Balanceakt für arabische Länder nach Normalisierung mit Israel

Eine palästinensische Demonstrantin schleudert Steine während Zusammenstößen mit israelischen Truppen am Al Jalamah Checkpoint nahe der Westbank-Stadt Jenin. Foto: epa/Alaa Badarneh
Eine palästinensische Demonstrantin schleudert Steine während Zusammenstößen mit israelischen Truppen am Al Jalamah Checkpoint nahe der Westbank-Stadt Jenin. Foto: epa/Alaa Badarneh

ABU DHABI: Nach der Normalisierung ihrer Beziehungen mit Israel hat für mehrere arabische Länder mit dem Gaza-Konflikt ein diplomatischer Balanceakt begonnen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Marokko und der Sudan haben Vereinbarungen über normalisierte Beziehungen mit Israel seit August geschlossen. Jetzt stehen sie vor der Herausforderung, diesen neuen Dialog nicht durch zu scharfe Kritik an Israel zu gefährden - und ihre jahrzehntelange Unterstützung der Palästinenser zugleich nicht zu vernachlässigen.

Die Emirate veröffentlichten am Freitagabend eine gemäßigte Stellungnahme mit der Forderung, dass «alle Parteien sich in unmittelbaren Schritten einer Feuerpause verpflichten, einen politischen Dialog beginnen und höchste Zurückhaltung üben» müssten. Außenminister Abdullah bin Sajid drückte «allen Opfern der jüngsten Kämpfe» sein Beileid aus, wie die Staatsagentur WAM berichtete. Nach Erstürmung der Al-Aksa-Moschee hatten die Emirate Israel auch in eher zurückhaltenden Tönen dazu aufgefordert, «Praktiken zu vermeiden, die die Heiligkeit» der Moschee gefährden.

Auch Bahrain, Marokko und der Sudan verurteilten die Zusammenstöße an der Al-Aksa-Moschee, äußerten sich aber kaum zur Lage in Gaza. Ihre Kritik an Israel blieb in vergangenen Tagen eher verhalten.

Mit ihrer Annäherung sind die Staaten von der jahrzehntelangen Linie arabischer Regierungen abgerückt, Beziehungen mit Israel zu verweigern, solange der Konflikt mit den Palästinensern ungelöst ist. Neben wirtschaftlichen Vorteilen ging es ihnen dabei auch um eine Allianz gegen den gemeinsamen Erzfeind Iran.

Teils kehren die Länder aber auch zu der vorher üblichen Rhetorik zurück. Der emiratische Ex-Staatsminister für Auswärtiges, Anwar Gargasch, bezeichnete «ein Ende der israelischen Besatzung mit einer Zwei-Staaten-Lösung und einem unabhängigen Palästinenserstaat» auf Twitter etwa als «historische und prinzipienfeste Position».

Aus dem Oman, Katar und Saudi-Arabien, die Beziehungen mit Israel bisher nicht normalisiert haben, kamen ähnliche Stellungnahmen. Marokkos Außenminister Nasser Bourita bezeichnete die Palästinenserfrage als Hauptanliegen in einer «festen und klaren Haltung des Königreichs».

Im September hatte der damalige US-Präsident Donald Trump die von Washington vermittelten Annäherungen mit Israel als «Grundlage für umfassenden Frieden in der gesamten Region» bezeichnet. Trump sprach von «Beginn eines neuen Nahen Ostens». Die Palästinenserführung lehnte einen Dialog mit der Trump-Regierung ab und warf dem damaligen US-Präsidenten einseitige Parteinahme für Israel vor. Trumps Nachfolger Joe Biden versucht, eine Waffenruhe zu vermitteln.

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