Alle Ausländer im Visier: „Big Joke“ greift durch

Generalmajor der Tourist Police sammelt Daten über Zuwanderer

Verschwommenes Foto von burmesischen Migranten auf Koh Tao – gesendet bei „ThaiTV“. Den Hilfsarbeitern aus dem Nachbarland soll zusätzlich zur aktualisierten Erfassung mit Bildern und Daten auch DNA entnommen worden sein.
Verschwommenes Foto von burmesischen Migranten auf Koh Tao – gesendet bei „ThaiTV“. Den Hilfsarbeitern aus dem Nachbarland soll zusätzlich zur aktualisierten Erfassung mit Bildern und Daten auch DNA entnommen worden sein.

KOH SAMUI/KOH TAO: Ein Mann greift durch: Generalmajor Surachate Hakparn, stellvertretender Chef der Tourist Police Thailand, hat veranlasst, alle im Inselarchipel Koh Samui lebenden und arbeitenden Ausländer neu zu erfassen. Insbesondere auf Koh Tao soll schnellstmöglich eine Personendatei mit wichtigen Daten erstellt und aktualisiert werden – im Fokus stehen zunächst burmesische Hilfsarbeiter.

Ein Zusammenhang mit einer seit Wochen für Aufregung sorgenden mutmaßlichen Vergewaltigung einer britischen Rucksacktouristin (19) am Sairee Beach Ende Juni scheint zu bestehen. Seit dem späten Bekanntwerden des strittigen Notzuchtfalls vom 26. Juni befindet sich der Tourist Police Leiter auf einem Feldzug für Thailands guten Ruf.

Wer falsche Nachrichten verbreitet oder teilt, wird verfolgt

Zum einen, so erklärte Hakparn selbst, wolle er Thailand sicherer machen und das Image des durch Falschmeldungen angeschlagenen Tourismus wiederherstellen, zum anderen nimmt er auch Medien und Internetnutzer aufs Korn, die seiner Ansicht nach falsche Berichte erstellen und teilen. Mit Haftbefehlen und internationaler Fahndung nach zwei im Ausland arbeitenden Journalisten hat der Tourist Police Leiter seinen Anspruch untermauert.

Die thailändischen Fernsehsender und alle Tageszeitungen sind seit Ende August voll mit Nachrichten über den immer noch nicht zweifelsfrei geklärten mutmaßlichen Vergewaltigungsfall. Surachate Hakparn, den Thailands Medien gerne „Big Joke „nennen, hat jüngst verlautbart, selbst nach London fliegen und das Missbrauchsopfer Isabelle B. vernehmen zu wollen.

Die 19-jährige aus der britischen Hauptstadt und ihre Mutter Sarah B. wollen hingegen nur mit einem thailändischen Polizeibeamten sprechen, dessen Englischkenntnisse ausreichend sind und der nicht durch einseitige Schuldzuweisungen in Richtung des Opfers aufgefallen sei. Die Fronten scheinen verhärtet, noch bevor Thailand seine Polizeirepräsentanten nach London geschickt hat. Das kann täglich geschehen.

Burmesische Gastarbeiter werden bereits datenkundlich erfasst

Für die auf Koh Tao, Koh Samui und Koh Phangan lebenden Ausländer hat die medienwirksame und rufschädigende Kampagne in thailändischen und westlichen Zeitungen bereits Konsequenzen. Auf Koh Tao sind Informationen der FARANG Redaktion zufolge burmesische Gastarbeiter einbestellt, fotografiert und in neuen Dateien eingespeichert worden. Auf Anordnung des Tourist Police Chefs, das ist bekannt. Surachate Hakparn will jeden im Tourismus arbeitenden „Alien Worker“ (ausländische Arbeiter/die Red.) mit einem Mausklick ins Tageslicht bugsieren können.

Auch westliche Unternehmer wie Tauchschul- und Hotelbetreiber, Restaurantbesitzer und Dienstleister sollen nach und nach datenkundlich erfasst werden. Obwohl die meisten ohnehin durch ihre Arbeitserlaubnis oder Non-Immigrant-Visa für ihren längerfristigen Verbleib bei der Immigrationsbehörde gemeldet sind, will der starke Mann der föderalen Tourist Police Einheit noch schnelleren Zugriff erhalten. Ein Tauchinstrukteur erklärte, auf Koh Tao seien alle informiert worden, dass eine zusätzliche Datenerfassungs-Kampagne anlaufe.

Auch auf der Hauptinsel Koh Samui sind die im Tagesbild auffälligen Lkw und Pickups mit burmesischen Bauarbeitern auf offener Straße gestoppt und kontrolliert worden. Im Inselarchipel mit den drei Urlaubsgebieten Phangan, Samui und Koh Tao arbeiten tausende von Fremdarbeitern aus Myanmar – manche sind bis heute nicht legal mit Papieren ausgestattet und von regionalen Schleppern als billige Arbeitskräfte angeheuert worden. Obwohl auf Koh Tao – seit Jahrzehnten der Umschlagplatz für burmesische Migranten – heute mehr legale als illegale Fremdarbeiter tätig sind, gibt es weiter eine beachtliche Grauzone.

Massen-DNA-Entnahme an Burmesen nicht offiziell bestätigt

Der thailändische Fernsehsender „ThaiTV“ berichtete vor wenigen Tagen sogar von einer neuen Massen-DNA-Aktion bei burmesischen Gastarbeitern auf Koh Tao – wegen des mutmaßlichen Vergewaltigungsfalles an der Britin oder als generelle Auffrischung vorliegender persönlicher Daten? Eine Bestätigung dazu von offizieller Seite gibt es nicht.

Nur ein Foto des Nachrichtensenders mit einer aufgereihten Schar von Hilfskräften aus Myanmar existiert und geistert durch soziale Netzwerke. Die Burmesen bilden seit langem die Bevölkerungsmehrheit auf Koh Tao, und ohne sie wären weder touristische Betriebe noch das Bauhandwerk überlebensfähig. Sie sollen für alle thailändischen Behörden transparent und erkennbar werden.

Doch nicht nur die Ärmsten der Armen trifft es: Auf Koh Tao könnte es im Zuge dieser Neureglementierung auch alle Hotels und Zimmervermieter in ein Orwellsches Erfassungszeitalter katapultieren. Bis heute gibt es auf der Taucherinsel nicht wirklich gültige Landtitel wie Chanot oder Nor Sor Sam Kor. Zudem haben die touristischen Unternehmer ihre Klienten nicht erfasst und an die Immigration oder Tourist Police gemeldet.

In Zusammenarbeit mit der Immigration steht ein strengeres Vorgehen an. Ziel: Jeder einzelne Urlauber, ungeachtet der Herkunft oder der Verweildauer, muss bei Thailands Behörden sofort registriert werden. Wieder auf dem Tisch liegt eine alte, einst verworfene Zwangsmaßnahme mit verbindlichen Thai-Sim-Karten für alle ausländischen Telefonnutzer. Jeder kann so schnell und überall aufgespürt werden.

Big Joke alias Big Brother is watching you. Der „Große Bruder“ für die Sicherheit der Urlauber und aller thailändischen Staatsbürger nimmt Form und Gestalt an.

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