Biden und Harris greifen Trump als Team an

​Trump: Die «Vorstadt-Hausfrau» wird für mich stimmen

Die damaligen demokratischen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Joe Biden und Kamala Harris. Foto: Paul Sancya/dpa
Die damaligen demokratischen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Joe Biden und Kamala Harris. Foto: Paul Sancya/dpa

WASHINGTON: Sie wollen das Land aus der Krise führen, für die sie US-Präsident Donald Trump verantwortlich machen. Gut 80 Tage vor der US-Wahl gibt das Spitzenduo der Demokraten einen Vorgeschmack auf ihre Taktik im Kampf ums Weiße Haus.

Im Kampf ums Weiße Haus gehen die demokratischen Anwärter Joe Biden und Kamala Harris in die Offensive. Bei ihrem ersten Auftritt als Team warfen sie Amtsinhaber Donald Trump Versagen in der Corona-Krise und Führungsschwäche vor. «Jammern ist, was Donald Trump am besten kann», sagte Biden, der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten am Mittwoch (Ortszeit). Die schwarze Senatorin Harris, die erst am Vortag als Kandidatin für den Vizepräsidentenposten ausgewählt wurde, machte Trump für die hohen Corona-Opferzahlen verantwortlich. Der Auftritt in Wilmington (Delaware) gab einen Vorgeschmack auf die Argumente und die Taktik des demokratischen Spitzenteams für die Wahl am 3. November.

ANGRIFF AUF TRUMP

Biden überließ der früheren Staatsanwältin Harris den Großteil der Attacken auf den amtierenden Präsidenten. «Wir haben einen Präsidenten, der sich mehr um sich sorgt als um die Menschen, die ihn gewählt haben», sagte sie. Harris konzentrierte sich auf die Corona-Krise, in der alle 80 Sekunden ein Amerikaner nach einer Covid-19-Erkrankung sterbe. Das Virus habe die USA besonders hart getroffen, «weil Trump es von Anfang an nicht ernst genommen hat», sagte sie. «Während andere Länder der Wissenschaft folgten, propagierte Trump Wunderarzneien, die er bei Fox News gesehen hat», kritisierte sie in Anspielung auf Trumps Lieblingssender. «Trump ist auch der Grund, warum Millionen Amerikaner jetzt arbeitslos sind.»

MENSCH JOE

Harris fiel es auch zu, den Wählern Biden als Menschen zu präsentieren. Sie sprach von ihren Unterhaltungen mit Bidens Sohn Beau - ebenfalls ein Jurist, der 2015 an einem Gehirntumor starb. Er habe ihr davon erzählt, wie Joe Biden nach dem Unfalltod seiner Frau trotz der Arbeit im über 150 Kilometer entfernten Washington stets seinen beiden Söhnen morgens Frühstück gemacht und sie abends ins Bett gebracht habe. «Er ist jemand, dessen erste Reaktion, wenn es hart wird, ist, nie an sich zu denken, sondern sich um alle anderen zu kümmern.» Biden wirkte sichtlich gerührt.

BIDENS ARGUMENTE FÜR HARRIS

Er erinnerte daran, dass er Harris über seinen Sohn kennengelernt habe. «Ich weiß, wie sehr Beau Kamala und ihre Arbeit respektiert hat. Und das hat mir, um ehrlich zu sein, sehr viel bedeutet, als ich meine Entscheidung getroffen habe.» Harris sei klug, zäh, erfahren und eine «bewährte Kämpferin für das Rückgrat dieses Landes», die Mittelschicht und diejenigen, die darum kämpften, in die Mittelschicht zu gelangen. Harris sei Tochter von Einwanderern. «Ihre Geschichte ist Amerikas Geschichte», sagte er.

STAATSMANN BIDEN

Biden hielt Trump zwar vor, ein Problem mit starken Frauen wie Harris zu haben, hielt sich mit Kritik aber weitgehend zurück und gab sich mehr als Staatsmann. «Es ist ein ernster Moment für unsere Nation», betonte er. «Wir stehen an einem Wendepunkt.» Es sei eine lebensverändernde Wahl, die die Zukunft Amerikas für eine lange, lange Zeit bestimmen werde. «Ich weiß, dass wir in einer Schlacht um die Seele unserer Nation sind», bilanzierte Biden.

