Auf eigene Faust

Wehrlein klammert sich an Formel-1-Traum

Pascal Wehrlein. Foto: epa/José Méndez
Pascal Wehrlein. Foto: epa/José Méndez

SPIELBERG (dpa) - Pascal Wehrlein will die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Formel 1 nicht aufgeben. Nach einem Frustjahr in der DTM geht er nun eigene Wege.

Die ersten Meter von Pascal Wehrleins kurzer Abschiedsfahrt säumen schöne Erinnerungen. Zwei Jahre ist es her, als der Schwabe in Spielberg seinen ersten WM-Punkt in der Formel 1 einfuhr. Damals wähnte sich Wehrlein am Beginn einer schillernden Grand-Prix-Karriere. Wenn der 23-Jährige nun am Wochenende wieder einen Rennwagen über den idyllischen Kurs in der Steiermark bewegt, steuert er auf eine ungewisse Zukunft zu. Vier Rennen noch im Deutschen Tourenwagen Masters, dann verlässt Wehrlein seinen Förderer Mercedes und will sein Glück auf eigene Faust suchen.

Es sei «an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen», sagte der Worndorfer, als er vor ein paar Tagen den endgültigen Bruch mit dem schwäbischen Autobauer verkünden ließ. Wehrleins so hoffnungsvoll gestartete Karriere ist zum Stillstand gekommen. Hinter ihm liegen frustrierende Monate in der DTM, die eigentlich für ihn zum zweiten Mal zum Sprungbrett in die Formel 1 werden sollte.

Als Achter der Gesamtwertung hat Wehrlein vor dem Endspurt keine Chance mehr auf den Titel. Seine britischen Teamkollegen Gary Paffett und Paul di Resta, die an der Spitze nur zwei Punkte trennen, machen wohl die Meisterschaft unter sich aus. 2015 war das noch ganz anders. Damals fuhr Wehrlein als bis heute jüngster Pilot zum DTM-Triumph.

Es folgte der Aufstieg in die Formel 1, zunächst zum Außenseiter Manor, dann zum Schweizer Sauber-Rennstall, immer unterstützt von Mercedes. Doch die erträumte Beförderung in den Silberpfeil blieb aus, auch als Nico Rosberg nach seinem WM-Gewinn 2016 urplötzlich sein Cockpit räumte. Mercedes hatte nicht genug Vertrauen in den jungen Wehrlein, verpflichtete stattdessen für viele Millionen den Finnen Valtteri Bottas als Teamkollege für Lewis Hamilton.

Als dann auch Sauber keinen Platz mehr für Wehrlein hatte, blieb nur der Schritt zurück in die DTM. Dort aber konnte er keine Argumente für neue Chancen sammeln, leistete sich Fahrfehler und ließ seinen Frust bisweilen am Team und seinen Markenkollegen aus. So war die Trennung von Mercedes fast folgerichtig, zumal der Autobauer zum Saisonende ohnehin die DTM verlässt.

Auch das Angebot eines Cockpits in der vollelektrischen Formel E, in der sich Mercedes künftig stärker engagiert, hielt Wehrlein nicht mehr. Die Formel 1 soll es sein, unbedingt. Und dafür war die enge Bande zu Mercedes zuletzt eher hinderlich. Das spüren derzeit auch der Franzose Esteban Ocon und der Brite George Russell, die ebenfalls von Mercedes protegiert werden und womöglich beim Poker um ein Cockpit in der Königsklasse leer ausgehen.

Freie Arbeitsplätze in der Formel 1 für 2019 gibt es kaum noch. Toro Rosso sucht eher nach Fahrern aus der Red-Bull-Schmiede. Haas hat enge Beziehungen zu Ferrari und setzt nach Aussage von Teamchef Günther Steiner als noch junger Rennstall ohnehin lieber auf ältere und erfahrene Piloten.

Die öffentlich vollzogene Trennung von Mercedes soll Wehrlein daher helfen, sich völlig frei auf dem Markt zu positionieren. Weil er aber wohl auch keine satte Mitgift einbringen kann, erscheint die Aussicht auf die Formel 1 minimal.

Hat Wehrlein denn einen Plan B? Ein Wechsel in der DTM zu Audi oder BMW ist unwahrscheinlich, eher könnte es doch die Formel E werden. In dieser Woche testete er für das indische Mahindra-Team, das einen Nachfolger für den Gladbacher Nick Heidfeld sucht. «Der Weg an die Spitze verläuft nicht immer in geraden Bahnen», sagte Toto Wolff, der Mercedes-Motorsportchef, zur Trennung von Wehrlein. Sein abtrünniger Schützling muss vorerst aufpassen, nicht in der Sackgasse zu landen.

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