Ausschuss empfiehlt Eröffnung von Amtsenthebungsverfahren gegen Trump

Foto: epa/Michael Reynolds
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WASHINGTON (dpa) - Der nächste Schritt auf dem Weg zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump ist gemacht: Schon nächste Woche kommt es zu einem offiziellen Votum im Repräsentantenhaus - und sehr wahrscheinlich zu einem aufsehenerregenden Verfahren im Senat.

Als dritter Präsident in der Geschichte der USA muss Donald Trump ein Votum über ein Amtsenthebungsverfahren im Repräsentantenhaus über sich ergehen lassen. Der Justizausschuss im US-Repräsentantenhaus sprach sich am Freitag für die Einleitung eines offiziellen Amtsenthebungsverfahrens (Impeachment) gegen Trump aus. Mit der Mehrheit der Demokraten nahm das Gremium zwei Anklagepunkte an. Das Votum des Justizausschusses ist eine Empfehlung an das Plenum des Repräsentantenhauses, das die Demokraten dominieren. Dort wollen die Demokraten noch in der kommenden Woche über die Anklagepunkte abstimmen lassen. Kommt es zu der erwarteten Mehrheit, wäre ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump formell eröffnet.

- Das sind die Anklagepunkte: Der Präsident soll sich nach dem Willen der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen des Kongresses, also des US-Parlaments, verantworten. In der Resolution dazu heißt es, Trump habe durch sein Verhalten gezeigt, «dass er eine Bedrohung für die nationale Sicherheit und für die Verfassung bleibt, wenn ihm erlaubt wird, im Amt zu bleiben». Die Abgeordneten im Justizausschuss stritten am Mittwoch und Donnerstag insgesamt mehr als 17 Stunden lang erbittert über die beiden Punkte, bevor sie am Freitag schließlich abstimmten. Kein einziger Republikaner stimmte mit den Demokraten.

- Wie es weitergeht: Nächste Woche soll das Plenum im Repräsentantenhaus über die Anklagepunkte entscheiden. Sollten die Abgeordneten mehrheitlich zustimmen, würde das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump formell eröffnet. Eine Mehrheit ist absehbar, die Demokraten dominieren die Kammer. Das eigentliche Verfahren findet dann voraussichtlich im Januar im Senat statt - dort haben Trumps Republikaner die Mehrheit.

- Das ist der Hintergrund: Die Ukraine-Affäre. Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren.

- Das sagen die Demokraten: Der Vorsitzende des Justizausschusses, Jerrold Nadler, sagte bei der Sitzung: «Wollen wir einen Diktator? Egal, wie beliebt er sein mag, egal, wie gut oder schlecht die Ergebnisse seiner Politik sein mögen: Kein Präsident soll ein Diktator in den Vereinigten Staaten sein.»

- Das sagen die Republikaner: Sie werfen den Demokraten vor, den Wahlsieg Trumps 2016 rückgängig machen und dessen Wiederwahl im nächsten Jahr verhindern zu wollen - so argumentiert auch Trump selbst. «Die Demokraten haben den Willen des amerikanischen Volkes nie akzeptiert», kritisierte der Abgeordnete Jim Jordan mit Blick auf Trumps Wahlerfolg. Der führende Republikaner im Justizausschuss, Doug Collins, sprach von einem «Rachefeldzug».

- Das sagt das Weiße Haus: «Diese verzweifelte Scharade einer Impeachment-Untersuchung im Justizausschuss des Repräsentantenhauses hat ihr beschämendes Ende erreicht», erklärte Sprecherin Stephanie Grisham. «Der Präsident freut sich darauf, im Senat die faire Behandlung und das ordentliche Verfahren zu bekommen, das ihm vom Repräsentantenhaus weiterhin schändlich verweigert wird.» Trump sprach am Freitag von einer «Hexenjagd» und betonte, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Die Menschen seien «angeekelt» vom Vorgehen der Demokraten, die sich «lächerlich» machten.

- Was im Senat passiert: Vorgesehen ist ein Verfahren, das einem Gerichtsprozess ähnelt. An dessen Ende stünde eine Abstimmung über die Anklagepunkte. Sollte eine Zweidrittelmehrheit - 67 der 100 Senatoren - für mindestens einen der Anklagepunkte stimmen, würde Trump verurteilt und des Amtes enthoben. Das ist derzeit nicht absehbar: Dafür müssten 20 Republikaner im Senat mit den Demokraten stimmen. Käme diese Mehrheit nicht zustande, würde Trump freigesprochen. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, könnte allerdings auch einen anderen Weg wählen.

- Was McConnell noch tun könnte: Er könnte den Prozess abkürzen. Mit einer einfachen Mehrheit könnte er das Impeachment abweisen lassen. Dann würde das Verfahren eingestellt. Allerdings wäre Trump damit nicht freigesprochen. Die Alternative wäre ein beschleunigtes Verfahren. Mit einer einfachen Mehrheit könnten die Senatoren beschließen, direkt - also ohne weitere Zeugenanhörungen - über die Anklagepunkte abstimmen zu lassen. So oder so: Dass Trump des Amtes enthoben würde, ist hochgradig unwahrscheinlich.

- Warum das Impeachment trotzdem bedeutsam ist: Schon die formelle Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens wäre ein schwerer Makel für Trumps Präsidentschaft. Trump ist nach Andrew Johnson, Richard Nixon und Bill Clinton erst der vierte Präsident in der Geschichte der USA, gegen den Impeachment-Ermittlungen geführt wurden. Formell eröffnet wurde ein Amtsenthebungsverfahren bislang nur gegen Johnson und Clinton - Nixon trat zurück, bevor das Repräsentantenhaus über die Anklagepunkte in der Watergate-Affäre abstimmen konnte.

- Was wäre, wenn? Sollte Trump dennoch des Amtes enthoben werden, würde Vizepräsident Mike Pence ihn bis zur Präsidentschaftswahl im November 2020 ersetzen. Der demokratische Abgeordnete Steve Cohen betonte deshalb auch, dass es entgegen der Darstellung der Republikaner nicht darum gehe, die Wahl 2016 «zu stehlen». Cohen sagte bei der Debatte: «Wenn Donald Trump aus dem Amt entfernt wird, wird die Wahl 2016 nicht annulliert. Mike Pence wird Präsident, und das ist kein Spaziergang.» Pence verfolge nicht nur dieselbe Politik wie Trump, sondern könnte in manchen Punkten «sogar schlimmer» sein.

- Warum Freitag trotzdem ein guter Tag für Trump war: Trump konnte kurz nach der Abstimmung einen Durchbruch in dem seit eineinhalb Jahren andauernden Handelskonflikt mit China verkünden - und somit zumindest etwas von dem Impeachment ablenken, das seit Wochen die Nachrichten in den USA dominiert. Die USA und China einigten sich nach zähen Verhandlungen auf Details eines Teil-Handelsabkommens. «Dies ist ein großartiger Deal für alle», schrieb Trump auf Twitter.

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