An der Spitze der Trump-Gegner

Star-Regisseur Michael Moore wird 65

Foto: epa/Andy Rain
Foto: epa/Andy Rain

NEW YORK (dpa) - Mit Dokumentarfilmen wie «Bowling for Columbine» und «Fahrenheit 9/11» ist Michael Moore weltweit bekannt geworden. Den Wahlsieg von US-Präsident Trump sagte der «wütendste Mann Amerikas» voraus. Jetzt wird der Regisseur 65 - und kämpft seine bislang härteste Schlacht.

Zum ersten Mal begegneten sich Donald Trump und Michael Moore 1998, als sie gemeinsam in eine TV-Show eingeladen waren. Der heutige US-Präsident war damals Immobilienmogul, Moore hatte mit «Roger & Me» gerade seinen Durchbruch als linker Dokumentarfilmer gefeiert. Trump sah Moore - und drohte die TV-Show platzen zu lassen. Moore ließ sich von den Produzenten überreden, den Immobilienmogul zu besänftigen, wie er sich jüngst in einem Interview mit dem «Hollywood Reporter» erinnerte. «Wir haben die Show gemacht. Ich habe nichts gesagt, was ihn hätte aufregen können. Erst viel später, als er dann Präsidentschaftskandidat wurde, habe ich gemerkt, dass er mich ausgetrickst hat. Er hat seinen Willen bekommen. Und ich dachte: "Wow, er hat die Situation manipuliert. Dieser Typ ist nicht blöd. Lektion gelernt."»

Knapp 20 Jahre später war Moore dann auch einer der wenigen Menschen, die öffentlich den Wahlsieg des heutigen US-Präsidenten vorhersagten. Seitdem kämpft der Dokumentarfilmer, der am Dienstag (23. April) 65 Jahre alt wird, seine bislang härteste Schlacht. «Trump ist unser Frankenstein und wir sind Dr. Frankenstein», sagt Moore - und meint damit das amerikanische Volk. «Wir haben geholfen, eine Situation zu schaffen, die es zugelassen hat, dass wir jetzt mit Trump dastehen. Die Verdummung unserer Gesellschaft durch die Medien und die fehlende Bildung durch schlechte Schulen führen zu einem verdummten Wahlvolk und dazu, dass er wirklich 63 Millionen Stimmen bekommen konnte.»

Moore polarisiert. Für die einen ist der Filmemacher und Oscarpreisträger ein Held, der die Welt radikal und gnadenlos über die Probleme und Unzulänglichkeiten Amerikas aufklärt - und nun den Kampf gegen Trump anführt, zuletzt mit dem Dokumentarfilm «Fahrenheit 11/9». Als «einen der großen Kommunikatoren der westlichen Linken» bezeichnete ihn der britische «Guardian». Für die anderen ist das Schwergewicht, das sich meist im Schlabberlook mit Brille und Basecap zeigt, ein linker Populist, der es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt. «Ich versuche nicht, einer breiten Zuschauerschaft zu gefallen, weil man dann immer alles verwässert», sagt Moore. «Man muss sich nur selbst gefallen und daran glauben, dass andere Menschen da draußen dasselbe fühlen.»

Der «wütendste Mann Amerikas» kämpft eigentlich nicht in erster Linie gegen Trump, sondern für strengere Waffengesetze und ein besseres Sozial-, Schul- und Gesundheitssystem in den USA. Alles Themen, bei denen er und Trump fundamental gegensätzliche Positionen vertreten. Moore ist ein Radikaler, ein Getriebener und ein Ruheloser, der damit vielen Menschen auf die Nerven geht, aber auch Aufmerksamkeit auf seine Themen lenken kann wie nur wenige andere in der Branche. Kritiker werfen ihm immer wieder vor, Fakten zu verdrehen und sich in seinen Filmen vor allem selbst darzustellen.

Geboren wurde der Regisseur 1954 in der vom Autoriesen General Motors dominierten Stadt Flint im US-Bundesstaat Michigan. Seine Eltern arbeiteten für den Autohersteller. Fast 40 Jahre später sollte Moore seinen ersten Dokumentarfilm über den Niedergang seiner Heimatstadt nach dem Wegzug von General Motors drehen: «Roger & Me». Bis heute lebt Moore in seiner Heimat Michigan und hängt stark an der in weiten Teilen strukturschwachen Region. In der Stadt Traverse City hat er ein Kino renoviert und ein jährliches Filmfestival ins Leben gerufen.

Als jungen Mann hatte es Moore aber zunächst einmal nach Kalifornien gezogen. Ein Universitätsstudium brach er ab und arbeitete bei verschiedenen Zeitungen, bevor er sich den Dokumentarfilmen zuwandte. Auf seinen Debüt-Erfolg «Roger & Me» 1989 folgten die Satire «Canadian Bacon» und «Der große Macher», der erneut gegen Massenentlassungen protestierte. Mit «Bowling for Columbine», einer Dokumentation über den Amoklauf an einer Schule im US-Bundesstaat Colorado, bei dem zwei 17- und 18-jährige Schüler zwölf Mitschüler, einen Lehrer und dann sich selbst erschossen, schaffte er den weltweiten Durchbruch und gewann einen Oscar. Die Debatte um Waffengewalt und schärfere Gesetze in den USA war damals noch ganz am Anfang, viele Menschen auf der ganzen Welt erfuhren erst von Moore mehr über das Thema.

Bei der Oscar-Verleihung sorgte Moore für einen Skandal, als er den damaligen US-Präsidenten George W. Bush wegen des Irak-Kriegs scharf angriff. «Schande über Sie, Mr. Bush», rief Moore - und wurde rasch vom Gala-Orchester übertönt. Den Krieg gegen den Terror und die Präsidentschaft von Bush kritisierte Moore auch in seinem nächsten erfolgreichen Film. «Fahrenheit 9/11» wurde beim Filmfestival in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. In weiteren Filmen griff Moore später das US-Gesundheitssystem («Sicko») und den Kapitalismus («Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte») an. Auch seine Bücher, wie beispielsweise «Stupid White Men», wurden besonders in Europa zu Bestsellern.

In Hinblick auf die nächste Präsidentschaftswahl 2020 ist Moore, der sich 2013 nach mehr als 20 Jahren Ehe von seiner Frau Kathleen Glynn getrennt hatte, pessimistisch. «So wie die Dinge jetzt stehen, sollte jeder davon ausgehen, dass es zwei Trump-Amtsperioden geben wird.» Die Demokraten könnten nur mit «beliebten Persönlichkeiten» gewinnen. «Wir brauchen Tom Hanks, Oprah [Winfrey], Michelle Obama. Wer würde nicht für Michelle Obama stimmen?»

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