Trump bricht Militäraktion gegen den Iran ab

Foto: epa/Jim Lo Scalzo
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WASHINGTON (dpa) - Seit Monaten spitzt sich der Konflikt zwischen USA und dem Iran zu. Doch nie schien eine militärische Konfrontation so nah wie jetzt. Waren die Kampfjets schon in der Luft - oder verfolgt US-Präsident Trump mit der Eskalation bloß strategische Ziele?

US-Präsident Donald Trump hat nach einem Bericht der «New York Times» Militäraktionen gegen den Iran gebilligt, diese dann aber in der Nacht zum Freitag abrupt gestoppt. Unklar sei, was Trump zu dem Sinneswandel bewogen habe, ob es sich um logistische Probleme oder einen Strategiewechsel gehandelt habe oder ob die Angriffe auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden seien, schrieb das Blatt am Freitag. Ziele sollen demnach Radarstationen und Raketenbatterien im Iran geweisen sein.

Der Angriff hat sich nach Informationen des Blattes noch im Anfangsstadium befunden. Er hätte eine Vergeltung für den Abschuss einer amerikanischen Aufklärungsdrohne durch den Iran am Donnerstag sein sollen. Weder das Weiße Haus noch das Pentagon wollten die Angriffspläne in der «New York Times» kommentierten. Es habe aber keine Bemühungen gegeben, die Veröffentlichung des Artikel zurückzuhalten, hieß es. Es wäre der dritte Militärschlag der USA unter Präsident Trump in Nahost gewesen, nach den beiden Angriffen auf Ziele in Syrien im Jahr 2017 und 2018.

Der iranische Sicherheitsrat wies am Freitag Berichte zurück, wonach Trump den Iran über die Regierung des arabischen Golfstaates Oman gewarnt haben soll, dass ein Militärschlag bevorstehe. Ebenso dementiert wurde, dass es eine Botschaft Trumps gebe, wonach er keinen Krieg, sondern Gespräche mit der Führung in Teheran wolle und dafür eine Frist gesetzt habe.

Die US-Militärplanungen verstärkten die Sorge, dass der Konflikt zwischen den USA und dem Iran in einem neuen Golfkrieg münden könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel, es handele sich um eine «sehr angespannte Situation», die auf diplomatische und politische Weise gelöst werden müsse. Am Rande des Gipfels hätten die außenpolitischen Berater die Lage besprochen.

Die neue Eskalation der Spannungen wirkte sich auch auf die zivile Luftfahrt auf. Die US-Luftfahrtbehörde FAA verhängte ein Flugverbot für in den USA registrierte Flugzeuge über Teile des Krisengebietes. Flüge über dem Persischen Golf und dem Golf von Oman seien bis auf Weiteres nicht mehr erlaubt, teilte die FAA via Twitter mit. Erhöhte Militärtätigkeit und zunehmende politische Spannungen könnten Verkehrsflugzeuge einem Risiko aussetzen. Die Anordnung gilt für alle in den USA angemeldeten Fluggesellschaften.

Auch europäische Fluggesellschaften erklärten, die Straße von Hormus im Persischen Golf zu umfliegen. Ein Sprecher der Lufthansa erklärte, eine entsprechende Entscheidung sei bereits am Donnerstag gefallen. Teile des iranischen Luftraums würden aber noch überflogen und auch die Landeshauptstadt Teheran werde angesteuert. Die niederländische Fluggesellschaft KLM erklärte: «Sicherheit hat für uns die höchste Priorität.» Laut internationalem Luftfahrtverband betrifft das Flugverbot über dem Persischen Golf nur «eine sehr begrenzte Zahl von Flügen». Die IATA helfe Fluggesellschaften und Behörden, die für das Flugverkehrsmanagement zuständig seien, bei der Koordination alternativer Routen, hieß es in einer Erklärung.

Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran hatten sich in der Nacht zum Donnerstag dramatisch zugespitzt, nachdem der Iran eine amerikanische Aufklärungsdrohne abgeschossen hatte. Im iranischen Fernsehen wurden am Freitag Wrackteile präsentiert, die von der abgeschossenen Drohne stammen sollen. Über den genauen Abschussort machen der Iran und die USA unterschiedliche Angaben. Die US-Regierung spricht davon, dass das unbemannte Flugzeug über internationalen Gewässern getroffen worden sei. Der Iran legte nach eigener Darstellung Beweise dafür vor, dass die Drohne über iranischem Hoheitsgebiet geflogen sei. Es geht offenbar um wenige Kilometer.

US-Präsident Trump sagte am Donnerstag mit Blick auf den Iran: «Sie haben einen sehr schweren Fehler gemacht.» Es sei «wissenschaftlich dokumentiert», dass die Drohne in internationalem Luftraum geflogen sei. Der iranische Außenminister Jawad Sarif schrieb dagegen auf Twitter, man werde den Fall vor die Vereinten Nationen bringen «und zeigen, dass die Vereinigten Staaten lügen». Nach Angaben des US-Zentralkommandos Centcom, das die Truppen im Nahen Osten führt, wurde die Drohne des Typs RQ-4A «Global Hawk» über der Straße von Hormus von einer iranischen Luftabwehrrakete getroffen.

Der Luftraum eines Landes erstreckt sich nach UN-Angaben über dessen Landmasse und gegebenenfalls über dessen Hoheitsgewässer, die bis zu zwölf nautische Meilen (22,2 Kilometer) vor die Küste reichen. Die Koordinaten, an denen die Drohne laut Sarif angegriffen wurde, liegen rund 15 Kilometer vor dem nächsten Punkt an der iranischen Küste. Auf einer Pentagon-Karte ist die Markierung für die Absturzstelle deutlich weiter von der Küste des Landes entfernt.

Trump hatte nach dem Abschuss zunächst offengelassen, wie die USA reagieren werden. «Das werden Sie bald herausfinden», hatte Trump Journalisten im Weißen Haus gesagt. In der Vergangenheit hatte Trump - wie die iranische Führung - betont, keinen Krieg zu wollen.

Wie ernst der amerikanische Präsident seine Angriffsplänen meinte, wurde auch in sozialen Netzwerken wie Twitter kontrovers diskutiert. Schließlich hatte Trump auch in anderen Konflikten zunächst scheinbar die Eskalation gesucht, um schließlich wieder das Gespräch anzustreben.

Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran nehmen seit Mai 2018 zu, als Trump das internationale Atomabkommen mit dem Iran aufkündigte. Trump will ds Abkommen neu aushandeln und den Iran dazu zwingen, strikteren Auflagen zuzustimmen. Dazu hat die US-Regierung die bislang härtesten Sanktionen gegen den Erdöl- und Bankensektor im Iran erlassen, die der Wirtschaft des Landes immer mehr zusetzen. Die Führung in Teheran lehnt bislang Neuverhandlungen mit den USA ab. in Kommentator der «Washington Post» beschrieb die Situation: Der maximale Drucks von Trump treffe auf maximalen Widerstand der Führung in Teheran.

Erst am Montag hatte das Pentagon angekündigt, weitere 1000 Soldaten in den Nahen Osten zu schicken, um US-Truppen und Interessen der USA in der Region zu schützen. Der Iran hatte am Montag angekündigt, ab Donnerstag kommender Woche eine im internationalen Atomabkommen mit dem Land festgelegte Obergrenze für Vorräte mit niedrig angereichertem Uran zu überschreiten. Die iranisch-amerikanische Krise hatte sich nach dem Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran im vergangenen Jahr zugespitzt

An den Börsen hielten sich die Reaktionen zunächst in Grenzen. Nach einem zunächst zögerlichen Start legte etwa der DAX im frühen Handel trotz der verschärften geopolitischen Spannungen zu.

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