Anwälte kritisieren Anklage gegen Kavala

​«Hypothetische Annahmen»

ISTANBUL: Die Anwälte des seit rund drei Jahren inhaftierten türkischen Intellektuellen Osman Kavala haben eine neue Anklageschrift gegen ihren Mandanten scharf kritisiert. Diese enthalte «hypothetische Annahmen» und keine konkreten Beweise, kritisierten sie am Freitagabend in einer Erklärung.

Zuvor hatte ein Istanbuler Gericht eine neue Anklageschrift gegen Kavala angenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 63-Jährigen unter anderem einen Umsturzversuch sowie politische und militärische Spionage im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten im Jahr 2013 und dem Putschversuch vom Juli 2016 vor. Das geht aus der Anklageschrift hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Von ähnlichen Vorwürfen war Kavala im Februar freigesprochen worden.

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft fordert nun nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu für Kavala und einen weiteren Angeklagten drei Mal lebenslänglich sowie zusätzlich 20 Jahre Haft. Ein Datum für den Prozessauftakt steht noch nicht fest.

Kavala war im November 2017 verhaftet worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) forderte im Dezember 2019 seine Freilassung. Ein türkisches Gericht sprach ihn im Februar vom Vorwurf des Umsturzversuchs im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten frei und ordnete Kavalas Freilassung an. Das EGMR-Urteil wurde damit formal erfüllt. Kavala kam aber nicht frei, weil kurz darauf ein neuer Haftbefehl erlassen wurde. Er ist nach wie vor im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul inhaftiert.

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