BANGKOK: „Die Grenzen wieder zu öffnen, während man weiß, dass die Menschen im Land noch nicht umfassend geimpft sind, ist wie eine nächtliche Bergbesteigung ohne Licht", schrieb Dr. Thira Woratanarat, Medizinprofessor der Chulalongkorn-Universität, am Donnerstagmorgen auf seiner Social-Media-Seite. Er fordert, dass das Land permanente Covid-Teststationen in jeder Provinz haben sollte, um kostenlose Tests für Thais und Ausländer vor der Wiedereröffnung anzubieten.
Premierminister Prayut Chan-o-cha hatte am Mittwochabend den Plan der Regierung verkündet, 50 Millionen Menschen bis Oktober zu impfen und innerhalb von 120 Tagen das Land vollständig für ausländische Touristen zu öffnen. Nach Angaben des Immunisierungszentrums des Gesundheitsministeriums haben bis zum 15. Juni 4,95 Millionen Menschen ihre erste Dosis erhalten. Die Bevölkerung Thailands beträgt 69 Millionen.
Dr. Nitipat Jiarakul von der medizinischen Fakultät des Siriraj-Krankenhauses der Mahidol-Universität macht sich Sorgen über eine vierte Viruswelle, weil das Land den Ausbruch bei illegalen Migranten noch nicht unter Kontrolle habe. „Wenn wir den Ausbruch innerhalb der Gruppe der illegalen Migranten jetzt nicht stoppen, dann befürchte ich, dass eine vierte Welle unvermeidlich ist. Die Maßnahme, das Land in 120 Tagen wieder zu öffnen, in der Hoffnung, dass Impfstoffe alle Probleme beseitigen werden, lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen", fügte der Arzt hinzu.
Zudem verweist er auf einen Ausbruch der Delta-Variante, die sich im Königreich weiter ausbreiten könnte. Das Medical Sciences Department hat am Mittwoch bestätigt, dass die Delta-Variante in den nächsten zwei bis drei Monaten die dominierende Variante in Thailand werden könnte.
Dr. Chalermchai Boonyaleepun, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für öffentliche Gesundheit des Senats, postete auf seiner Social-Media-Seite, dass Myanmar bereits Alpha-, Delta- und Kappa-Varianten entdeckt habe und Fälle mit diesen Varianten über illegale Einreisen ihren Weg nach Thailand finden könnten. Laut Myanmars Gesundheitsministerium hat das Land bisher zwei Fälle der Alpha-Variante, fünf Fälle der Delta-Variante und vier Fälle der Kappa-Variante gefunden, seit es am 3. Juni begonnen hat, auf diese zu testen.
„Wenn neue Varianten ihren Weg nach Thailand finden, wird das Land in großen Schwierigkeiten sein, da wir noch keine Herdenimmunität erreicht haben", unterstreicht Dr. Chalemchai. Das könnte sich auf den Plan auswirken, das Land in den nächsten 120 Tagen für Touristen vollständig zu öffnen.