Bangkoks Markt für Fortgeschrittene

Ein einprägsames Erlebnis – Besuch auf dem Khlong Toei Fresh Market

Frisch vom Körper abgetrennte Schweineköpfe und andere „Schweinereien“ findet man in der „Fleischabteilung“. Fotos: Jahner
Frisch vom Körper abgetrennte Schweineköpfe und andere „Schweinereien“ findet man in der „Fleischabteilung“. Fotos: Jahner

BANGKOK: Eingefleischte Fans der thailändischen Hauptstadt haben seinen Namen zumindest schon mal gehört, kennen ihn von Straßenschildern oder vielleicht auch aus einem der spannenden Bangkok-Thriller von Bestsellerautor John Burdett: Khlong Toei Fresh Market. Doch wohl nur die wenigsten haben dem größten Frischmarkt des Landes auch tatsächlich mal einen Besuch abgestattet, was vor allem in den – besonders für Touristen – ungnädigen Betriebszeiten oder natürlich auch im Warenangebot begründet ist. Denn wer möchte in seinem Urlaub schon ganze Schweineköpfe oder kiloweise Hühnerfüße kaufen…?

Ein faszinierender Mikrokosmos...

Unten schnatternd und quicklebendig, oben Mausetod. Leben und Tod liegen auf dem Markt nahe beieinander.
Unten schnatternd und quicklebendig, oben Mausetod. Leben und Tod liegen auf dem Markt nahe beieinander.

Doch wer auf der Suche nach einem authentischen thailändischen Markterlebnis ist, erhält dazu auf dem „Talad Khlong Toei“ die Chance. Vorausgesetzt, man steht früh auf. Denn auch wenn der Haupt­umschlagplatz des Landes für frische Lebensmittel täglich rund um die Uhr geöffnet hat, ist besonders westlichen Nasen dringend ein Besuch am frühen Morgen anzuraten, wenn die Temperaturen noch erträglich sind. Denn der Khlong Toei Market ist nicht als Markt der guten Düfte bekannt! Besonders in den Bereichen, wo Fleisch und Fisch angeboten werden oder in großen Bottichen fermentierte Meeresfrüchte zu einer „Sauce“ heranreifen, kann der Gestank selbst für Hartgesottene bestialisch sein. Daher sollte man es den Einheimischen gleichtun und ihn zwischen 4 und 5 Uhr morgens aufsuchen. Das frühe Aufstehen wird im Gegenzug mit einem intensiven Einblick in das alltägliche Leben der Lokalbevölkerung belohnt. Auch herrscht in den Morgenstunden das beste Fotolicht.

Die Anreise gestaltet sich denkbar einfach. Denn der riesige Markt an der Rama IV Road befindet sich in der Nähe von gleich zwei MRT-Stationen: Khlong Toei und Queen Sirikit National Convention Center. Es empfiehlt sich jedoch, die U-Bahn an der zweitgenannten Station zu verlassen. Folgt man dort den Hinweisschildern, erreicht man innerhalb von nur wenigen Minuten eine große Fußgänger-Überführung, von der aus man schon die vielen Marktstände erkennen kann.

Aufpassen! Die Lastenträger stoppen nur ungern und selten.
Aufpassen! Die Lastenträger stoppen nur ungern und selten.

Eines gleich vorweg: Vegetariern, Veganern oder Zartbesaiteten ist ein Besuch des „Wet Markets“ abzuraten, wenn sie später noch ein Auge zu bekommen möchten. Lebende Hühner oder Enten schnattern hier vor sich hin, bis sich ein Käufer findet. Dann weiß man: Wenn der Hahn nicht mehr kräht – dann ist er tot! Abseits jeglicher Sterilität oder Hygiene wird hier direkt vor Ort geköpft, gehäutet, ausgenommen und geschlachtet, weshalb man beim Besuch in der „Fleischabteilung“ oft dazu gezwungen ist, durch eine schmierige, blutige und penetrant stinkende Flüssigkeit zu waten, die in regelmäßigen Abständen jedoch mit Wasser aus Schläuchen in die Kanalisation gespült wird. Da man in dem Gemisch aus Blut, Innereien und Kanalwasser auch schnell ausrutschen kann, bedarf es wohl keiner weiteren Erläuterung, dass man auf das Tragen von Flip-Flops oder Sandalen unbedingt verzichten sollte. Hat man es jedoch bis hierher geschafft, dann kann man durchaus beruhigt sein, dass man am heutigen Tage wohl nichts Schlimmeres mehr vor Augen bekommt. Auch weiß man spätestens jetzt aus eigener Erfahrung, was es mit dem Zusatz „Wet“ im Marktnamen auf sich hat...

…voller Leben und Tod

Die „Obstabteilung“ ist im Hinblick auf zuvor Erlebtes ein wahrer Segen für alle Sinne! Ananas, Jackfruits, Mangos und Co. sowie viele andere (für westliche Besucher teils vollkommen unbekannte) Früchtchen gibt es hier in Hülle und Fülle. Ein überwältigendes Angebot, das sich auch in der Gemüseabteilung fortsetzt. Wohlgemerkt: Hier riecht es auch wieder viel angenehmer! Aufpassen muss man lediglich vor den unzähligen Lastenträgern mit ihren schwer beladenen Schiebekarren, heillos überladenen Motorrädern und fliegenden Händlern mit ihren Bambuskörben, die sich – ohne Rücksicht auf Verlus­te – durch die Menge drängen. Man sollte ihnen auf jeden Fall ausweichen!

Der Khlong Toey Market – egal, ob mit dem Namenszusatz „Fresh“ oder „Wet“ – ist gewiss einer der ursprünglichs­ten Märkte in Bangkok. Wer sich bisher immer gefragt hat, woher Gastronomen oder die vielen lokalen Märkte der Region ihre Zutaten beziehen, findet hier die Antwort.

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