DIE STIMMUNG

Die Corona-Krise prägte den Auftritt: Als Harris und Biden nebeneinander den Raum betraten, trugen sie Schutzmasken. Zu keinem Zeitpunkt kamen sie sich näher als nötig. Beim Wechsel am Rednerpult tauschten sie Blicke aus, Harris strahlte, als sie übernahm - Biden kam noch einmal kurz zurück, weil er seine Maske liegen gelassen hatte. Eine herzliche Umarmung wie im März, als Harris Biden die Unterstützung für seine Kandidatur zusagte, gab es nicht.

DIE VERSPRECHEN

Eine Biden-Harris-Regierung werde einen umfassenden, wissenschaftsbasierten Plan für die Bewältigung der Corona-Pandemie haben, versprach Biden. Sie werde auch der Klima-Krise begegnen, die Gesundheit der Amerikaner schützen und Jobs schaffen. Zudem sollten Frauenrechte geschützt, das Wahlrecht gestärkt und struktureller Rassismus im US-Justizsystem ausgemerzt werden, sagte Harris.

TRUMPS KONTER

Kurz nachdem Biden und Harris die Bühne verließen, betrat im Weißen Haus Trump das Podium für eine Pressekonferenz. Er zeigte zunächst Grafiken, die unter anderem ein Wachstum am Aktienmarkt und eine Erholung der Nachfrage nach Autos darstellten. «Wir machen uns unglaublich gut», versicherte er. Trump erinnerte daran, dass er es im Gegensatz zu Harris als Präsidentschaftskandidat durch den Vorwahlkampf geschafft habe: «Sie ging wie ein Stein unter. Ich nicht.» Und wie schon am Vortag warf er Harris vor, nicht aufrichtig zu sein, weil sie früher Biden kritisiert habe und jetzt lobe: «Sie hat über Biden schlimmere Dinge gesagt, als ich es jemals tat.»

Am Donnerstag sagte Trump im Gespräch mit dem konservativen Sender Fox Business, Harris sei «eine Art verrückte Frau». Sie gehöre zum Mob der «wütenden radikalen linken» Demokraten, sagte Trump. Bei der Senatsanhörung zur Bestätigung von Brett Kavanaugh als Richter am Obersten Gericht sei Harris wütend und voller «Hass» gewesen, sagte der Republikaner. «Das sind ernsthaft kranke Menschen», behauptete Trump. Kavanaughs Ernennung 2018 war sehr kontrovers, nachdem ihn mehrere Frauen sexueller Übergriffe beschuldigt hatten. Zudem warnte Trump, der Wirtschaft des Landes drohe bei einem Wahlsieg von Biden und Harris eine «Depression, wie man sie noch nie gesehen hat».


WASHINGTON: US-Präsident Trump schießt sich schon auf Harris ein - Biden will den Amtsinhaber mit der kämpferischen schwarzen Senatorin an seiner Seite schlagen. Die Personalie verleiht dem US-Wahlkampf neuen Schwung.

Die Demokratin Kamala Harris könnte die erste schwarze Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten werden. Die Senatorin aus Kalifornien sei dem Gemeinwohl verpflichtet und eine «furchtlose Kämpferin für die einfachen Menschen», erklärte Joe Biden, der designierte Präsidentschaftskandidat der Partei. Biden wollte schon am Mittwochnachmittag (Ortszeit) in Wilmington im Bundesstaat Delaware gemeinsam mit seiner Kandidatin für den Vizeposten auftreten. Die beiden wollen Präsident Donald Trump und dessen Vize Mike Pence bei der Wahl am 3. November herausfordern.

WER IST KAMALA HARRIS?

