Behörden: Kein Zusammenhang der Taten in NRW-Missbrauchsfällen

Ein Haus wird von der Polizei mit Unterstützung des THW durchsucht. Hier wurde ein Verdächtiger festgenommenen und seine Wohnung durchsucht. Foto: Dagmar Meyer-Roeger/Dmp Press/dpa
Ein Haus wird von der Polizei mit Unterstützung des THW durchsucht. Hier wurde ein Verdächtiger festgenommenen und seine Wohnung durchsucht. Foto: Dagmar Meyer-Roeger/Dmp Press/dpa

KÖLN (dpa) - Zwei Fälle von massenhaftem sexuellen Kindesmissbrauch in Nordrhein-Westfalen sorgen für Entsetzen. Die Ermittler prüfen, ob es Zusammenhänge zwischen Lügde und Bergisch Gladbach gibt. Bislang sehen sie keine strafrechtlich relevante Verbindung.

Staatsanwaltschaft und NRW-Justizministerium haben nach eigenen Angaben keine Hinweise auf einen strafrechtlich bedeutsamen Zusammenhang zwischen den Missbrauchsfällen von Bergisch Gladbach und Lügde gefunden. «Wir haben keinerlei Erkenntnisse darüber gewonnen, dass Täter aus unserem Tatkomplex Bergisch Gladbach auch an den in Lügde begangenen Taten beteiligt gewesen sein könnten», sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

Später bekräftigten NRW-Justizminister Peter Biesenbach und Innenminister Herbert Reul (beide CDU) am Rande des Rechtsausschusses diese Einschätzung. Sicherheitskreise hatten der dpa am Dienstagabend bestätigt, dass die Ermittler bereits seit längerem mögliche Querverbindungen zwischen Verwandten des mutmaßlichen Haupttäters von Bergisch Gladbach bei Köln und dem Campingplatz in Lügde bei Detmold prüfen. «Dabei haben sich aber keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Sachverhalte ergeben», sagte Willuhn am Mittwoch.

Reul bestätigte am Nachmittag, dass die Polizei in Bielefeld bereits seit Anfang Dezember mögliche «Schnittstellen» der Tatkomplexe Lügde und Bergisch-Gladbach überprüfe. Nach aktuellem Ermittlungsstand sei kein Zusammenhang erkennbar. «Kölner Stadt-Anzeiger», WDR und RTL hatten zuvor berichtet, dass einer der Verwandten von Bergisch Gladbach, der vorher bereits selbst wegen Missbrauchs verurteilt worden sei, in den 80er und 90er Jahren in Lügde einen Stellplatz gehabt habe. Die Entfernung beider Tatorte beträgt mehr als 200 Kilometer.

Laut «Kölner Stadt-Anzeiger» bestreitet der Mann, die Täter von Lügde persönlich kennengelernt zu haben. Zudem soll den Medienberichten zufolge ein weiterer Verwandter den Campingwagen an einen der Haupttäter von Lügde verkauft haben. Reul sagte in einem Statement, dass es sich um Zufälle handeln könnte: «Ungewöhnliche Zufälle - aber so ist es eben manchmal.»

Nach einem WDR-Bericht sollen die Ermittler bei dem Verdächtigen aus Bergisch Gladbach zudem kinderpornografisches Material gefunden haben, das in Lügde entstanden sein soll. Dazu habe die Kölner Staatsanwaltschaft keine Erkenntnisse, sagte Willuhn. Am Donnerstag wird sich auch der nordrhein-westfälische Landtag mit dem Thema befassen. Die SPD-Fraktion hat im Familienausschuss eine dringliche Anfrage gestellt, die Grünen im Innenausschuss.

Im Fall Lügde geht es um jahrelangen schweren Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in der Stadt im Kreis Lippe. Das Landgericht Detmold hatte im September zwei Angeklagte zu Freiheitsstrafen von 12 und 13 Jahren verurteilt. Ein weiterer Mann erhielt eine Bewährungsstrafe.

In dem anderen Fall stießen Ermittler ausgehend von Bergisch Gladbach auf ein bundesweites Netzwerk von Verdächtigen, die - teilweise ihre eigenen - Kinder missbraucht und Bilder der Taten getauscht haben sollen. Die Ermittler arbeiten sich derzeit durch riesige Datenmengen mit kinderpornografischem Material.

Die Zahl der identifizierten Opfer in diesem Missbrauchsfall sei inzwischen auf bundesweit 36 gestiegen, gegen 51 Tatverdächtige in zwölf Bundesländern werde ermittelt, sagte Innenminister Reul. «Und das ist nicht das Ende», betonte der CDU-Politiker. «Wir sehen immer noch nur die Spitze des Eisberges.» In NRW gibt es nach jüngsten Angaben der Polizei Köln in der Sache derzeit 21 Beschuldigte, von denen acht in Haft sind.

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