Terrorzelle hatte weitere Taten geplant

​Anschläge in Paris 2015

Foto: epa/Yoan Valat
Foto: epa/Yoan Valat

PARIS: Im Prozess um die islamistisch motivierten Terroranschläge 2015 in Paris hat ein Angeklagter Pläne zu weiteren Anschlägen in der französischen Hauptstadt eingeräumt. Diese seien ursprünglich während der Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich beabsichtigt gewesen, sagte der Angeklagte Mohammed Abrini am Mittwoch vor Gericht in Paris. Stattdessen sei es kurzfristig am 22. März 2016 zu den Anschlägen auf den Flughafen und die Metro in Brüssel gekommen. «Der 22. März, das war nicht vorgesehen», sagte Abrini, der beim Anschlag auf den Flughafen als «Mann mit Hut» auf Kamerabildern auftauchte.

Wie Abrini aussagte, begleitete er das Pariser Terrorkommando am 12. November 2015 von Brüssel nach Paris, kehrte aber am Vorabend der Anschläge in die belgische Hauptstadt zurück - wie er sagte, weil er doch keine Menschen töten wollte. Dennoch schlüpfte er in Brüssel in wechselnden Verstecken des Terrorkommandos unter, in denen nach seiner Aussage überall schwere Waffen gelagert waren. Dorthin kehrte auch der einzige Überlebende des Terrorkommandos zurück, der in Paris mitangeklagte Salah Abdeslam. Dieser zündete seine Sprengstoffweste nach eigener Darstellung vor Gericht nicht, weil er sich ebenfalls umentschied.

Laut Abrini sagte er den anderen Islamisten: «Ich habe es versucht, aber die Weste hat nicht funktioniert.» Dafür hätten die übrigen Abdeslam zur Rechenschaft gezogen. «Warum hast du nicht ein Feuerzeug oder eine Kippe genommen, um dich in die Luft zu jagen?» Zum Ende seiner Aussage wandte sich Abrini an die Angehörigen der Opfer. «Der 13. November, das hätte nie geschehen dürfen, ich entschuldige mich.»

Abdeslam schilderte in einer Befragung vor Gericht am Mittwoch erstmals im Detail, weshalb er seine Sprengstoffweste, wie er es darstellt, bewusst nicht gezündet hat. Er habe sich zunächst in das Café im 18. Arrondissement von Paris gegeben, wo er sich nach den Plänen der Terrorzelle hätte in die Luft sprengen sollen. «Ich bin in das Café hereingegangen, habe ein Getränk bestellt, ich habe die Leute um mich herum gesehen und ich habe mir gesagt, ich werde es nicht tun.»

Bei der Anschlagsserie am 13. November 2015 hatten Extremisten insgesamt 130 Menschen getötet. Drei Angreifer verübten ein Massaker im Konzertsaal «Bataclan», andere griffen Bars und Restaurants an. Am Stade de France sprengten sich zudem während eines Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Taten, die Frankreich ins Mark trafen, für sich. Angeklagt sind insgesamt 20 mutmaßliche Islamisten.

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