Sieben Millionen Menschen in Deutschland sind Analphabeten, können weder lesen noch schreiben. Sie lügen sich durchs Leben: „Ich habe Schmerzen im Arm.“ Oder: „Ich habe meine Brille nicht dabei.“ Ein wahrhaft schweres Leben.
Im Restaurant die Speisekarte nicht lesen können, aber so tun, als ob man sie liest, um sich dann der Wahl der Bekannten anzuschließen. Peinlich, aber es geht noch absurder: Manche dieser Menschen haben es trotz ihrer Schreib- und Leseschwäche zu Abteilungsleitern oder Filialleitern gebracht. Eine dieser Frauen berichtete mir, dass sie Briefe, Anfragen oder Verträge fotografiert und ihrem Mann mailt. Der ruft sie umgehend zurück und informiert sie über den Inhalt. Die Abteilungsleiterin hat natürlich eine Sekretärin, der sie ihre Antwort diktiert. Eine Unterschrift hat sie sich mühsam antrainiert. Keiner in ihrer beruflichen Umgebung weiß von ihrem Handicap. Überall in Volkshochschulen werden Kurse angeboten, sogar kostenlos, um diese Schwächen zu beheben. Leider ist die Nachfrage überschaubar.
Auch in Thailand ist die Zahl der Analphabeten sehr hoch. Vor allem auf dem Land und in der Generation, die heute erwachsene Kinder hat. Sie gingen nie oder nur kurz und gelegentlich in die Schule, sorgten aber aus den eigenen schlechten Erfahrungen dafür, dass ihre Kinder zur Schule gingen. Diese Kinder helfen ihnen heute durch ihren schweren Alltag.
Weltweit gibt es 750 Millionen Analphabeten. Von den Betroffenen sind zwei Drittel Frauen. Seit 1957 begeht die UNESCO jährlich am 8. September den Weltalphabetisierungstag mit unterschiedlichen Erfolgen. Guinea schaffte zwischen den Jahren 2000 und 2o15 einen Rückgang des Analphabetismus von gerade mal 1 Prozent, Kuwait in der gleichen Zeit 83 Prozent. In vielen Ländern ist es immer noch ein Privileg, in die Schule gehen zu dürfenund schreiben zu lernen. In Süd- und Südostasien leben fast die Hälfte aller weltweiten Analphabeten, angeführt von Indien und Thailand. In Deutschland sind es heute 6,2 Millionen Menschen. Im Jahr 2011 waren es noch 7,5 Millionen, etwa 14,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Ein selbstbestimmtes Leben ist als Analphabet höchst schwierig. Aber auch für den Staat ist es ein wirtschaftliches Problem, wenn ihm mehr als 20 Prozent an Mehrwert verloren gehen. Eine große Aufgabe für jedes Land, und ein großes Glück, wenn ein Analphabet endlich wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann.
Quelle: https://correctiv.org/fakten-check/2018/10/25/ein-verdrehtes-zitat-der-gruenen-politikerin-stefanie-von-berg-kursiert-immer-wieder-online/