«Medizinische Intervention» bei Wasserverzicht

​Aktivist Abdel Fattah 

Demonstranten nehmen am Rand des UN-Klimagipfels COP27 an einer «Kick Big Polluters Out»-Protestaktion gegen die Verursacher von Umweltverschmutzung teil. Foto: Peter Dejong/Ap/dpa
Demonstranten nehmen am Rand des UN-Klimagipfels COP27 an einer «Kick Big Polluters Out»-Protestaktion gegen die Verursacher von Umweltverschmutzung teil. Foto: Peter Dejong/Ap/dpa

SCHARM EL SCHEICH: Im Fall des inhaftierten Demokratieaktivisten Alaa Abdel Fattah, der in Ägypten mit Verzicht auf Essen und Wasser gegen seine Haftbedingungen protestiert, hat die Gefängnisaufsicht nach Worten seiner Familie «medizinisch interveniert». Die Justizbehörden seien über den Schritt informiert worden, teilte die Familie am Donnerstag mit. Sein Anwalt Chalid Ali teilte mit, trotz Genehmigung habe das Innenministerium ihm keinen Zugang gewährt, weil die Erlaubnis auf den Vortag datiert sei.

Ob der Eingriff eine Form von Zwangsernährung bedeutet, etwa intravenös, blieb unklar. Eine Bestätigung von offizieller Seite gab es zunächst nicht. Die Familie verlangte eine Klärung der Umstände und Verlegung Abdel Fattahs in ein Krankenhaus.

Abdel Fattah, der zu den Führungsfiguren in der Revolution von 2011 zählte, verzichtet seit Monaten auf Essen und seit Sonntagmorgen auch auf Wasser - zeitgleich mit Beginn der Weltklimakonferenz im Land. Ohne Wasser kann der Körper nur drei bis vier Tage überleben. Seine Mutter, die täglich zum Gefängnis Wadi al-Natrun in der Wüste nördlich von Kairo fährt, wartete seitdem vergeblich auf einen Brief und damit ein Lebenszeichen ihres Sohnes. Das Warten am Gefängnis wurde ihr nach Angaben der Familie inzwischen untersagt. Einen Brief für ihren Sohn habe sie nicht abgeben dürfen.

Nach Angaben des Al-Nadim-Zentrums, das sich für die Opfer von Folter und Gewalt einsetzt, starben in ägyptischen Gefängnissen dieses Jahr 40 Häftlinge.

Schwester Sanaa Saif sorgt sich, dass ihr Bruder zwangsernährt wird, um ihn im Gefängnis am Leben zu halten. Damit könnte ein möglicher Tod des prominenten Aktivisten während der Klimakonferenz, bei der Zehntausende Delegierte, Beobachter und Journalisten registriert sind, vermieden werden. Den Fall sprachen auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Rishi Sunak an.

COP27-Präsident und Außenminister Samih Schukri hatte im Sender CNBC angezweifelt, ob der 40 Jahre alte Häftling sich überhaupt in Hungerstreik befindet. Zudem sei ein Hungerstreik eine «persönliche Entscheidung». Ihm stehe gesundheitliche Versorgung zur Verfügung wie allen anderen Häftlingen auch.

Bei der zweiwöchigen Klimakonferenz verhandeln Vertreter aus fast 200 Ländern darüber, wie der Kampf gegen die Erderwärmung verstärkt werden kann. Die Konferenz läuft bis Ende kommender Woche.

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