Bayern schiebt die meisten Menschen nach Afghanistan ab

Foto: epa/Boris Roessler
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KABUL/BERLIN (dpa) - Erneut landet ein Abschiebeflug aus Deutschland in Kabul. Diesmal sitzen 31 Männer im Flieger. Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Bundesländer nutzen die Möglichkeiten zu Abschiebungen nach Afghanistan sehr unterschiedlich.

Unter den Bundesländern hat Bayern im vergangenen Jahr mit Abstand die meisten Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Insgesamt 216 Menschen wurden aus dem Bundesland abgeschoben, wie das Bundesinnenministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mitteilte. Am Donnerstag traf ein weiterer Abschiebeflug aus Deutschland in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein. Dabei wurden laut Innenministerium 31 Männer vom Flughafen Düsseldorf nach Afghanistan gebracht. Mehr als ein Drittel davon kam aus Bayern.

Unter den am Donnerstag in Kabul gelandeten Personen seien 19 Straftäter, hieß es aus dem Innenministerium weiter. Das Spektrum der Straftaten umfasse unter anderem Raub, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexueller Missbrauch von Kindern, Exhibitionismus oder Sachbeschädigung.

An der Abschiebung beteiligten sich demnach Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Unter den Rückzuführenden habe sich auch ein Fall der Bundespolizei befunden. Damit haben Bund und Länder seit Dezember 2016 in 32 Sammelabschiebungen 868 Männer nach Afghanistan zurückgebracht.

Die Länder nutzen die Möglichkeiten zu Abschiebungen nach Afghanistan sehr unterschiedlich. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 361 Männer dorthin zurück gebracht. Hinter Bayern folgen Baden-Württemberg (31 Abgeschobene), Rheinland-Pfalz (21) und Nordrhein-Westfalen (19). Brandenburg und Bremen hatten niemanden nach Afghanistan abgeschoben.

Die Zahl ausreisepflichtiger Afghanen, die für eine Abschiebung in Frage kommen, unterscheidet sich innerhalb Deutschlands, allerdings spielt auch die politische Ausrichtung der Landesregierung eine Rolle. So tritt die bayerische Staatsregierung seit Jahren für konsequente Abschiebungen ein, sobald ein Asylantrag abgelehnt wurde und kein Härtefall vorliegt. Insbesondere Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerer werden seither regelmäßig in ihre Heimatländer zurückgeführt.

Aus dem Innensenat Bremens hieß es auf Anfrage, Bremen sehe eine zwangsweise Rückkehr nach Afghanistan in Sicherheit und Würde als nicht gesichert und damit unzumutbar an. Eine Einzelfallprüfung finde hingegen für Straftäter und Gefährder statt, deren Rückführung auch in Bremen nicht ausgeschlossen sei.

Der Krieg in Afghanistan gegen die militant-islamistischen Taliban und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) dauert an. Am Dienstag wurden bei einem Selbstmordanschlag in Kabul mindestens sechs Menschen getötet. Im Januar waren laut einer Statistik der «New York Times» mehr als 180 Sicherheitskräfte getötet worden.

Bei den Gesprächen zwischen den USA und den Taliban über Wege zum Frieden in Afghanistan gibt es indes Fortschritte. Man habe mit den Taliban «einen Vorschlag für eine siebentägige Reduktion der Gewalt» verhandelt, sagte US-Verteidigungsminister Mark Esper am Donnerstag nach einem Treffen mit seinen Nato-Kollegen in Brüssel. Eine spürbare Verringerung der Gewalt war zuletzt eine Forderung Washingtons gewesen, um ein USA-Taliban-Abkommen zu unterzeichnen.

Dieses soll einen Zeitplan des Abzugs der internationalen Truppen sowie Taliban-Garantien enthalten, dass von Afghanistan aus keine Terroranschläge geplant werden. Es soll auch den Weg für innerafghanische Friedensgespräche bereiten.

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