Aktivisten: Angriff auf medizinische Helfer in Nordsyrien

DAMASKUS/ISTANBUL (dpa) - Fast einen Monat ist der türkische Einmarsch in Nordsyrien her, zur Ruhe kommt die Region aber auch nach dem Abzug der Kurden kaum. Nun geraten medizinische Helfer unter Beschuss, in der Grenzstadt Tall Abjad reißt eine Autobombe zudem 15 Menschen in den Tod.

Das medizinische Team einer Hilfsgruppe ist in Nordsyrien laut Aktivisten unter tödlichen Beschuss geraten. Mit der Türkei verbündete Rebellen hätten die Gruppe der Free Burma Rangers (FBR) in Tall Tamar angegriffen und dabei einen Menschen getötet und einen weiteren verletzt, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Die von der Kurdenmiliz YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) erklärten, das türkische Militär habe ein Fahrzeug der Gruppe angegriffen. Dabei sei ein Sanitäter getötet worden, sagte SDF-Sprecher Mustafa Bali. Die Free Burma Rangers sind laut ihrer Selbstbeschreibung eine humanitäre Bewegung, um unterdrückte Menschen in Syrien, im Irak, in Kurdengebieten sowie in Myanmar zu helfen.

In Tall Abjad explodierte am Samstag eine Autobombe, wobei mindestens 15 Menschen getötet und mehr als 30 verletzt wurden. Die Explosion habe sich im Stadtzentrum vor einer Tankstelle ereignet, hieß es aus medizinischen Kreisen in Tall Abjad. In dieser Woche hatte es bereits mehrere Explosionen von Autobomben in Orten in der Umgebung gegeben. Wer hinter dem Anschlag steckt, blieb zunächst unklar. Die Türkei machte die YPG und die PKK für die Tat verantwortlich.

Die Türkei hatte am 9. Oktober eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen. Ankara betrachtet sie als Ableger der kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation. Nach einer Waffenruhe einigten sich Russland als Schutzmacht Syriens und die Türkei darauf, nordsyrische Grenzgebiete zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren.

Die Türkei erklärte unterdessen, gefangen genommene Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in ihre europäischen Heimatländer zurückschicken. «Wir sind für niemandes IS-Mitglieder ein Hotel», sagte Innenminister Süleyman Soylu in Ankara. 20 deutsche IS-Anhänger sollen nach Deutschland zurückgeschickt werden, sagte der Kommunikationsdirektor von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Fahrettin Altun, der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten». Mehrere europäische Staaten haben es bisher abgelehnt, IS-Anhänger zurückzuholen, die die SDF gefangen genommen hatten.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte davor, den IS nach dem Tod von Anführer Abu Bakr al-Bagdadi zu unterschätzen. «Bagdadis Tod bedeutet nicht das Ende von ISIS», sagte Stoltenberg der «Bild am Sonntag». «ISIS ist noch lange nicht besiegt. Wir müssen sicherstellen, dass er nicht zurückkehrt.» Die Terrormiliz habe zwar kein Territorium mehr, «lebt aber weiter», sagte Stoltenberg. «ISIS unterhält Schläferzellen, heimliche Netzwerke und arbeitet daran zurückzukommen.»

Der IS hatte den Tod seines Anführers jüngst bestätigt und einen öffentlich bislang unbekannten Nachfolger benannt. Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi sei der neue Anführer, teilte die Terrororganisation über ihren Medienkanal Al-Furkan mit.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.