Ein kleiner Schritt in Richtung Frieden

KABUL (dpa) - Gut gelaunt stieg eine afghanische Delegation in einen von Deutschland organisierten Charterflug von Doha zurück nach Kabul. Im Gepäck hatte sie ein mit den Taliban vereinbartes Papier. Viel Lob heimste der deutsche Afghanistan-Beauftragte Potzel ein.

Eine von Deutschland mitausgerichtete Afghanistan-Konferenz hat vorsichtige Hoffnung auf Frieden ausgelöst. «Wir sind generell optimistisch», sagte ein Sprecher des Hohen Friedensrates, Asadullah Zairi, am Dienstag. Man glaube, dass die aktuellen Bemühungen zu einer «großen Entwicklung hin zum Frieden» im Land führen könnten. Die zweitägige Konferenz von Taliban sowie Afghanen aus Politik und Zivilgesellschaft war in der Nacht zu Dienstag in Doha, der Hauptstadt des Golfemirats Katar, mit einer zweiseitigen Erklärung zu Ende gegangen.

Darin sprechen sich die Konfliktparteien für eine Reduzierung der Gewalt in dem kriegszerrissenen Land aus. Frauen wurde die Aufrechterhaltung ihrer Rechte in den Bereichen Soziales, Wirtschaft, Bildung und Kultur «im Rahmen der islamischen Werte» zugesichert - ohne diesen Rahmen näher zu erläutern. Die nicht bindende Erklärung enthält zudem einen Fahrplan zu einem Frieden. Unklar blieb, ab wann diese Zielsetzung gelten soll.

Obwohl es sich de facto um eine Absichtserklärung handelt, freuten sich Teilnehmer. Kurz vor Verlesung huschte der hochrangige Taliban-Vertreter Scher Mohammed Abbas Staneksai, leicht erkennbar an seinen markanten Brillen im 70er-Jahre-Stil, freudestrahlend an den versammelten Journalisten vorbei.

Auch die afghanische Delegation zeigte sich zuversichtlich. Sie stieg Teilnehmern zufolge überwiegend gut gelaunt in den von Deutschland organisierten Charterflug zurück nach Kabul. «Die Konferenz hat uns geholfen, einander besser zu verstehen», sagte der Chef der Behörde für lokale Regierungsführung, Matin Bek, am Dienstag. Es heißt, manche hätten auch Telefonnummern mit den Taliban ausgetauscht. Am Ende der Konferenz gab es von mehreren Seiten großes Lob für den deutschen Afghanistan-Beauftragten Markus Potzel. «Ich bin Potzel extrem dankbar», sagte der Teilnehmer Nader Naderi.

Auch der Sprecher des afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani, Sedik Sedikki, begrüßte in einer Pressekonferenz in Kabul die Ergebnisse in Doha. Man hoffe darauf, dass infolge der internationalen Bemühungen die Regierung ab September in direkte Verhandlungen mit den Taliban eintreten könne. Bisher weigern sich die Taliban, mit der Regierung zu sprechen, die sie als Marionette des Westens sehen. In Doha waren zwar mehrere Regierungsvertreter präsent, allerdings nahmen alle Teilnehmer als Privatpersonen teil.

Doch was ist das zweiseitige Papier wert? Laut Afghanistan-Experten Thomas Ruttig von der Denkfabrik Afghanistan Analysts Network ist es ein kleiner Erfolg. «Es ist schon positiv, dass die Seiten zu einer gemeinsamen Erklärung - also übereinstimmenden Absichten - gefunden haben», sagte Ruttig. In vergangenen innerafghanischen Treffen hatten beide Seiten lediglich ihre Positionen vorgetragen. Die gemeinsame Erklärung mache, so Ruttig, aber auch scharfe Gegensätze sichtbar, etwa in Bezug auf Truppenabzüge und den internationalen Verpflichtungen Afghanistans, die unerwähnt geblieben seien.

Kritisch sahen Kommentatoren der größten Tageszeitung Afghanistans, «Hascht-e Sobh», was aus Doha kam. Alle Gespräche seien sinnlos und würden von den Afghanen nicht begrüßt, wenn man sich nicht auf eine Waffenruhe einige. Das Blutvergießen dauerte auch am Dienstag an, berichteten Behördenvertreter. Taliban-Kämpfer überfielen einen Militärstützpunkt in Kundus und töteten dabei mindestens 15 Soldaten. Gleichzeitig starben bei einem Luftangriff in der Stadt Pul-e Chumri mindestens sieben Zivilisten, unter ihnen sechs Kinder.

Trotz der Fortschritte, sagte Teilnehmer Bek, habe man gestern in Doha nicht gefeiert - man habe doch kein Friedensabkommen erzielt. «Es ist noch ein langer Weg», sagte Bek.

Dieser Weg beinhaltet auch ein Abkommen zwischen den USA und den Taliban. Die mittlerweile siebte USA-Taliban-Gesprächsrunde, die ebenfalls in Doha stattfand, wurde am Dienstag für einige Tage unterbrochen. Der US-Sondergesandte Zalmay Khalilzad teilte auf Twitter mit, er reise nun nach China und dann in die USA, um in Washington Bericht zu erstatten und Konsultationen abzuhalten. Zu möglichen Ergebnissen machte er keine Angaben.

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Jürgen Kesselheim 10.07.19 22:12
Taliban/Afghanistan
Ich plaudere jetzt mal ein wenig aus dem Nähkästchen! Ich war als Soldat in Afghanistan! 1. Wir haben in diesem Land nichts zu suchen! 2. Jeder sollte sich mal in Internet einen Bericht über "Baccha Baazi - männlischré Kinderprostitution!" ansehen. Ich habe es erlebt und mir war zum Kotzen! 3. Wenn man einem Land die Souveränität übergeben will, aber dem Militär nicht, dann hat das nichts mit Demokratie zu tun! Warum? Das Militär in Afghanistan darf keine gepanzerten Fahrzeuge besitzen! Es ist nicht in Besitz von Düsenjägern! Es hat PickUps mit Maschinengewehren und Panzerabwehrgeschützen! Die Luftwaffe besteht aus 3 Hubschraubern, denen meistens der Sprit fehlt. Die Taliban und auch die Schmuggelfürsten sind besser ausgestattet. 4. Korruption ist das alles entscheidende Thema! Siehe, kein Sprit für die Hubschrauber. Ich erspare mir Details! 5. In Jalalabad (ich hoffe, daß ich es richtig geschrieben habe) gibt es einen Flughafen, der von der USA betrieben wird. Dieser Flughafen ist strategisch sehr wichtig für die USA (man schaue bei GOOGLE/Maps nach)! Die USA geben Afghanistan niemals ihre volle Souveränität zurück. 6. = Ich könnte so weiter machen, aber das sprengt den Rahmen! Ich wollte eigentlich nur mal sensibilisieren! Ich hoffe, das ist mir gelungen!