USA würden Taiwan bei Angriff verteidigen

​Biden warnt China 

Joe Biden, Präsident der USA, spricht über seinen Infrastrukturplan und seine innenpolitische Agenda während eines Besuchs im Electric City Trolley Museum. Foto: Susan Walsh/Ap/dpa
Joe Biden, Präsident der USA, spricht über seinen Infrastrukturplan und seine innenpolitische Agenda während eines Besuchs im Electric City Trolley Museum. Foto: Susan Walsh/Ap/dpa

WASHINGTON/PEKING: Bisher haben die USA bewusst offen gelassen, ob sie Taiwan bei einer Invasion durch China militärisch zu Hilfe kommen würden. US-Präsident Biden lässt daran keinen Zweifel. Schaukelt sich der Konflikt hoch?

In den Spannungen um Taiwan hat US-Präsident Joe Biden deutlicher als seine Vorgänger zugesagt, dass die USA die demokratische Inselrepublik im Falle eines Angriffs durch China verteidigen würden. Die US-Regierung habe eine «Verpflichtung», dies zu tun, sagte Biden im TV-Sender CNN. Die USA suchten keinen Konflikt mit China, aber Peking müsse verstehen, «dass wir keinen Schritt zurück machen werden, dass wir unsere Positionen nicht ändern werden», sagte Biden am Donnerstag Ortszeit. China reagierte am Freitag empört, während Taiwan die Beistandserklärung begrüßte.

Die kommunistische Führung in Peking betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet - was bislang vor allem Waffenlieferungen bedeutete. Die Frage nach einem militärischen Beistand im Angriffsfall wurde bewusst offengelassen, weil es von Peking als Verstoß gegen dessen «Ein-China-Doktrin» gesehen würde. Mit dieser «strategische Mehrdeutigkeit» der USA sollte Peking unsicher bleiben, was die USA im Kriegsfall tun würden.

Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin wies Bidens Äußerungen scharf zurück. Taiwan sei eine innere Angelegenheit Chinas, in die sich niemand einmischen dürfe. Die USA sollten dem Ein-China-Grundsatz folgen und «umsichtig handeln und sprechen». Auch sollten sie davon absehen, «irgendwelche falschen Signale an die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan zu senden». «Taiwan ist ein untrennbarer Teil chinesischen Territoriums.» Niemand solle die Entschlossenheit Chinas unterschätzen, seine territoriale Integrität aufrechtzuerhalten.

Die Äußerungen, Taiwan auch militärisch zur Seite stehen zu wollen, fielen bei einem TV-Gespräch in Baltimore. Nach der Frage eines Bürgers hakte CNN-Moderator Anderson Cooper nach und fragte Biden mit Blick auf China: «Sagen Sie, dass die Vereinigten Staaten Taiwan verteidigen würden, falls es versuchen würde, anzugreifen?» Biden antwortete daraufhin: «Ja, wir haben eine Verpflichtung, das zu tun.»

Eine solche militärische Beistandserklärung hatten die USA in Asien bislang den engen Verbündeten Japan und Südkorea vorbehalten, wo die US-Streitkräfte auch jeweils eine Militärpräsenz haben. Zuletzt hatten sich die Spannungen um Taiwan deutlich verstärkt. Eine Rekordzahl chinesischer Militärflugzeuge war wiederholt in Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung (ADIZ) eingedrungen, um die Luftabwehr auf die Probe zu stellen.

Taiwans Regierung begrüßte die amerikanische Haltung. «Seit Bidens Amtsübernahme hat die US-Regierung kontinuierlich durch praktische Schritte ihre felsenfeste Unterstützung für Taiwan demonstriert», sagte ein Präsidentensprecher in Taipeh. Taiwan sei seiner Selbstverteidigung verpflichtet und wolle mit gleichgesinnten Ländern zusammenarbeiten, um zu Frieden und Stabilität in der indopazifischen Region und der Taiwanstraße beizutragen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin äußerte sich am Freitag etwas zurückhaltender. Man werde Taiwan weiterhin helfen, sich selbst zu verteidigen, sagte er bei der Nato-Verteidigungsministerkonferenz in Brüssel. Darauf konzentriere man sich. «Ich werde mich nicht auf irgendwelche hypothetischen Überlegungen in Bezug auf Taiwan einlassen», so Austin weiter.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, schien am Freitag bemüht, Bidens Aussagen zu relativieren - ohne ihrem Chef dabei direkt zu widersprechen. «Es gibt keine Veränderung der US-Politik», sagte Psaki. Die USA würden Taiwan weiter unterstützen, «eine ausreichende Fähigkeit zur Selbstverteidigung» zu haben, betonte sie.

Die US-Politik gegenüber Taiwan stützt sich auf den «Taiwan Relations Act», den der US-Kongress 1979 verabschiedet hatte. Damals hatten die USA diplomatische Beziehungen zu China aufgenommen und deswegen ihr Verhältnis zu Taiwan auf eine inoffizielle Stufe stellen müssen. In dem Gesetz verpflichten sich die USA, Taiwan «Waffen defensiver Art» zu liefern und «Taiwan in die Lage zu versetzen, eine ausreichende Selbstverteidigungsfähigkeit zu wahren».

