Maas kritisiert Ungarns Veto gegen EU-China-Erklärung

Außenminister Heiko Maas (R) kommt zu einem Runden Tisch der EU-Außenminister. Foto: epa/Olivier Matthys
Außenminister Heiko Maas (R) kommt zu einem Runden Tisch der EU-Außenminister. Foto: epa/Olivier Matthys

BRÜSSEL: Bundesaußenminister Heiko Maas hat scharfe Kritik an der ungarischen Blockade einer EU-Erklärung zur Wahlrechtsreform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong geübt. «In der Sache halten wir das für absolut nicht nachvollziehbar», sagte der SPD-Politiker am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Es sei nicht das erste Mal, dass Ungarn beim Thema China aus der Einigkeit der EU ausbreche. Wo die Gründe lägen, könne sich jeder selber ausrechnen. «Weil es gute Beziehungen zwischen China und Ungarn gibt», ergänzte er.

Bei dem EU-Außenministertreffen in Brüssel hatte die EU eigentlich die Wahlrechtsreform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong verurteilen wollen. Bei einer Vorbereitungssitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in der vergangenen Woche verhinderte der ungarische Vertreter den Plan allerdings mit einem Veto. Dies war möglich, weil solche Erklärungen nur einstimmig angenommen werden können.

Die Wahlrechtsreform für Hongkong war Ende März vom Ständigen Ausschuss des chinesischen Volkskongresses offiziell verabschiedet worden. Sie hat aus Sicht der EU zur Folge, dass der Einfluss der Opposition auf politische Entscheidungen deutlich geschmälert wird und das Volk noch weniger über direkte Wahlen mitbestimmen kann.

Die Hongkonger Demokratiebewegung gerät dadurch weiter in die Defensive. Bereits im Juni 2020 hatte Peking ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong in Kraft gesetzt. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die China als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 «ein hohes Maß an Autonomie» und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von «Ein Land, ein System».

Mit der Erklärung wollten die EU-Staaten nach Angaben von Diplomaten auch bekräftigen, dass sie mit Hongkong abgeschlossene Auslieferungsabkommen für Straftäter vorerst nicht mehr anwenden. Dies hätte ein weiteres starkes Signal an Peking sein können - auch wenn zum Beispiel Deutschland seine entsprechende Vereinbarung bereits im vergangenen Sommer auf Eis gelegt hatte. Die Bundesregierung hatte den Schritt bekannt gegeben, nachdem die Hongkonger Regierung im Juli in einem umstrittenen Schritt die Parlamentswahl verschoben hatte.

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Leserkommentare

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Frank Matthias 12.05.21 12:30
Herr Mayer, Sie bringen es auf den Punkt.

Gelebte und richtig verstandene Demokratie muss anders aussehen.
Mehrheiten entscheiden und wenn Mehrheiten entscheiden können zwei drei Länder niemals die alleinige Richtung vorgeben.
Ungarn hat sich vielleicht schon sehr abhängig gemacht von chinesischen Krediten im Zusammenhang mit Chinas Griff nach Westen im Zuge des "Seidenstraßenprojekts".
China bringt mit den "großzügigen" Krediten viele Länder in Abhängigkeiten die sie eigentlich nicht wollten, wie z.B. Sri Lanka, Pakistan, Serbien etc.

Bernd Lange 11.05.21 16:30
Peter Schärer Demokratie!
Wenn 24 einig sind und einer alles blockieren kann, dann is die Demokratie am Ende und nicht mehr zu retten!!
Juergen Bongard 11.05.21 14:20
Die ER hat bei der Verteilung der Corona-
Hilfsmittel einen grossen Fehler gemacht. Sie hätte unbedingt als Vorraussetzung für die Verteilung an alle das Veto-Recht abschaffen und die Dreiviertel-Regelung einsetzten müssen. Das Geld haben die Länder Ungarn, Polen und Teschien ja gerne genommen, wollen aber nicht der Mehrheit der Länder folgen. Das ist absolut undemokratisch - auch wenn das einige der Kommentatoren nicht wahrhaben wollen-. Wieso soll es rechtens sein, wenn 3 Länder bestimmen was 27 tun sollen oder nicht?
Beat Sigrist 11.05.21 12:00
Das finde ich doch super
Ungarn oder andere kleine EU Länder sollten jeden Beschluss der EU ablehnen und somit vom Tisch wegzufegen! Egal um welchen Beschluss es sich dabei handelt, aber durch solche Massnahmen werden vielleicht die zwei bis 3 grossen EU Länder merken, dass sie auf einem falschen Weg liegen mit Ihrem verhalten in diesem Verein EU. Es gehören 27 Mitgliedstaaten der EU an, welcher eigentlich eine sehr gute Lösung zu einem ewigen Frieden und Wohlstand in Europa beitragen sollte. Aber wenn man die letzten Jahre etwas genauer hinschaut, kann man feststellen, dass eigentlich nur 2-3 Staaten das alleinige Sagen haben und Ihren Willen durchsetzen in der EU. Und dies falls notwendig auch mit Erpressungen oder falschen Aussagen in den Medien.
Hans Peter Schärer 11.05.21 11:20
Maas
Wie so übt Heiko Maas schwere Kritik an Ungarn?in einer Demokratie darf man doch eine eigene Meinung haben, oder etwa nicht?