Aktienmärkte: Wirtschaftsdaten entscheiden

FRANKFURT/MAIN: Nach einer verlängerten Atempause durch die Osterfeiertage steht dem deutschen Aktienmarkt in der neuen Woche ein weiterer Drahtseilakt ohne Sicherheitsnetz bevor.

Für den Leitindex Dax wird es darum gehen, seinen Erholungskurs beizubehalten und noch mehr Abstand von seinem Tief Mitte März zu gewinnen, als die Corona-Krise den Index seit der Eskalation der Krise am Rosenmontag (24. Februar) um fast 40 Prozent hatte einbrechen lassen. Am Donnerstag schloss der deutsche Leitindex 2,24 Prozent höher bei 10 564 Zählern. In den USA hatte die Notenbank ein gewaltiges Kreditprogramm auf den Weg gebracht, mit dem rund zwei Billionen Dollar in die leidende Wirtschaft gepumpt werden sollen.

Je mehr Konjunkturpakete seitdem geschnürt werden und je besser sich die Zahlen bei den Neuinfektionen mit Covid-19 entwickeln, umso häufiger wagen sich Anleger wieder aus der Deckung. Allein in der zurückliegenden Woche hat der Dax wieder fast 11 Prozent dazugewonnen, seit dem Tiefpunkt Mitte März ging es sogar um fast 30 Prozent nach oben. Das Problem: Die offizielle Quittung des weltweiten Lockdowns kommt erst noch. Wie stark sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie genau auf die Wirtschaft ausgewirkt haben, ist noch immer nicht klar zu beziffern.

Während Deutschland noch einer geeignete Exit-Strategie sucht, haben sich einige Länder bereits vorsichtig an eine Lockerung gewagt. Vor diesem Hintergrund sehen einige Experten schon jetzt wieder Licht am Ende des Tunnels. «Ein Hauch von Entspannung macht sich breit», schrieb etwa Marktexperte Christian Apelt von der Landesbank Helaba. Zwar habe die Zahl der Corona-Toten erheblich zugenommen. Die Dynamik lasse jedoch bei den bestätigten Neuinfektionen nach.

Andere Beobachter werden nicht müde zu betonen, dass es sich hierbei um eine «Bärenmarktrally» handeln dürfte, in der auf einen starken Absturz zwischenzeitlich deutliche Erholungsbewegungen folgen, bevor es zu weiteren Kurseinbrüche kommt. «Die Unsicherheiten bleiben extrem hoch», hieß es in einer aktuellen Studie der DZ Bank. In den Gewinnschätzungen der Analysten würden sich die Folgen der Corona-Krise demnach bisher nur unzureichend wiederfinden. Und die Vielzahl an Reduzierungen der Unternehmensausblicke und Streichungen von Dividenden zeigten, wie ernst die Lage sei. Gleichwohl berge die aktuelle Situation auch Chancen für risikobereite Investoren.

Aktienmarktexperte Robert Halver sieht in den anstehenden Osterfeiertagen nun den «Puddingtest» für die Märkte. «Setzen in der nächsten Woche Dax und Co. ihre, wenn auch schwankungsstarke, Befestigung fort, stehen die Zeichen mindestens für eine Bodenbildung gut», schrieb er. «Anderenfalls könnten umfangreiche Gewinnmitnahmen zu erneuten Kursrücksetzern von nervösen Anlegern führen.»

Ökonomen gehen mittlerweile davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie um mehr als vier Prozent einbrechen wird. Am schlimmsten soll der Rückgang im zweiten Quartal ausfallen. Die Bundesregierung arbeitet an einem weiteren Konjunkturprogramm, erste Finanzspritzen in Milliardenhöhe wurden ausgezahlt. In den USA, wo sich das Virus zuletzt besonders stark ausgebreitet hat, hat die Notenbank Fed ihrerseits ein billionenschweres Kreditprogramm angekündigt. Und in Japan hat die Regierung zuletzt das bislang größte Konjunkturpaket aller Zeiten beschlossen, mit einem Volumen von 108 Billionen Yen (916 Milliarden Euro).

In Europa warten die Menschen derweil weiter auf eine Einigung über ein Hilfspaket. Der Streit über die gemeinsame Schuldenaufnahme über sogenannte Corona-Bonds ist zwar noch nicht gelöst, Beobachter sehen in den Bemühungen dennoch eine positive Wirkung: «Zusammen mit den enormen Anstrengungen der Notenbanken führt dies weltweit dazu, dass die staatlichen Hilfspakete etwa doppelt so hoch ausfallen als wir dies in der Finanzkrise vor etwa zehn Jahren gesehen haben», schrieb Holger Ullrich von der DekaBank. «Das Ergebnis ist eine Stabilisierung von Unternehmen und Haushalten in der einkommenslosen Zeit.»

Am Ostermontag bleiben die Börsen an den wichtigsten Handelsplätzen in Europa zunächst geschlossen, wobei in Japan, China, Korea, Russland und den USA an dem Tag normal gehandelt wird. In den Tagen darauf werden vor allem Daten aus der Konjunktur über Wohl und Wehe am Aktienmarkt entscheiden. Am Mittwoch wird sich etwa zeigen, wie stark die Industrieproduktion und der Einzelhandel in den USA bereits unter der Pandemie gelitten haben. Hier erwarten Experten für den Monat März vor allem im Industrie-Output ein dickes Minus, und zwar im Verarbeitenden Gewerbe, bei der Energieversorgung und im Bergbau.

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