Baerbock besucht mit Kuleba in Odessa

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (L) und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba posieren nach einer gemeinsamen Pressekonferenz für ein Foto. Foto: epa/Efrem Lukatsky / Pool
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (L) und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba posieren nach einer gemeinsamen Pressekonferenz für ein Foto. Foto: epa/Efrem Lukatsky / Pool

ODESSA: Es ist ein Solidaritätsbesuch in schweren Zeiten: Zum sechsten Mal seit Kriegsbeginn ist die Außenministerin in der Ukraine - zum ersten Mal in Odessa. Ihr ukrainischer Kollege findet deutliche Worte.

Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges anhaltende Unterstützung mit Waffen und auf dem Weg in die Europäische Union zugesagt. Solange der russische Präsident Wladimir Putin nicht bereit sei, den Krieg zu stoppen, «unterstützen wir euch jeden weiteren Tag» auch mit Waffenlieferungen, «die nicht nur zurückerobern, sondern die jeden Tag Menschenleben retten», sagte die Grünen-Politikerin am Samstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba in der südukrainischen Hafenstadt Odessa. Die vergangenen zwei Jahre hätten gezeigt: «Keine Rakete, keine 731 Tage Bombenterror können den Freiheitswillen der Ukraine brechen.», sagte Baerbock. Der Besuch in Odessa ist ihre sechste Reise in die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges.

Kuleba: Westen hat wegen Zögern Mitschuld am Krieg

Der ukrainische Außenminister warf Deutschland und dem Westen eine Mitschuld am Krieg durch zögerliches Verhalten vor. «Wenn Deutschland und der Westen nicht vom Beginn der ukrainischen Unabhängigkeit auf die Ukraine über das Prisma Russlands geschaut und uns in die EU und die Nato aufgenommen hätten, dann hätte es diesen Krieg nie gegeben.» Ebenso seien Chancen vor dem Krieg vertan worden, Russland einzudämmen. «Wenn zu Kriegsbeginn alle Entscheidungen zu Waffenlieferungen schnell getroffen und umgesetzt worden wären, dann wären wir heute in Luhansk und würden heute auf der Pressekonferenz über ein Europa von Lissabon bis Luhansk reden.»

Frieden sei nur über höhere Rüstungslieferungen erreichbar, sagte Kuleba. «Nur indem man Russland auf dem Schlachtfeld schlägt, können wir es zu einem dauerhaften und gerechten Frieden zwingen.» Er drängte erneut auf einen baldigen Nato-Beitritt seines Landes. Die Ukraine sei keine Last, sondern eine Stärkung des Militärbündnisses. Kiew sei in der Lage, den euroatlantischen Raum vor Russland zu schützen. «Niemand in der Nato wird heute besser mit der Aufgabe fertig als die Streitkräfte der Ukraine», unterstrich er. Kuleba hob bei den benötigten Waffenlieferungen drei Positionen hervor: «Granaten, Flugabwehr und weitreichende Raketen.»

Baerbock reist gemeinsam mit Kuleba von New York nach Odessa

Baerbock hatte am Freitag in New York wie Kuleba an Sitzungen der UN-Generalversammlung und des Weltsicherheitsrats zum zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns teilgenommen. Gemeinsam waren die beiden Politiker am Samstagmorgen an Bord eines deutschen Regierungsflugzeugs in Berlin eingetroffen. Von dort flogen Baerbock und Kuleba gemeinsam nach Moldau. Auf dem Landweg fuhren sie anschließend nach Odessa.

Besuch im Getreidehafen von Odessa

Baerbock ließ sich gemeinsam mit Kuleba im Hafen von Odessa über die aktuelle Lage informieren. Nach einer Besichtigung des Hafens, über den ein Großteil des ukrainischen Getreides exportiert wird, unterrichtete der Kommandeur der ukrainischen Seestreitkräfte Baerbock über die Sicherheitssituation im Schwarzen Meer.

Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreideexporteure weltweit. Von Juli 2022 bis Juli 2023 hatte die auch unter Vermittlung der Türkei ausgehandelte sogenannte Schwarzmeer-Getreideinitiative die Ausfuhr von knapp 33 Millionen Tonnen Getreide ermöglicht. Nachdem Russland das Abkommen nicht verlängert hatte, richtete die Ukraine einen militärischen Sicherheitskorridor ein. Laut ukrainischer Regierung hat die Ukraine daraufhin innerhalb von sechs Monaten fast 20 Millionen Tonnen Fracht über das Schwarze Meer ausgeführt, davon 70 Prozent Agrarprodukte. Im Januar habe man das monatliche Vorkriegsniveau bei den Gesamtexportmengen auf dem Seeweg erreicht, hieß es.

Tote bei russischem Drohnenangriff auf Odessa

Vor dem Besuch Baerbocks waren binnen 24 Stunden zwei Drohnen in Odessa eingeschlagen. In einer zerstörten Näherei starben drei Menschen in den Flammen, dann in der Nacht zum Samstag in älterer Mann in einem kleinen Wohnhaus. Seine Frau wurde mit schweren Brandverletzungen unter den Trümmern geboren, wie Anwohner der Deutschen Presse-Agentur sagten. Einer ukrainischen Armeesprecherin zufolge wurden von Russland neun Drohnen in Richtung Odessa eingesetzt. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hatte sich am Donnerstag für die Annexion Odessas ausgesprochen und betont: «Das ist unsere russische Stadt.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Rolf W. Schwake 25.02.24 21:40
Herr Müller ...
... bitte lesen Sie genau (!), bevor Sie emotional reagieren: Ich schreibe nicht (!), dass Deutschland Mitschuld am Ukrainekrieg hat, sondern dass wir mitschuldig sind an Abertausenden toten Soldaten und Zivilisten, weil wir (und der gesamte Westen) immer zu wenig, zu spät und zu langsam liefert.
Schuld am Krieg ist einzig der verbrecherische Angreifer, dessen kriminelles Vorgehen durch 2 UN-Resolutionen eindrucksvoll belegt ist!
Rolf W. Schwake 25.02.24 20:20
Nicht nur wir Deutschen ...
... sind mitschuldig am tausendfach Tod ukrainischer Zivilisten und Soldaten. Es ist der gesamte Westen, aber hier vor allem Deutschland, denn zunächst wollten wir nur 5000 Helme liefern, später Handfeuerwaffen, dann Gepards, bis zu den Leos dauerte es schon fast anderthalb Jahre. Jetzt liefern Briten und Franzosen höchst effektive Marschlugkörper - aber unser marxistischer Bundeskanzler weigert sich sogar gegenüber dem Bundestag, dringend erforderliche Taurus zu senden, die wesentlich geeignet wären, russischen Nachschub zu unterbinden: Die Russen sind auf ihre Nachschubwege dringend angewiesen, zerstört man diese mit Raketen, Marschflugkörpern und Präzisionsartillerie, dürfte ein Kriegsende nicht allzu fern zu sein!
jaagen chon 25.02.24 13:50
Eine Mitschuld am Krieg!
Klar, wir Deutschen sind wieder mit schuldig. Was fuer eine undankbare Aussage.
Sofort alle Hilfen einstellen, das Geld zurueckfordern und abreisen!