AfD hält weiter zu FPÖ

Gauland kritisiert Video-Veröffentlichung

Foto: epa/Filip Singer
Foto: epa/Filip Singer

BERLIN/GÖRLITZ (dpa) - Ein peinliches Video, ein doppelter Rücktritt, eine Regierungskrise bei den Nachbarn in Österreich: Trotz der Ibiza-Affäre um FPÖ-Chef Strache steht die AfD zu ihrer Schwesterpartei. Parteichef Gauland hätte die Sache mit dem Skandalvideo lieber anders gelöst.

Die AfD-Spitze hält trotz der turbulenten Video-Affäre um den zurückgetretenen Vizekanzler Heinz-Christian Strache zu ihren rechtspopulistischen Partnern in Österreich. «Die FPÖ ist unsere Schwesterpartei und sie wird es bleiben», sagte AfD-Chef Jörg Meuthen am Donnerstagabend beim Abschluss des Europawahlkampfs im sächsischen Görlitz. Ganz ähnlich äußerte sich der Co-Vorsitzende Alexander Gauland: Er betrachtet das Skandalvideo als «kriminelle Machenschaft» und kritisierte die Veröffentlichung des heimlichen Mitschnitts.

«Ich kann doch nicht das Fehlverhalten eines Menschen der Partei anlasten», sagte Gauland in der ZDF-Sendung «maybrit illner» mit Blick auf die Äußerungen Straches, die eine schwere Regierungskrise in Österreich ausgelöst haben. Auch Meuthen sprach zwar von einem «sehr schweren Fehler», die Beteiligten hätten das aber sofort verstanden und umgehend Konsequenzen gezogen.

Das im Sommer 2017 auf Ibiza aufgenommene Video zeigt, wie der spätere Vizekanzler Strache mit einer vermeintlichen russischen Investorin über eine Zusammenarbeit redet. Dabei geht es auch um mögliche Staatsaufträge im Gegenzug für verdeckte Wahlhilfe zugunsten der rechtspopulistischen FPÖ sowie um Einflussnahme auf Medien. Die Veröffentlichung des Videos führte zum Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition in Wien. Inzwischen sind keine FPÖ-Politiker mehr in der Regierung - und Strache ist auch als Chef zurückgetreten.

«Das Video hätte man nicht veröffentlichen müssen», sagte Gauland am Donnerstagabend im ZDF. «Die Art, wie man hier einen Menschen vorgeführt hat, geht über das politische, öffentliche Interesse hinaus.» Aus Sicht des Partei- und Fraktionschefs hätten die Erkenntnisse aus den Aufnahmen auch diskreter genutzt werden können: «Man hätte das, was an politischen Informationen in dem Video drin ist, veröffentlichen können und das Video als Beleg dafür, dass das die Wahrheit ist, aufheben können.»

Selbst Ungarns rechtsnationalistischer Ministerpräsident Viktor Orban, der Strache Anfang des Monats als politisch Gleichgesinnten in Budapest freundschaftlich empfangen hatte, sieht den Österreicher durch das Video diskreditiert. «Das Wichtigste für einen Politiker ist das Vertrauen der Menschen. Strache war ein Kämpfer in eigener Sache, aber er hat das Vertrauen der Menschen verloren», sagte Orban der «Bild»-Zeitung (Freitag). «Das, was Strache gesagt hat, ist inakzeptabel.»

Zwar glaubt Meuthen nach eigenen Worten nicht, dass der FPÖ-Skandal das Abschneiden der AfD bei der bis Sonntag laufenden Europawahl beeinträchtigen wird. Aber für die geplante EU-Parlamentsfraktion der «Europäischen Allianz der Völker und Nationen», die die AfD unter anderem mit Matteo Salvinis rechter Lega aus Italien, dem französischen Rassemblement National von Marine Le Pen und eben der FPÖ bilden will, könnte die Ibiza-Affäre laut Umfragen durchaus einen Rückschlag bedeuten.

Ins Rollen gebracht wurde der Skandal vom «Spiegel» und der «Süddeutschen Zeitung», die das Video vor einer Woche publik machten. Zusätzlich angefacht wurde das öffentliche Interesse durch die offenkundige Mitwisserschaft des TV-Moderators Jan Böhmermann. In seiner Sendung «Neo Magazin Royale» am Donnerstagabend brachte er keine neuen Enthüllungen zur Strache-Affäre. Darüber war spekuliert worden, weil der ZDF-Satiriker das brisante Video laut seinem Sprecher schon lange vor der Veröffentlichung kannte. Schon im April hatte Böhmermann öffentlich Bezug auf Szenen aus dem - damals noch unbekannten - Video genommen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.