Die 55-Jährige frühere Staatsanwältin und Justizministerin ist erst die zweite schwarze Frau, die jemals in den US-Senat gewählt wurde. Harris gehört zu den bekanntesten schwarzen Politikerinnen des Landes und gilt seit langem als eine Hoffnungsträgerin der Demokraten. Sie wird als kämpferische, aber pragmatische Politikerin gesehen, die eher einen Kurs der Mitte vertritt. Damit liegt sie ideologisch auf Linie mit Biden (77), der einst selbst Senator und Vizepräsident war. Harris hatte sich selbst um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten beworben, konnte sich jedoch nicht durchsetzen.

Harris war Bezirksstaatsanwältin von San Francisco. Später wurde sie als Attorney General gewählt, was die Positionen der Justizministerin und der Generalstaatsanwältin verbindet. 2016 zog sie für Kalifornien in den Senat in Washington ein.

DIE BEDEUTUNG VON BIDENS ENTSCHEIDUNG

Biden hatte bereits im März angekündigt, im Fall eines Wahlsiegs eine Frau zur Vizepräsidentin zu machen. Seine Personalentscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil sie sich nicht nur auf seine Wahlchancen auswirken dürfte, sondern auch entscheidend auf die Zukunft des Landes. Bei Amtsantritt wäre Biden 78 Jahre alt. Es wird angenommen, dass er nur eine Amtszeit Präsident sein will. Sollte er die Wahl gewinnen, könnte sich Harris daher als Vizepräsidentin profilieren und in Stellung bringen, um 2024 sein Erbe anzutreten.

WELCHE ROLLE SPIELT HARRIS' HAUTFARBE?

Biden hat sich wohl nicht wegen ihrer Hautfarbe oder dem Einwanderungshintergrund ihrer Familie für die erfahrene Politikerin Harris entschieden. Es könnte aber für die Wahl von Vorteil sein. Die Demokraten dürften hoffen, dass Harris ihnen bei der Wahl im November helfen wird, schwarze Wähler zu mobilisieren. Schwarze machen in den USA rund 13 Prozent der Bevölkerung aus und tendieren politisch eher zu den Demokraten - allerdings hilft das der Partei nur, wenn sie auch motiviert genug sind, tatsächlich abzustimmen.

Wegen ihrer Vergangenheit als Staatsanwältin traf Harris während der Kampagne um die Präsidentschaftskandidatur bei Schwarzen nicht auf ungeteilte Zustimmung. Infolge der Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz positionierte sie sich aber deutlicher als Kämpferin für die Rechte Schwarzer und für Polizei- und Justizreformen. Das Thema dürfte im Wahlkampf eine große Rolle spielen.

HARRIS' REAKTION

Harris bezeichnete es auf Twitter als «Ehre», mit Biden antreten zu dürfen. Sie werde alles dafür tun, um ihn zum Oberbefehlshaber zu machen. «Joe Biden kann das amerikanische Volk einen, weil er sein Leben damit verbracht hat, für uns zu kämpfen. Und als Präsident wird er ein Amerika aufbauen, das unseren Idealen gerecht wird». Bei dieser Wahl gehe es «um die Seele der Nation», schrieb sie am Mittwoch. «Aber zusammen ist das eine Schlacht, die wir gewinnen können.»

REAKTIONEN PROMINENTER DEMOKRATEN

Der demokratische Ex-Präsident Barack Obama, der 2009 als erster Schwarzer mit Biden als Vize ins Weiße Haus eingezogen war, sprach sich für Harris als Kandidatin für den Stellvertreterposten aus. «Das ist ein guter Tag für unser Land. Jetzt lass uns das Ding gewinnen», schrieb er mit Blick auf die Wahl. Die Ex-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton würdigte Bidens Entscheidung für Harris als «historisch». Sie sei dem Gemeinwohl verpflichtet und habe bewiesen, dass sie die nötige Führungsstärke habe. Obamas ehemalige Chefin des Nationalen Sicherheitsrats, Susan Rice, nannte Harris «eine hartnäckige und wegweisende Anführerin».