Jeder Versuch, «die Zukunft Taiwans mit anderen als friedlichen Mitteln zu bestimmen», wird darin auch als Bedrohung des Westpazifiks und große Sorge der USA definiert. Die US-Streitkräfte sollten ihre Fähigkeit wahren, «sich jeder Gewaltanwendung oder anderer Form von Nötigung zu widersetzen, die die Sicherheit oder das soziale und wirtschaftliche System des taiwanesischen Volkes gefährdet».

Vor zwei Wochen hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping den Druck auf Taiwan erhöht, indem er eine «Wiedervereinigung» forderte, die am besten friedlich erfolgen sollte. Er warnte, dass eine Abspaltung Taiwans ein «böses Ende» nehmen werde. Taiwans Regierung wies die Aufforderung zurück. Die Inselrepublik sei ein «souveränes und unabhängiges Land und nicht Teil der Volksrepublik China», sagte ein Präsidentensprecher. Die Zukunft des freiheitlichen Landes werde von den Taiwanern entschieden.

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Leserkommentare

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Ling Uaan 23.10.21 19:40
Khun Ole Bayern
mei, Vergleiche hinken immer, aber auch die Vietnamesen waren vor 40 Jahren nicht grad eine hochgerüstete Supermacht.

Sicherlich ist China von den reinen Zahlen her weit überlegen, aber die werden und können nicht alles in einen Feldzug gegen Taiwan in die Waagschale werfen. Sie müssen an Ihren Grenzen und den besetzten Gebieten (Kaschmir, Tibet) massive Präsenz zeigen, können die Flanken nicht entblößen. Die Atomwaffen werden sie wohl nicht gegen Taiwan einsetzen, wohingegen die Taiwanesen alles in den Kampf werfen können und auch werden.

Das relativiert die vermeintlich zahlenmäßige Überlegenheit schon mal deutlich. Und technologisch und militärtechnisch gesehen sind die Taiwanesen bestimmt ebenbürtig. Und last but not least müssen die Chinesen erst mal alles übers Meer bringen.

Ansonsten stimme ich Ihren diesbezüglichen Äußerungen zu, genauso wie denen von Khun Theo Swisshai.

Wollen wir hoffen dass es nicht soweit kommt, denn wer immer da vermutlich nach Jahren „gewinnen“ sollte bekommt eine komplett zerstörte Insel. Und wir noch viel mehr Chip Knappheit.
TheO Swisshai 23.10.21 19:40
@Ole Bayern / Einzig richtiger Lösungsansatz
Sie haben vollkommen recht, das einzig richtige Vorgehen ist die Anerkennung Taiwans als souveräner Staat, durch den Rest der Welt. Kein Staat kann Interesse an einem 3. Weltkrieg haben.

Leider ist die UNO dazu nicht fähig. Hier zeigt sich wiedermal die Veto-Regel-Problematik der UNO.

Um solche Kriege zu verhindern, muss die Veto-Regelung zwingend abgeschafft werden.

Leider besteht dazu kein grosses Bedürfnis.

Die Menschheit ist für eine friedliche Welt noch nicht bereit.
TheO Swisshai 23.10.21 19:10
@Ole Bayern / Auf dem Papier
Theorie und Praxis ist ein Unterschied.

Die USA gegen die Taliban, hat auf dem Papier auch nach einer klaren Sache ausgesehen.

Schon seit David gegen Goliath weiss man, dass nicht immer der vermeindlich Stärkere den Krieg gewinnt.

Ole Bayern 23.10.21 18:40
Bei allem Respekt - Herr Uaan ,
... Sie können doch nicht ernsthaft China vor 50 Jahren mit dem heutigen China vergleichen . Seinerzeit war China selbst ein Entwicklungsland und hatten im Vietnam - Krieg nur Eines zu bieten - Menschenmassen -.
Diese Zeiten sind vorbei , China ist militärtechnologisch extrem entwickelt . Satelittengestützte Lenkwaffensysteme und modernste Kernwaffen sind in deren Portfolio . Die rennen doch nicht mehr auf den Feind los wie vor 50 Jahren mit Holzgriff - Kalaschnikow´s , die auch nur Einige hatten.
Ja , Taiwan kann und wird sich verteidigen , nur wie lange ?
Auf die USA braucht Taiwan nicht zu hoffen , die werden, sich zumindest in Großen Stil, nicht in einen etwaigen Konflikt im chinesischen Meer einmischen . Das halte ich für ausgeschlossen , Amerika ist derzeit zahnlos ..... außenpolitsch und innenpolitisch aufgestellt .
Drohen ist deren einzige derzeitige Stärke , ähnlich wie Nordkorea.
Ich bin nach wie vor der Meinung, welche ich u.a. auch hier im Forum schon mehrmals kundtat .
China ist für mich derzeit die größte Gefahr für den Frieden , und das nicht nur in SO - Asien .
China nutzt die eigene wirtschaftliche Macht zu Lasten der Anrainerstaaten als auch der Weltgemeinschaft schamlos aus.
Alle demokratischen westlichen Staaten sollten Taiwan schnellstmöglich diplomatisch anerkennen, in einer gemeinsam getragener Aktion.
Das würde China ggf. aufhalten gegen Taiwan militärisch vorzugehen .

