Biden hadert mit Erbe von Trumps Nordkorea-Diplomatie

Der US-Präsident Joe Biden in Tokio. Foto: epa/David Mareuil
Der US-Präsident Joe Biden in Tokio. Foto: epa/David Mareuil

SEOUL: Donald Trump versuchte es mit Beschimpfungen, mit Drohungen und mit Schmeicheleien. Der Atom-Konflikt mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un blieb jedoch ungelöst. Nachfolger Joe Biden setzt nun auf leise Töne - und mehr Manöver.

Der frühere US-Präsident Donald Trump veräppelte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un als «kleinen Raketenmann», drohte dem international isolierten Land mit Vernichtung - und ebnete damit den Weg für Verhandlungen. Seine drei Treffen mit Kim zwischen Juni 2018 und Juni 2019 inszenierte er mit viel Pomp. Kim durfte sich an seiner Seite auf der Weltbühne präsentieren. Trump bezeichnete ihn sogar als «Freund», sich selbst feierte er als diplomatisches Genie. Doch letztlich hielt der Diktator aus Pjöngjang an seinem Raketen- und Atomwaffenprogramm fest. Trumps Initiative scheiterte.

Nachfolger Joe Biden hingegen übt sich seit seinem Amtsantritt vor knapp eineinhalb Jahren gegenüber Nordkorea vor allem in leisen Tönen. So auch bei seinem dreitägigen Staatsbesuch in Südkorea, der am Sonntag zu Ende ging. An der innerkoreanischen Grenze stehen sich weiter eine Million schwer bewaffnete Soldaten gegenüber. Kim baut sein Atomprogramm aus. Er nimmt dabei auch internationale Sanktionen in Kauf. Für das Regime in Nordkorea gilt das Programm als Überlebensgarantie.

Dieses Jahr gab es bereits mehr als ein Dutzend Raketentests - auch einer Interkontinentalrakete, die das Festland der Vereinigten Staaten erreichen könnte. Zudem befürchten Südkorea und die USA, dass Nordkorea einen neuen Atomversuch unternimmt. UN-Resolutionen verbieten dem Land eigentlich Tests ballistischer Raketen jeglicher Reichweite. Biden setzt derweil weiter auf Appelle, Verhandlungen ohne Vorbedingungen zu beginnen. Selbst ein Treffen mit Kim schloss Biden am Wochenende nicht aus, falls dieser «ehrlich» agiere und es «ernst» meine.

Doch Nordkorea ignoriert solche Angebote. Der Streit ums nordkoreanische Atomprogramm ist ein verzwickter Konflikt ohne einfache oder gute Lösungen. Experten halten ihn für eine der weltweit gefährlichsten Bedrohungen. Auch mehrere andere US-Präsidenten kamen bei dem Thema nicht voran.

Und auch Biden scheint außer Appellen keinen neuen Plan zu haben. Zusammen mit Südkoreas neuem Präsidenten Yoon Suk Yeol verurteilte er die Raketentests und forderte zu Abrüstung auf. Beide kündigten jedoch auch an, die gemeinsamen Manöver ihrer Streitkräfte ausbauen zu wollen. Das dürfte Kim provozieren, der darin Kriegstreiben sieht.

Zudem ließ Biden keinen Zweifel daran, dass die USA bei Bedarf weiter die «volle Bandbreite» ihrer militärischen Fähigkeiten zur Verteidigung Südkoreas einsetzen würden - einschließlich Atomwaffen. Diese Strategie der Abschreckung soll Nordkorea von einem Angriff abhalten. In Südkorea sind gut 28.000 US-Soldaten stationiert. Die Sicherheitszusagen der USA sind für den Verbündeten extrem wichtig.

Dass sich beide Seiten jetzt darüber hinaus auf Diskussionen über den Ausbau der Militärübungen und die Wiederbelebung einer gemeinsamen Konsultationsgruppe für Fragen der erweiterten Abschreckung einigten, ist nach Ansicht südkoreanischer Kommentatoren für Yoon von großer Bedeutung. Der frühere Staatsanwalt ist erst seit dem 10. Mai im Amt. Er ist noch dabei, seinen Kurs gegenüber Nordkorea zu finden.

