EU könnte mit Krypto-Ideen weltweiter Vorreiter sein

​​Bitcoin, Ether & Co. 

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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BRÜSSEL/BERLIN: Bitcoin, Libra und Co.: Digitalwährungen gelten für Anhänger als «Geld der Zukunft». Doch Kritiker beklagen fehlende Kontrolle und damit eine Anfälligkeit für Missbrauch durch Kriminelle und Terroristen. Deshalb will die EU-Kommission nun Regeln aufstellen.

Die Ideen der EU-Kommission zur Regulierung von Kryptowährungen bieten nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom gute Chancen für Werte wie Bitcoin. Diese könnten mithilfe des Entwurfs der Brüsseler Behörde deutlich an Fahrt gewinnen, teilte der Verband mit. «Die EU harmonisiert den bestehenden Regulierungs-Flickenteppich bei Kryptowerten und kann damit eine weltweite Vorreiterrolle einnehmen», sagte der Blockchain-Experte des Verbands, Patrick Hansen.

An diesem Donnerstag will die EU-Kommission einen Vorschlag zur Regulierung von Kryptowährungen vorlegen. Dem Vernehmen nach will die Behörde dabei unter anderem einheitliche Regeln für Kryptowerte wie Bitcoin schaffen. Strengere Auflagen solle es für Digitalwährungen - sogenannte Stablecoins - wie das Facebook-Projekt Libra geben. Hierfür soll die Aufsicht von der nationalen auf die europäische Ebene übertragen werden. Die Kommission plant demnach auch ein sogenanntes Pilotregime, um ein System der verteilten Kassenbücher («Distributed Ledger Technology») zu ermöglichen. Damit wird deutlich weniger Energie verbraucht als etwa beim «Schürfen» der Bitcoins.

Bitkom-Experte Hansen betonte, diese Schritte verbunden mit Rechtssicherheit könnten «zahlreiche Krypto-Unternehmen nach Europa locken» - Voraussetzung sei aber ein Binnenmarkt, in dem nationale Lizenzen in der ganzen Gemeinschaft gelten und übertragbar sind. «Die EU kann mit ihrer Regulierung weltweite Standards setzen und sich einen globalen Standortvorteil aufbauen», sagte Hansen. Zugleich warnte er vor zu hohen Anforderungen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass etwa Start-ups ausgeschlossen werden.

Der europäische Verbraucherverband Beuc teilte mit, Kryptowährungen müssten in der gesamten EU reguliert werden. Deshalb unterstütze er Regeln auf europäischer Ebene. In einem Positionspapier betont der Verband seine Bedenken. So sei die Gefahr hoch, dass Verbraucher ihre Investitionen leicht verlieren, hinzu kämen das Betrugsrisiko sowie Haftungsfragen. «Für jede Art von Krypto-Assets müssen die Verbraucherschutzregeln geklärt werden.»

Zuletzt hatten Deutschland und vier andere EU-Staaten strikte Regeln für neue Digitalwährungen wie Libra gefordert und sich ein Verbot vorbehalten. Sie forderten klare Regeln, insbesondere mit Blick auf Terroraktivitäten und Geldwäsche. Auch die EU-Kommission hatte in der Vergangenheit ihre Skepsis ausgedrückt.

Libra wurde vom Online-Netzwerk Facebook für Geschäfte im Internet angekündigt und soll nach längerer Vorbereitung Ende des Jahres an den Start gehen. Die Idee ist, dass Libra mit etablierten Währungen wie Euro oder Dollar gekauft werden kann. Der Kurs von klassischen Kryptowährungen wie Bitcoin schwankt dagegen sehr. So lag der Bitcoinkurs Anfang des Jahres noch bei rund 6400 Euro. Im August stieg er zeitweise auf mehr als 10.000 Euro, um dann wieder auf unter 9000 Euro zu fallen.