Wie immer .... nur meine Meinung

VG Ole
Ling Uaan 23.10.21 18:00
Biden ist bestimmt nicht blauäugig,
bei dem gilt America first noch mehr als bei seinem Vorgänger, obwohl er dessen Slogan so nie in den Mund nehmen würde. Er macht es einfach.
Und was die Zusage wert ist wird sich ja zeigen, die Kurden können von der Bündnistreue der USA ein Lied singen.

Und klar kann sich Taiwan selbst verteidigen. Genauso wie sich Vietnam dem Chinesischen Angriff 1979 erfolgreich zur Wehr setzten, obwohl damals eine große Anzahl ihrer Streitkräfte in Kambodscha die Khmer Rouge erledigten und Vietnam einen Zweifrontenkrieg führte. Nach kurzen und sehr verlustreichen Kämpfen zog sich China schlauerweise aus Vietnam zurück.
Nino 23.10.21 17:30
Verteidigen?
Es ist schon etwas verwunderlich. Da finanziert Taiwan den 3-Schluchten Damm aber China meint immer noch, und das nun seit Jahrzenten, das Taiwan Teil von China ist. Die Bündnistreue der USA ist mehr als zweifelhaft. Sie NATO oder auch Afghanistan. Darauf sollte sich Taiwan also nicht verlassen
Ole Bayern 23.10.21 17:07
Herr Pires....Sie liegen falsch .... denn....
... Aktive Soldaten Taiwan ca. 150.000 , Reservisten: 1.500.000 , Militärbudget 13 Mrd $
....Aktive Soldaten China ca. 2.200.000 Reservisten: eigentlich unendlich, Militärbudget 250 Mrd $

Wenn es zum Krieg kommen sollte , was hoffentlich nicht passiert , hat Taiwan gegen China die gleichen Chancen wie z.B. San Marino gegen Italien .... nämlich gar Keine !

VG Ole
Dracomir Pires 23.10.21 16:20
Kerp und Amiguet haben keine Ahnung
Klar ist Biden blauäugig. Aber die kommunistischen Chinesen werden das schwerbewaffnete demokratische Taiwan nicht zu erobern versuchen. Die Insel ist militärisch absolut in der Lage, die Schiffe der Kommunisten abzuwehren. Zudem bleibt den USA gar nichts anderen übrig, als die Insel zu verteidigen, sonst würden die Kommunisten noch andere Länder bedrohen und die Amis würden ihre gesamte Verteidigungs-Glaubwürdigkeit bei ihren Partnern verlieren. Ein Angriff Chinas auf Taiwan könnte den Dritten Weltkrieg auslösen. Dies wissen auch die Kommunisten und sie werden sich deshalb hüten, den ersten Stein zu werfen.
Ingo Kerp 23.10.21 14:50
Ein Angriff auf CHN, wenn diese Taiwan angreifen, was Biden vorhergesagt hat, wäre das Ende seiner Präsidentschaft. Die Amerikaner wollen keine Weltpolizei mehr sein und Kriege führen, bei denen sie Soehne und Väter verlieren in und für ein Land, in dem sie nicht zu suchen haben. Ob die großmäulige Biden Ankündigung, das die USA mehr oder weniger milit. unschlagbar seien, würde sich dabei herausstellen. Die USA gegen CHN wegen eines "Staates", den die USA überhaupt nicht anerkennen, das hat schon eine neue Dimension, so es denn so käme.
Rene Amiguet 22.10.21 17:30
Nicht weiser Präsident
Das dem Mr. Biden das Format eines Präsidenten der USA bei weitem fehlt hat er schon einmal bewiesen mit dem allzu hastigen Abzug aus Afghanistan. Jetzt ist er dabei noch einen fataleren Fehler zu begehen! Ob China der USA militärisch auch überlegen ist wird sich ja dann heraus stellen falls er den Befehl geben würde Taiwan aktiv militärisch zu unterstützen. Taiwan hat ohnehin bereits ein US Waffen Arsenal. Es wäre weise bei einem allfälligen kriegerischen Konflikt das Leben der Soldaten der US Army zu schützen und zuhause zu bleiben. Wenn Taiwan auf seinem Standpunkt bestehen bleibt wird das bestimmt zum Krieg zwischen China und Taiwan führen. Wer daraus als Gewinner hervor geht kann man sich ja vorstellen. Die verheerenden historischen Erinnerungen sollte kein Amerikaner und vor allem auch der US Präsident niemals vergessen. Wir können nur hoffen das in Taiwan die Vernunft siegen wird eine politische Lösung mit China angestrebt wird.