TRUMPS REAKTION

Trumps erste Breitseiten kamen schnell. «Sie hat gelogen. Sie hat Dinge gesagt, die nicht wahr waren», sagte Trump, ohne seine Vorwürfe zu erklären. Harris wolle die Steuern erhöhen, die Militärausgaben senken und sei gegen die Erdgas-Förderung per Fracking, zählte er auf. In einem Videoclip seines Wahlkampfteams wurde Harris als «Schwindlerin» verunglimpft. Harris' Bewerbung um die Kandidatur für das Präsidentenamt ihrer Partei sei «schwach» zu Ende gegangen und sie habe zum Schluss «fast null Unterstützung» gehabt, schrieb er auf Twitter. «Das ist die Art Gegnerin, von der jeder träumt.»

IST SIE TRUMPS WUNSCHGEGNERIN?

Höchstwahrscheinlich nicht. Eine weitere Favoritin für den Posten, die Senatorin Elizabeth Warren, hätte Trump mehr Angriffsfläche geboten. Er hätte die linke Senatorin wahrscheinlich erneut als Sozialistin verunglimpft. Susan Rice wiederum wäre sich wohl stets dem Vorwurf ausgesetzt gewesen, nur ein Lakai Obamas zu sein. Zudem warfen ihr die Republikaner auch die Verwicklung in einen von Hillary Clintons Skandalen vor. Harris dürfte für Trump keine einfache Gegnerin werden: Politikerinnen, die ihn aggressiv angehen, beschimpft er häufig - was bei Wählern nicht unbedingt gut ankommen dürfte.

SO GEHT ES WEITER

Biden und Harris sollen beim offiziellen Parteitag der Demokraten vom 17. bis 20. August als die Kandidaten der Partei nominiert werden, um Trump und Pence herauszufordern. In Umfragen liegt Biden seit Wochen sehr deutlich vor Trump. Viele Wähler kreiden Trump sein Management der Coronavirus-Pandemie an, der in den USA bereits rund 165.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Umfragen prognostizierten allerdings vor vier Jahren fälschlicherweise auch einen Sieg Clintons. Bis zur Wahl in gut zwei Monaten kann noch viel passieren.


Trump: Die «Vorstadt-Hausfrau» wird für mich stimmen

WASHINGTON: US-Präsident Donald Trump hat mit der Mutmaßung, dass «die Vorstadt-Hausfrau» für ihn stimmen werde, Rassismus-Vorwürfe ausgelöst. «Sie wollen Sicherheit und sind begeistert, dass ich das lange bestehende Programm beendet habe, mit dem der Wohnungsbau für Menschen mit niedrigem Einkommen in ihre Nachbarschaften eindrang», schrieb Trump am Mittwoch bei Twitter.

Sein demokratischer Herausforderer Joe Biden hingegen würde das Programm wieder in Gang setzen, in größerer Form, behauptete Trump. Er hatte diese Woche bereits in einer Pressekonferenz im Weißen Haus eine Drohkulisse aufgebaut: «Wenn die Linke an die Macht kommt, wird keine Stadt oder Vorstadt in unserem Land sicher sein.»

Eine Umfrage im Juni ergab, dass zwei Drittel der Frauen in Vorstädten mit Trumps Leistungen als Präsident unzufrieden sind.

«Ihr Rassismus kommt durch», konterte der demokratische Senator Cory Booker auf Twitter. Trump hatte in dem Tweet auch geschrieben, Booker - ein Afroamerikaner - werde an der Spitze des neu aufgelegten Wohnungsbauprojekts stehen. Dafür gibt es bisher keine Anhaltspunkte. Die Häuser in dem unter Präsident Barack Obama gestarteten Programm Affirmatively Furthering Fair Housing (AFFH) werden oft von Schwarzen und Lateinamerikanern bewohnt.

Das Lincoln Project, eine Gruppe von Trump-Kritikern aus den Reihen der Republikanischen Partei, bezeichnete den Präsidenten als Reaktion auf seinen Tweet als einen «rassistischen alten Mann».

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