Streit um deutsche Atomkraftwerke verhärtet

Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck in Berlin. Foto: epa/Clemens Bilan
Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck in Berlin. Foto: epa/Clemens Bilan

BERLIN: Vor der Landtagswahl in Niedersachsen am Sonntag kommt die Koalition in Deutschland beim Thema Atom nicht voran. Die FDP sperrt sich gegen einen Entwurf des Grünen-Wirtschaftsministers.

Die deutsche «Ampel»-Koalition streitet über den weiteren Kurs bei der Atomkraft. Die FDP macht Druck für einen längeren Weiterbetrieb der Atomkraftwerke als es Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) plant. Die Grünen warfen den Liberalen parteitaktische Gründe vor.

Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner schlägt vor, alle drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke bis ins Jahr 2024 laufen zu lassen. Zusätzlich müsse geprüft werden, wie viele der bereits abgeschalteten AKW sicher wieder in Betrieb genommen werden könnten, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur.

«Bevor wir öffentliche Gelder einsetzen, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Belastungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tragbar zu machen», forderte er mit Blick auf die geplante milliardenschwere Gaspreisbremse. Dazu gehöre, auf alle verfügbaren Energiequellen zurückzugreifen.

Das Kabinett befasste sich entgegen der Planungen Habecks am Mittwoch nicht mit einem Entwurf seines Ressorts über einen Weiterbetrieb von zwei der drei Atomkraftwerke bis ins Frühjahr. Dieser sieht vor, das Atomgesetz und das Energiewirtschaftsgesetz um Regelungen zu ergänzen, welche die Rahmenbedingungen für eine zeitlich bis zum 15. April 2023 befristete «Einsatzreserve» der Atomkraftwerke Isar 2 (Bayern) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) schaffen. Damit sollten - falls notwendig - «steuerbare Erzeugungskapazitäten» im deutschen Stromnetz gehalten werden.

«Wir sind im Kabinett damit noch nicht durch», sagte Lindner nach der Kabinettssitzung. Er sei in großer Sorge, was die Energieversorgung angehe. «Ich finde, in dieser Krise müssen wir alle erkennen, was die Zeichen der Zeit sind.» Deutschland müsse alle Kapazitäten der Stromerzeugung am Netz haben.

Habeck hatte vor einer Woche gesagt, nach derzeitigem Stand gehe sein Ministerium davon aus, dass man die «Reserve» ziehen werde und die Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim im ersten Quartal 2023 weiter am Netz sein werden. Sie sollten wie das Atomkraftwerk Emsland in Niedersachsen im Zuge des deutschen Atomausstiegs eigentlich Ende 2022 vom Netz gehen.

Eine Sprecherin von Kanzler Olaf Scholz (SPD) verwies am Mittwoch darauf, dass sich Habeck mit den Betreibern der Atomkraftwerke in Bayern und Baden-Württemberg auf Eckpunkte zur Umsetzung der geplanten Einsatzreserve verständigt habe. Es gebe außerdem eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Dort heißt es: «Am deutschen Atomausstieg halten wir fest.»

Ein Sprecher von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) verwies auf Aussagen der Ministerin. Lemke hatte gesagt, sie schließe eine Laufzeitverlängerung über den kommenden Winter hinaus und die dafür erforderliche Neubeschaffung von Brennelementen aus.

Die letzten drei Atomkraftwerke tragen in diesem Jahr etwa sechs Prozent zur Stromerzeugung in Europas größter Volkswirtschaft bei.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 07.10.22 12:40
Am Sonntag können die Menschen
in einer Landtagswahl in Deutschland wieder zeigen, was sie von den Grünen halten. Wenn diese Menschen der Meinung sind, dass sie von Personen regiert werden wollen, die weder über eine vernünftige Schulbildung bzw. Berufserfahrung verfügen, werden sie mit dem Ergebnis leben müssen.
michael von wob 07.10.22 04:50
@ B.Lange sehr schwach :-((
Wenn Deutschland ein Land der Denker war , können sie nicht dazu gehören.
Bernd Wendland 06.10.22 20:30
Das kommt dabei heraus, wenn man seine Wählerstimme einer fundamentalistischen, weltfremden Ökosekte gibt, Mich wundert nur, dass es soviele Menschen gibt, die laut Meinungsumfragen immer noch diese Irren wählen würden, die unser Land der ehemaligen Dichter & Denker in den wirtschaftlichen Abgrund führen. Mal schauen, ob es hinterher wieder keiner gewesen sein will, wie weiland bei unserem Archi vor 80 Jahren.
Klaus Olbrich 06.10.22 16:40
Jahrelang war Atomkraft gefragt.
Jetzt wo wir sie brauchen will man die Stromkrise auf das Volk finanziell abwarten.
Man kauft Atom aus Frankreich von deren Atomkraftwerken! Irrsinn
Hartmut Wirth 06.10.22 13:30
@Wolfgang Neher
Das erstaunt, besser gesagt, entsetzt mich aber:
Sie wähleln Grün und sind enttäuscht darüber, dass diese die angekündigten Ideologien auch umsetzen?
Wo haben Sie denn die ganzen Jahre gelebt??
Wolfgang Neher 06.10.22 12:40
Grün führt D mit deren Idiologie in den Abrund
Habe Grün gewählt, nie wieder
Idiologen sind rücksichtslose Egoisten