Biden gewinnt wie erwartet Serie von US-Vorwahlen

Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, Joe Biden. Foto: epa/Tracie Van Auken
Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, Joe Biden. Foto: epa/Tracie Van Auken

WASHINGTON: Im Schatten der Corona-Pandemie und der gewaltsamen Proteste in den USA gehen die Präsidentschaftsvorwahlen in den USA weiter. Trumps designierter Herausforderer Biden räumt erwartungsgemäß ab und sammelt ordentlich Delegiertenstimmen.

Ex-US-Vizepräsident Joe Biden hat weitere Vorwahlen in mehreren Bundesstaaten gewonnen. Der 77-Jährige sammelte damit Hunderte zusätzliche Delegiertenstimmen für seine geplante Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Demokraten.

Die Staaten Indiana, Maryland, Montana, New Mexico, Pennsylvania, Rhode Island und South Dakota sowie die US-Hauptstadt Washington hatten am Dienstag Vorwahlen abgehalten - inmitten der Corona-Pandemie und der anhaltenden Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt im Land. Vorläufigen Ergebnissen von Mittwoch zufolge siegte Biden - als einzig verbliebener Präsidentschaftsbewerber seiner Partei - erwartungsgemäß überall.

Biden ist bereits als designierter Herausforderer von Amtsinhaber Donald Trump bei der Präsidentenwahl im November gesetzt. Bidens offizielle Kür als Präsidentschaftskandidat soll bei einem Parteitag im August folgen. Für eine Nominierung benötigt er dort mindestens 1991 reguläre Delegierte auf seiner Seite. Nach Berechnungen des US-Senders CNN kommt Biden nach den jüngsten Abstimmungen nun auf mehr als 1900 Stimmen. Bei einer der nächsten Vorwahlen im Juni dürfte er die nötige Schwelle überschreiten, um sich auch rein formal die nötige Mehrheit für eine Nominierung zu sichern - womöglich bereits in der kommenden Woche. Am 9. Juni stehen nach bisheriger Planung Vorwahlen in Georgia und West Virginia an.

Mehrere der Bundesstaaten, die am Dienstag abstimmten, hatten die Vorwahlen ursprünglich schon eher geplant, verschoben diese wegen der Corona-Krise jedoch auf diesen Termin. Somit war auf einen Schlag ein großer Batzen von insgesamt 479 Delegiertenstimmen zu verteilen - allein 186 davon in Pennsylvania. Nach Angaben der demokratischen Partei dort kam Biden in dem Bundesstaat nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Wahlkreise auf mehr als 77 Prozent der Stimmen. Der linke Senator Bernie Sanders, der Anfang April aus dem Rennen der Demokraten ausgestiegen war, kam in Pennsylvania demnach auf knapp 19 Prozent.

Sanders hatte bei der Bekanntgabe seines Rückzugs angekündigt, bei den restlichen Vorwahlen auf den Wahlzetteln zu bleiben, um weiter Delegiertenstimmen zu sammeln und sich so zumindest noch inhaltlichen Einfluss beim Parteitag zu sichern, wo auch über den programmatischen Kurs debattiert wird.

Biden hat Sanders bereits Mitsprache dort zugesichert. Beide Teams haben auch gemeinsame Arbeitsgruppen gegründet, um zusammen an inhaltlichen Konzepten zu arbeiten. Ziel ist, die Partei so zusammenzuführen. Sanders hat eine klar linke Agenda, Biden gehört zum moderaten Flügel der Partei. Führende Demokraten hatten sich in den vergangenen Monaten demonstrativ hinter Biden gestellt, um alle Kräfte der Partei im Kampf gegen Trump zu bündeln.

Durch die Corona-Pandemie ist der US-Wahlkampf komplett auf den Kopf gestellt. Kundgebungen sind wegen der Ausbreitung des Virus seit Wochen abgesagt. Viele Vorwahlen wurden verschoben, auch der Parteitag der Demokraten wurde von Juli auf August verlegt. Ob und wann wieder große Wahlkampfveranstaltungen stattfinden können, ist unklar. Viele Bundesstaaten haben die Vorwahlen ganz auf Briefwahl umgestellt oder diese Option zumindest deutlich ausgebaut.

Aktuell kommt eine weitere Krise hinzu: Seit Tagen kommt es in vielen US-Städten zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser der Proteste ist der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis. Die Demonstrationen waren zum Teil in Gewalt ausgeartet. Trump hatte zuletzt angekündigt, die Ausschreitungen notfalls mit einem Einsatz des Militärs zu stoppen.

Biden kritisierte seinen Rivalen scharf für dessen Umgang mit der aktuellen Krise. «Donald Trump hat unser Land in ein Schlachtfeld verwandelt, das von alten Ressentiments und neuen Ängsten zerrissen ist», sagte der Ex-Vizepräsident am Dienstag (Ortszeit) in einer Rede in Philadelphia. Er versprach einen anderen Ansatz: «Ich werde nicht mit Angst und Spaltung handeln. Ich werde die Flammen des Hasses nicht anfachen.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Hermann Hunn 05.06.20 09:37
Biden gewinnt ...
Mir erschliesst sich nicht, mit welcher Begründung TheO Swisshai vorgeworfen wird, was man nicht geschrieben hätte, jedoch eigens über angebliche Tatbestände referiert, die nichts mit dem Leitartikel gemein haben. Da ist weder von Wahlbetrug noch Briefwahl die Rede. Ausserdem dürften sich in den beiden „ebenfalls out of Topic" angesprochenen Länder Deutschland und Frankreich sehr wohl jemand nachhaltig um allfällige Wahl-Betrügereien gekümmert haben. Oder diente eine allenfalls „coronabedingte" briefliche Abstimmung lediglich der Wahl eines Hauswart im regionalen „Kaninchenzüchter-Verein Hinterwald"? So lässt sich (bezüglich Briefwahlbetrug) beispielsweise das Desinteresse (wen interessierts?) der Bevölkerung von Vanuatu oder den USA durchaus erklären.
Ingo Kerp 04.06.20 15:28
Nach einiger Zeit coronabedingter Ruhepause, hat Biden diesmal eine wirklich gute Rede gehalten, die eines Präsidenten würdig wäre. Man hätte so etwas vielleicht auch mal von Trump erwarten dürfen. Der spaltet lieber und hetzt, sobald er aus seinem Bunker kriecht.