieber der «Mitteldeutschen Zeitung». Knifflig wird es nun auch, weil sein Hallenser Trainingskollege Alexander Schüller weiter für Friedrich fährt. Der acht Jahre jüngere Anschieber bekam auch beim WM-Gold im Zweierbob zuletzt in Winterberg den Vorzug. Das wurmte den ehrgeizigen Margis.

Allerdings profitierte Friedrich bei der Heim-WM vom schweren Lochner-Sturz kurz zuvor in Altenberg. So kam der Berchtesgadener als Titelverteidiger mit Georg Fleischhauer nur auf Rang drei, nachdem er die ganze Saison im kleinen Schlitten dominiert hatte.

Pikant: Nachdem Lochner nicht deutlich genug kommuniziert hatte, ob er bis Olympia 2026 weiter machen würde, fragte Friedrich im März bei seinem ehemaligen Anschieber Fleischhauer an. Das stieß seinem bayerischen Rivalen «Hansi» mächtig auf. «Er hat sich einen Schiefer eingezogen, das kriegt er zurück», sagte der 34 Jahre alte Lochner und drohte in Richtung des Sachsen: «Man sollte mich nie ärgern.»

Zwischenmenschliche Probleme vorprogrammiert

Cheftrainer Spies befürchtet jetzt einige Wolken im zwischenmenschlichen Bereich. Doch der nun ernster geführte Konkurrenzkampf pusht die beiden 34-Jährigen ungemein. «Dass es Richtung Olympia härter wird, ist auch klar. Es geht aber letztlich um Gold. Franz will Gold gewinnen. Und Hansi will auch Gold gewinnen», meinte Spies.

Das seit über einem Jahrzehnt nach außen getragene Kumpeldasein zwischen den gleichaltrigen Dauerrivalen bekam schon erste Risse bei den Olympischen Winterspielen in Peking 2022, als Lochner mit einem anderen Prototypen eine Bestzeit nach der anderen ins Eis zauberte. Plötzlich wackelte der deutsche Fahnenträger Friedrich. In einer Nacht-und-Nebelaktion wechselte der Perfektionist den Zweierbob und holte erneut Gold - und dann sein zweites Olympia-Double nach 2018.

Lochner wurde wie fast immer mit Ausnahme seines WM-Titels 2023 in St. Moritz (Zweierbob) einmal mehr Zweiter. Dann startete der Bayer mit dem bei Friedrich nicht mehr berücksichtigten Fleischhauer eine Siegesserie im kleinen Schlitten.

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