Amokfahrt am Ku'damm in Berlin

Mahnwache zum Jahrestag

Einsatzkräfte stehen auf der abgesperrten Straße. Ein Auto war in der Nähe der Gedächtniskirche in Berlin in eine Personengruppe gefahren. Fabian Sommer/dpa
Einsatzkräfte stehen auf der abgesperrten Straße. Ein Auto war in der Nähe der Gedächtniskirche in Berlin in eine Personengruppe gefahren. Fabian Sommer/dpa

BERLIN: Anfangs erinnerten Kerzen und Blumen an die Amokfahrt zwischen Gedächtniskirche und Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin. Heute herrscht an der Einkaufsstraße wieder normale Betriebsamkeit. Ein Symbol der Erinnerung an die Todesfahrt vom 8. Juni 2022 an Kurfürstendamm (Ku'damm) und Tauentzienstraße fehlt. Zum Jahrestag an diesem Donnerstag soll dies anders sein: Bei einer Mahnwache und einem stillen Gedenken soll eine Figur aufgestellt werden, die an die Opfer erinnert. Besonders betroffen war damals eine Schulklasse aus dem hessischen Bad Arolsen, deren Lehrerin (51) starb. Viele von ihnen werden ein Jahr später zurück in die Hauptstadt kommen.

«Es gibt einige, die das nicht können. Die es nicht schaffen, überhaupt in eine größere Stadt zu fahren», sagte Jörg Pfeil der Deutschen Presse-Agentur. Der Musiklehrer ist nach dem dramatischen Ende der Abschlussfahrt zu einem Sprecher für die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Kaulbach-Schule in Bad Arolsen geworden. Zum Jahrestag habe er eine gemeinsame Fahrt nach Berlin organisiert. «Für manche soll es eine Art Abschluss sein», schilderte Pfeil (53).

Die jungen Menschen haben inzwischen alle die Schule verlassen. Etwa die Hälfte von ihnen werde nach Berlin fahren - aber in aller Stille jenseits der öffentlichen Mahnwache gedenken. Nächsten Montag (12. Juni) sei dann ein Treffen in Bad Arolsen geplant.

Bei der Amokfahrt war ein heute 30-Jähriger mit einem Auto auf dem Ku'damm und der Tauentzienstraße in Fußgängergruppen gefahren. Die Lehrerin der hessischen Schulklasse starb; 16 Menschen wurden verletzt, einige lebensgefährlich. Der Fahrer ist inzwischen rechtskräftig verurteilt wegen Mordes und Mordversuchs in 16 Fällen. Das Landgericht Berlin hat im vergangenen April eine dauerhafte Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Eine offizielle Gedenkveranstaltung der Schule wird es nach Angaben des Landkreises Waldeck-Frankenberg nicht geben. «Im vergangenen Jahr hat die Schulgemeinde mit breit angelegter Unterstützung nach und nach wieder in den Alltag zurückgefunden», erklärte Landrat Jürgen van der Horst. «Jedoch gibt es natürlich immer wieder Situationen, in denen die Erinnerungen - und damit verbunden Bestürzung, Erschütterung und Trauer - hochkommen.»

In Berlin organisieren der Verkehrsclub Deutschland und der Fachverband Fußverkehr Deutschland (Fuss e.V.) eine Mahnwache am Tatort im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie stellen immer wieder zum Gedenken an im Straßenverkehr getötete Menschen eine weiße Figur in der Nähe des Unfallorts auf. An dieses Symbol angelehnt ist auf Initiative des Lehrers Pfeil in Hessen eine Figur aus Cortenstahl gefertigt worden, die sich durch die Witterung rötlich färbt.

«Wir fordern, dass diese Figur dort dauerhaft stehen kann», sagte Fuss-Bundesvorstand Roland Stimpel. Zu der Gedenkveranstaltung kommt nach seinen Angaben auch Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne). Diese sucht nach einer Gesamtlösung für die Gestaltung des Breitscheidplatzes, auf dem Absperrungen aufgestellt wurden nach dem islamistischen Anschlag 2016 mit 13 Toten und etwa 70 Verletzten. Nur wenige Meter von dem Platz, wo der Attentäter damals einen Lkw in den Weihnachtsmarkt gesteuert hatte, ereignete sich die Amokfahrt vor einem Jahr.

An den Stufen der Gedächtniskirche erinnert ein Mahnmal an die Opfer des Anschlags. Am Abend der Amokfahrt vor einem Jahr hatte es eine Andacht in der berühmten Kirche gegeben. Zum Jahrestag soll bei der Abendandacht (18.00 Uhr) der Opfer gedacht werden, wie Pfarrerin Kathrin Oxen mitteilte.

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