Im Wahlkampf deutete er eine härtere Gangart an und machte eine Stärkung der Allianz mit den USA zu einem seiner wichtigsten Versprechen. Doch weiß auch Yoon, dass dies ein schwieriger Balanceakt sein kann. Beim Treffen mit Biden erläuterte er einen «kühnen Plan», Nordkoreas wirtschaftlichen Aufbau zu unterstützen, sobald das kommunistische Nachbarland mit atomarer Abrüstung beginnt.

Für Biden schien Nordkorea bislang keine Priorität zu sein. Neue Raketentests wurden entweder ignoriert oder schlicht mit den üblichen Worten verurteilt. Biden betonte am Sonntag jedoch, die USA seien auf alle möglichen Handlungen Nordkoreas vorbereitet. Auf die Frage, ob er eine Botschaft für Kim habe, sagte er lediglich: «Hallo.» Der Kontrast zum Vorgänger könnte kaum größer sein: Trump drohte Kim nach seinem Amtsantritt 2017 gar biblisch mit «Feuer und Zorn».

Doch dann traf Trump sich als erster Präsident der Vereinigten Staaten mit einem Herrscher des totalitär geführten Landes. Im Gegenzug für Abrüstung stellte er eine boomende Wirtschaft in Aussicht. Bisweilen kokettierte er damit, für die Entschärfung des Konflikts womöglich den Friedensnobelpreis verdient zu haben. Daraus wurde nichts. Trump brüstete sich auch damit, einen Krieg verhindert zu haben. In den Augen der meisten Beobachter erreichte er letztlich jedoch nichts.

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Leserkommentare

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Strauss 29.07.22 18:23
Nein Ingo , nicht ganz so....
Bis 1960 tobten in Korea Kriege und Scharmützel Nord gegen Süd. Nur dank den AMIS konnten sich die Südkoreaner ihre Eigenständigkeit bewahren.
Strauss 29.07.22 15:31
Korea Konflikte sind Peanuts......
Das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Da wo die Russen sind und hin wollen muss Obacht gegeben werden,
um den Weltfrieden auch für kommende Generationen, so gut es geht , zu sichern.
Kein cm gegen Europa darf denen zugestanden werden. Mit einem Schurkenstaat alle Beziehungen abbrechen. Welcher Teufel will den von denen noch Gas abnehmen? Sobald alle neuen Waffen in der Ukraine sind, wird jetzt dort ein ``Russenvernichtungskrieg`` zu Wasser am Boden und in der Luft gegen Mann und Material losgehen. Da die Ukraine schon starkt zerstört ist, muss dies dort stattfinden. Wenn nicht, läuft man Gefahr dass es in einem westlichen Land abläuft.

Peter Joe 23.05.22 17:00
Ohne Ende
Der Nord und Sued Korea Konflikt will man als Angstverbreiter behalten. Die duerfen gar keinen Frieden schliessen sonst haetten die USA gar keine grossen Angsthasen mehr wie Sued Korea und Taiwan die man mit Waffen beliefern kann. So ein Waffengeschaeft muss man am Leben halten.
Thomas Sylten 23.05.22 14:00
Wenn man Nordkorea zum Abrüsten bewegen will, sind zeitgleiche Manöver nahe deren Grenzen vielleicht das falsche Zeichen -
weil definitiv gute Gründe, sich seine Verteidigungsfähigkeiten vollumfänglich zu bewahren.

KEINE Manöver und die glaubhaft (und vertraglich!!) zugesicherte Zusage, dass NKorea nichts vom Süden und den USA zu befürchten habe, wären da vermutlich hilfreicher.
Aber was weiß ich schon..
Ingo Kerp 23.05.22 13:30
Die USA haben gut reden, wenn es um Abschreckung, Beschimpfungen und Bedrohungen geht. Sie haben in den beiden Staaten Kanada und Mexico friedliche und US geneigte Nachbarn. Der letzte Krieg auf US Boden fand im Mai 1943 auf einer der unbedeutenden Aleuten Inseln statt. Während also N.Korea von den USA "bearbeitet" wird, hat lediglich S.Korea etwas zu befürchten, bevor sich eine Interkontinentalrakete auf den Weg in die USA von N.Korea aus macht.