Die wichtigsten Kryptowährungen der Welt

FRANKFURT/MAIN: Krypto- oder Digitalwährungen gibt es noch nicht besonders lange. Entstanden sind sie mit der großen Finanzkrise vor etwas mehr als zehn Jahren. Die neuartigen Anlageformen haben viele Fans, aber auch zahlreiche Gegner. Befürworter schätzen vor allem die Freiheit vor staatlichem Zugriff, Kritiker sehen genau darin ein Einfallstor für Missbrauch. Das soll sich ändern: Die EU-Kommission will das bisher weitgehend ungeregelte Digitalgeld regulieren. Welche Kryptowährungen wären betroffen? Ein Überblick:

BITCOIN: Der Bitcoin ist die bei weitem älteste und bekannteste Digitalwährung. Er hat zudem mit aktuell etwa 60 Prozent den größten Marktanteil unter den derzeit rund 7000 Kryptowährungen. Entstanden ist der Bitcoin zu Zeiten der Finanzkrise 2008. Sein Erfinder ist bis heute nur unter einem Decknamen bekannt. Wichtigste Merkmale des Bitcoin sind seine dezentrale Organisation und die Verwendung der Datenbanktechnik «Blockchain». Beides zusammen sichert den Bitcoin-Nutzern ein hohes Maß an Anonymität: Zahlungen in Bitcoin sind praktisch nicht nachzuverfolgen.

ETHER: Ether ist nach Bitcoin die zweitgrößte Digitalwährung der Welt. Ihr Marktanteil beträgt etwas mehr als zehn Prozent. Kennzeichnend für Ether ist zum einen die ebenfalls dezentrale Organisation des zugrundeliegenden Netzwerks Etherum. Zum anderen - und das ist ein wichtiger Unterschied zum Bitcoin - liegt ein Schwerpunkt von Ether auf «intelligenten Verträgen». Bei diesen sogenannten Smart Contracts handelt es sich im Grunde um kleine Computerprogramme, die Verträge nach der Zahlungsabwicklung quasi automatisch ausführen können. Ähnlich wie der Datenbanktechnik Blockchain wird Smart Contracts eine große Zukunft vorhergesagt.

TETHER: Tether gehört zu den «Stable Coins», deren Wert durch die Unterlegung mit klassischen Anlagen garantiert wird. Im Fall von Tether ist es die weltgrößte Währung US-Dollar. Dadurch wird jedoch eine wichtige Idee des Kryptowährungskonzepts verletzt, nämlich die Unabhängigkeit von staatlichen Institutionen. Dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - erfreut sich Tether großer Beliebtheit. Ein Vorteil der Anbindung an den US-Dollar ist nämlich, dass der Kurs im Vergleich zu anderen Digitalwährungen weniger stark schwankt. Allerdings gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Zweifel, ob die behauptete Deckung mit US-Dollar den Tatsachen entspricht.

LIBRA: Ähnlich wie Tether ist Libra eine Digitalwährung nach dem Prinzip «Stable Coins», jedoch mit zwei gewaltigen Unterschieden. Erstens: Es gibt sie noch gar nicht. Zweitens: Hinter Libra steht mit Facebook eines der mächtigsten Technologieunternehmen der Welt. Die Idee von Libra ist, einer Digitalwährung auf breiter Front den kommerziellen Durchbruch zu verschaffen. Das Problem: Staatliche Institutionen sind davon überhaupt nicht begeistert. Zwar untersuchen auch Staaten und Zentralbanken seit längerem, wie sie sich das Konzept digitaler Währungen nutzbar machen können. Sie lassen sich dabei aber nicht gerne das Zepter aus der Hand nehmen. Auf entsprechend großen Widerstand stößt daher die von Facebook initiierte «Libra Association» mit ihrem Vorhaben.

DIGITAL-YUAN: Schon länger arbeitet China an der digitalen Variante seiner Währung Yuan oder Renminbi. Das Vorhaben steht im klaren Gegensatz zu den freiheitlichen Ideen, die die Vordenker digitaler Währungen einst hatten. Denn eine staatlich unkontrollierte, dezentrale Währung mit anonymisierten Zahlungsvorgängen ist sicherlich nicht das, was die politische Führung der Volksrepublik im Sinn hat. Im Gegenteil dürfte ihr eher daran gelegen sein, Zahlungsvorgänge und damit verbundene Geschäfte möglichst engmaschig zu kontrollieren. Der Digital-Yuan kann damit als eine Art Gegenentwurf zur Ur-Kryptowährung Bitcoin angesehen werden.

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